Politik

07.01.2011

Selbstbewusster Diplomat

Am Sonntag reisen 95 Bayern nach Berlin, um den Bundespräsidenten zu wählen – wie Gaucks Vorstellung im Landtag ausfiel

Er vertritt seine Meinung, bleibt jedoch diplomatisch. Er genießt das Bad in der Menge, wahrt aber gleichzeitig Distanz: Obwohl der öffentliche Teil des Besuchs von Joachim Gauck im bayerischen Landtag kaum eine halbe Stunde ausmachte, hat der designierte Bundespräsident einen differenzierten Eindruck hinterlassen: zwingend notwendig für das höchste Amt im Staat, dessen Vorbildfunktion vor allem von der Persönlichkeit des Inhabers ausgehen muss.
Als „bewegend“ habe er seinen Aufenthalt im München erlebt, resümierte der ehemalige Pastor gegen Ende des Besuchs. Auch habe es Gelegenheit gegeben, „das eine oder andere Missverständnis auszuräumen“. Mit wem und welches genau, konkretisierte Gauck zwar nicht. Man darf allerdings annehmen, dass die CSU gemeint war.

Gauck: "Ich verstehe meinen Lebensstil nicht als Rollenmodell"

Immerhin zeigte die große Mehrheit der christsozialen Volksvertreter Gauck die kalte Schulter, als er sich vor zwei Jahren schon einmal als Bundespräsidentkandidat vorstellte: Bis auf drei blieben sie seiner Rede fern. Dass nach wie vor Differenzen zwischen Gauck und der offiziellen CSU-Linie bestehen, zeigte sich bei der Frage eines Medienvertreters: ob es für den künftigen Bundespräsidenten angemessen sei, dass er mit seiner Lebensgefährtin nicht verheiratet ist.
Das habe die CSU ihn auch gefragt, meinte Gauck und fügte hinzu: „Ich verstehe meinen Lebensstil nicht als Rollenmodell.“ Diese Entgegnung war der stärkste Moment seines Auftritts: eine klare, selbstbewusste Position, die er mit keinem Wort rechtfertigte. Das hat Vorbildfunktion.
Und es hat seine Wirkung auf die Fraktionschefs, die Gauck während seiner Rede flankierten, nicht verfehlt: Markus Rinderspacher (SPD) und Margarete Bause (Grüne) lächelten anerkennend – während Georg Schmid (CSU) keine Miene verzog. Später fand er lobende Worte für Gauck: „Er steht für Freiheit aus seiner Lebenserfahrung heraus.“ Rinderspacher gab sich gewiss, dass Gauck für das Amt des Bundespräsidenten verlorenes Vertrauen – Stichwort Wulff – zurückgewinnen werde. Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Thomas Hacker (FDP) behagt, dass Gauck die soziale Marktwirtschaft befürwortet. Bei Bause gibt Gaucks Bekenntnis zu Europa den Ausschlag.
Ihr Votum für Gauck können die fünf sowie weitere 90 bayerische Wahlleute am kommenden Sonntag in Berlin als Mitglieder der Bundesversammlung abgeben. Übernachten kann jeder von ihnen in einem der sechs Hotels, in denen der Bundestag Abrufkontingente organisiert hat. „Bei Buchung eines anderen Hotels werden Kosten in Höhe von 170 Euro pro Übernachtung erstattet“, teilt die Bundestagsverwaltung mit. Darüber hinaus bekommt jedes Mitglied der Bundesversammlung, das dem Bundestag nicht angehört, eine Tagespauschale in Höhe von 60 Euro, mit denen auch die Reisekosten abgegolten sind. (Alexandra Kournioti)

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