Politik

25.07.2014

Seehofers Maut-Dilemma

Ein Kommentar von Jürgen Umlauft

Es gibt viele Gründe für eine Pkw-Maut, eine Straßennutzungsgebühr oder eine Infrastrukturabgabe – egal wie man das Kind nennt. Der dramatisch unterfinanzierte Verkehrsetat des Bundes ist so ein Grund. Und eine Pkw-Maut wäre auch eine Frage der Gerechtigkeit, weil sie ausländische Verkehrsteilnehmer an den Kosten der Infrastruktur beteiligt. Die Vorlage von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt verbindet diese Aspekte, und sie schafft es mit der Ausweitung der Maut auf das komplette Straßennetz sogar, den befürchteten Mautausweichverkehr auf Staats- und Gemeindestraßen zu verhindern.
Dass Dobrindt trotzdem von allen Seiten in die Mangel genommen wird, hat einen Grund: Horst Seehofer. Dessen vor allem für den Wahlkampf gestricktes Versprechen, nur die Ausländer auf deutschen Straßen zu belasten, führt zu schier unauflösbaren Konflikten. Das geringste Übel dabei ist noch, dass im Berliner Koalitionsvertrag ausdrücklich von einer Autobahnmaut die Rede ist, die Bemautung des kompletten Straßennetzes steht nicht drin.

Die Bedenken der EU sind durchaus ernst zu nehmen


Die Krux aber steckt im Detail. Da sind zunächst die ernst zu nehmenden Bedenken der EU-Kommission, die in der ausschließlichen Mehrbelastung für Ausländer eine unzulässige Diskriminierung sehen könnte. Zwar hat Dobrindt trickreich versucht, durch eine Kombination mit der nur von Inländern zu zahlenden Kfz-Steuer eine pfiffige Konstruktion zu finden. Unterm Strich bleibt aber: Die Ausländer blechen, die Deutschen werden verschont. Hinzu kommt ein immenser Bürokratieaufwand. Und schließlich befürchten Tourismusmanager und Einzelhändler in den bayerischen Grenzregionen zu Tschechien und Österreich, dass der lukrative Einkaufs- und Tagestourismus aus den Nachbarländern Schaden nähme. Diesen Einwand zu ignorieren, wäre eine vorsätzliche Schädigung der ohnehin oft strukturschwachen Grenzregionen.
Insgesamt schafft Dobrindts Modell der eierlegenden Wollmilchsau viel Ärger und bringt wenig Ertrag. Ihm bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder es werden alle Verkehrsteilnehmer stärker belastet, also auch die Deutschen, oder man lässt die Finger davon. Jetzt insgeheim auf ein Verbot der EU zu hoffen, um dann sagen zu können, an uns hat es nicht gelegen, wäre ein Akt politischer Feigheit.

Kommentare (3)

  1. Alexander am 28.07.2014
    @splash77

    Stellt sich nur die Frage, was die Österreicher mit der Maut machen die ich zahle, wenn ich über den
    Brenner fahre?
    Subvention der Altenpflege? oder
    Löhne und Gehälter des Bundesheeres? oder
    Senkung der Steuern auf Kraftstoff?

    Das ist doch völlig Egal.
  2. splash77 am 25.07.2014
    @Alexander: Dass eine Maut auf Deutschen Straßen zu zahlen sein wird stellt doch keiner in Frage. Aber, dass durch Tricksereien nur nicht-deutsche-Bürger für die Kosten aufkommen sollen ist doch absurd, ungerecht und die Forderung danach populistisch.
    Aus dem Populismus kommt aber Seehofer nicht mehr raus, umso schlimmer ist es, dass es wohl wirklich einige Menschen gibt, den den Schwachsinn auch noch geglaubt haben. In dem Punkt gebe ich Ihnen recht, diese Gläubigen hält das Ausland für die "Dummen", aber keine Sorge, das tun auch die nicht gläubigen Inländer.
  3. Alexander am 25.07.2014
    Mich interessiert die EU nicht!
    Mich interessiert, wie viele andere auch, dass auf
    den Straßen Deutschland auch eine Maut eingeführt wird.
    Warum soll nur wir ("dummen") Deutschen im Ausland
    Maut blechen und die anderen EU-Bürger in Deutschland
    nicht?
    So geht das nicht.
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