Politik

21.10.2016

Stoppt das Wegwerf-System!

Ein Kommentar von Waltraud Taschner

Wenn’s ums Essen geht, sind wir alle ein bisschen schizophren. Indem wir Verhaltensweisen an den Tag legen, die wir – theoretisch – verurteilen. Zum Beispiel unnötigerweise Lebensmittel wegwerfen. Weil wir planlos einkaufen oder die Waren nicht richtig lagern. Klar soll man den Leuten hier immer wieder ins Gewissen reden. Wer aber, wie der Einzelhandel, systematisch Lebensmittel vernichtet, braucht mehr als Appelle.

Deutschlandweit landen jedes Jahr 11 Millionen Tonnen noch genießbare Lebensmittel im Müll. Weil sie nicht mehr schön genug aussehen, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist oder weil wir zu viel eingekauft haben. In Bayern sind es jährlich 1,3 Millionen Tonnen. Im Lebensmitteleinzelhandel ist das Wegwerfen grundsätzlich Teil des Geschäftsmodells. Große Discounter ordern immer mehr, als gekauft wird. Vor allem Frischware wie Gemüse, Obst, Brot. Grund: Wir Verbraucher mögen nun mal volle Regale, haben den Anspruch, auch noch kurz vor Ladenschluss eine frische Breze zu ergattern, und bei angewelkten Salatblättern kriegen wir die Krise. Die Läden rechnen die Wegwerfquoten deshalb gleich in die Produktpreise ein.

Diese Woche hat Bayerns Agrarminister Helmut Brunner freiwillige Initiativen zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung vorgestellt. Es geht um Selbstverpflichtungen für Erzeuger, Handel und Verbraucher. Gut gemeinte Tipps für Privathaushalte sind sicher sinnvoll – wie effektiv sie sind, sei dahingestellt. Ein Wegwerfverbot für Bürger ist jedenfalls nicht praktikabel.

Italien und Frankreich haben bereits die Spendenpflicht. Warum wir nicht?


Eines für den Handel durchaus. Frankreich und Italien machen es vor, sie haben bereits Gesetze erlassen, wonach die Märkte noch genießbare Lebensmittel spenden müssen statt sie wegzuwerfen. Warum geht das bei uns nicht? Noch sträubt sich der Bundesgesetzgeber gegen einen Spendenzwang. Dabei hätten die Märkte keinen erkennbaren Nachteil, wenn Wohltätigkeitsorganisationen oder Tafeln die Waren dort abholen. Der Bedarf ist da: So ist die Zahl der Menschen, die sich an Tafeln versorgen, innerhalb eines Jahres um 18 Prozent gestiegen – während das Plus bei den Lebensmittelspenden nur 10 Prozent betrug.

Die Mehrheit der Bürger ist ohnehin für ein solches Gesetz: Bei einer Umfrage im vergangenen Monat stimmten 87 Prozent dafür. Dieselben Bürger vermutlich, die selbst Teil des Problems sind, weil sie zu viel einkaufen und bevorzugt Ware abgreifen, die makellos aussieht und noch zwei Wochen haltbar ist, obwohl sie am gleichen Tag verzehrt wird. Gegen derlei Schizophrenie kann man nie ganz ankommen. Gegen das Wegwerf-System der Läden schon.

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