Politik

Miniautos wie diese baute der Dreifachmörder in Ansbach. Hier ein Mercer Raceabout (Maßstab 1:8). Für die Autos wurden teils fünfstellige Summen bezahlt. (Foto: dpa)

07.11.2014

Stewens, Stamm und Seehofer als Zeugen

Die Zustände in Bayerns Forensiken stehen im Fokus des Modellbau-Untersuchungsausschusses, der Ende November eingesetzt wird

Ein Psychiater, der mit der Arbeitstherapie in einem bayerischen Bezirksklinikum Geld verdient, ein Dreifachmörder, der aus der Anstalt spaziert, um mit dem Psychiater essen zu gehen, eine Sozialministerin, die mit dem geschäftstüchtigen Psychiater verheiratet ist, als dessen Dienstherrin sie fungiert: Die Vorgänge rund um die so genannte Modellbauaffäre um Christine Haderthauer, bayerische Ex-Sozialministerin und -Staatskanzleichefin, bergen diverse bizarre Details. Haderthauer trat am 1. September als Leiterin der Staatskanzlei zurück – die Fragen, betreffend die Zustände in bayerischen Forensiken, bleiben:
Wie konnte so etwas passieren? Wer hat davon gewusst? Und wer hat die Geschäfte des Psychiaters Hubert Haderthauer mit dem Forensik-Patienten Roland S. genehmigt, dessen geniale Miniaturautos über Haderthauers Firma Sapor teuer verkauft wurden? Ein Untersuchungsausschuss im Landtag wird demnächst versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen.
Die Grüne Ulrike Gote glaubt, Anhaltspunkte dafür zu haben, dass die seltsamen Geschäfte des Psychiaters Hubert Haderthauer in Ansbach und Straubing keineswegs singulär waren. „Es gibt Anzeichen dafür, dass das nicht der einzige Fall war“, sagte Gote der Staatszeitung. Allerdings, schränkt sie ein, seien die anderen Fälle wohl „nicht so gravierend“.

Grüne vermuten weitere Fälle seltsamer Geschäftspraktiken


Der Grünen-Politikerin kam beispielsweise zu Ohren, dass ein leitender Angestellter einer bayerischen Justizvollzugsanstalt Häftlinge für eine Firma arbeiten ließ, die ihm selbst gehörte. „Auch darüber wollen wir jetzt Auskunft erhalten“, erklärt Gote.
Grundsätzlich geht es für sie – wie auch für SPD und Freie Wähler – im Modellbau-Untersuchungsausschuss vorrangig „um die Lehren, die aus dem Fall Haderthauer zu ziehen sind“, also um „Fehler im System der bayerischen Forensik“. Gote empört sich etwa darüber, dass es mit Blick auf die Arbeitstherapie in den Forensiken „keine Regeln und keine Transparenz“ gebe. „Das kann nicht so bleiben“, betont die Grüne.
Diese Woche haben sich die Oppositionsfraktionen SPD, Grüne und Freie Wähler auf den Fragenkatalog für den Untersuchungsausschuss verständigt. Am 27. November soll er vom Landtag beschlossen und der Untersuchungsausschuss eingesetzt werden, der dann ab Dezember tagt.

Bei der Zeugenliste könne die CSU theoretisch Zicken machen


Vorsitzender soll Horst Arnold (SPD) sein, Vizechef der CSU-Abgeordnete Florian Herrmann. CSU und Opposition streben einen gemeinsamen Fragenkatalog an – die CSU prüft das zwölfseitige Papier gerade. Er sehe „keinerlei Probleme“, mit der CSU auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, sagt Arnold. CSU-Mann Herrmann betont, ein gemeinsamer Fragenkatalog gewährleiste eine „entspanntere Arbeitsatmosphäre“. Erforderlich ist eine Einigung nicht – die Opposition ist, was die Auswahl ihrer Fragen betrifft, nicht auf das Plazet der CSU angewiesen. Etwas anders sieht es aus bei der Zeugenliste. Theoretisch genügt es zwar, wenn ein Fünftel der neun Ausschussmitglieder die Ladung eines Zeugen wünscht. Praktisch kann die CSU-Mehrheit das jedoch mit dem Argument blockieren, die Befragung eines bestimmten Zeugen sei nicht vom Untersuchungsauftrag gedeckt – am Ende müssten Gerichte entscheiden.
Interessant dürfte es in jedem Fall werden, was die von der Opposition gewünschten Zeugen über Genehmigung und Ablauf der Modellautofertigung berichten. Als Zeugen erwartet werden neben dem Mörder und talentierten Bastler Roland S. unter anderem die Ex-Sozialministerinnen Christa Stewens und Barbara Stamm. Auch Horst Seehofer soll erscheinen und erläutern, ob über die Staatskanzlei die Recherche von Medien über Sapor behindert und parlamentarische Anfragen unwahr beantwortet worden seien. (Waltraud Taschner)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.