Politik

Markus Söder stand diese Woche im Fokus der Medien - wenn’s nach ihm geht, darf das so bleiben. (Foto: dpa)

06.03.2015

Streicheleinheiten für die Peripherie

Ob Markus Söders Behördenverlagerung den betroffenen Gemeinden nützt, ist umstritten - für ihn selbst ist ’s jedenfalls ein Gewinn

Am Ende kann selbst Ministerpräsident Horst Seehofer nicht umhin, seinen Heimatminister Markus Söder gebührend zu loben. „Das ist ein sehr fundiertes Konzept und wurde professionell erarbeitet“, urteilt er über die in den Regionen Bayerns mit Spannung erwarteten Pläne Söders für eine umfassende Behördenverlagerung. 2225 Stellen werden demnach im Zeitraum bis 2025 aus den Ballungsräumen Bayerns in strukturschwache Gebiete des Freistaats verlagert – 1500 davon allein aus München. Dazu kommen noch einmal 930 Studienplätze staatlicher Fachschulen. Ein „wuchtiges Signal“ für den ländlichen Raum sei das, betont Söder. Schließlich seien Behördenverlagerungen ein „ganz zentrales Element der Strukturförderung“.
Tatsächlich gehen die meisten Stellen in den von Strukturwandel und Bevölkerungsschwund besonders betroffenen Nordosten Bayerns. Das östliche Oberfranken und die nördliche Oberpfalz bekommen zusammen rund ein Drittel der verlagerten Jobs. „Wir haben dann in der strukturschwächsten Region Bayerns alle paar Kilometer einen staatlichen Stützpunkt, das belebt den gesamten Raum“, erklärt Söder dazu. Größte Einzelmaßnahme ist in Marktredwitz der Neubau einer Justizvollzugsanstalt für 350 Häftlinge. 186 neue Jobs bringt das in die Stadt am Rande des Fichtelgebirges. Man könne damit viele Versetzungswünsche von Vollzugsbeamten in München erfüllen, berichtet Söder.

Zwangsversetzungen soll's nicht geben


Von dem Stellensegen profitieren alle Regierungsbezirke. Sogar die peripheren Gegenden Oberbayerns wie Mittenwald, Mühldorf oder das Berchtesgadener Land werden mit Ämtern und Behörden bedacht. Mal sind es fünf Stellen für ein regionales IT-Zentrum, mal 160 Stellen wie bei der Verlagerung der Autobahndirektion Süd nach Deggendorf. Es entstehen auch neue Einrichtungen wie das Institut für Frühpädagogik in Amberg oder das Landesamt für Schule und Kultur in Weißenburg. Möglich wird das durch die fortschreitende Digitalisierung, die immer mehr staatliche Arbeitsplätze ortsungebunden mache, erläutert Söder.
Die Beschäftigten, die im Vorfeld im Forum des Beamtenbundes schon mahnend den Finger gehoben hatten, beruhigt der Minister. Es werde keine Zwangsversetzungen geben, alle Schritte würden mit den Mitarbeitern abgestimmt, sichert er zu. Da in den betroffenen Behörden in den nächsten zehn Jahren etwa 1700 Pensionierungen anstünden, werde die Umsetzung überwiegend durch die natürliche Fluktuation erfolgen. „Es wechselt die Stelle, aber nicht unbedingt die Person“, sagt Söder. Eher unerwartetes Lob erntet er für sein Konzept deshalb auch von Rolf Habermann, dem Chef des Beamtenbundes: „Noch nie war eine Behördenverlagerung so gut vorbereitet.“

Grüne lästern: "Behördenverlagerungen ohne Sinn, Plan und Verstand"


Kritik kommt dafür von der Opposition. Diese lässt sich mit den Schlagworten „zu wenig, zu kleinteilig, zu teuer“ zusammenfassen. „Es fehlt die große Strategie, wie die ländlichen Regionen gefördert werden können“, sagt Annette Karl (SPD). Behördenstellen willkürlich über den ganzen Freistaat zu verteilen, könne nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Alexander Muthmann (Freie Wähler) sieht „mehr Show als Substanz“. Er hoffe, dass Söders Konzept für das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse nur ein erster Schritt sei. Claudia Stamm (Grüne) schlägt am heftigsten zu. Söder sei mit der „vollen Gießkanne übers Land spaziert – ohne Plan, Sinn und Verstand“.
Auch in der Wissenschaft ist der Nutzen von Behördenverlagerungen umstritten. Söder lässt diese Kritik genauso wenig gelten wie Seehofer. Alle bisherigen Verlagerungen seien positiv für die neuen Standorte gewesen. Mit den neuen Verlagerungen sei deshalb auch „kein Endpunkt erreicht“, betont Seehofer. „Wir werden mit der Regionalisierung jetzt nicht aufhören.“ Söder sagt immerhin zu, die künftigen Verlagerungen evaluieren zu lassen. Auch er ahnt aber wohl, dass die psychologische Wirkung für die Regionen in vielen Fällen größer ist als der messbare Nutzen. (Jürgen Umlauft)

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