Politik

Nur die Slogans ändern sich. Und die Frisuren. Seit 50 Jahren demonstrieren Frauen für gleichen Lohn. (Foto: dpa)

14.10.2016

Transparenz allein reicht nicht

Bayern unterbietet bei der Lohngleichheit Bund und EU – daran dürfte auch ein geplantes Bundesgesetz nichts ändern

Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen: In Deutschland sieht es bei diesem Thema düster aus. Und in Bayern sogar noch düsterer. Frauen verdienen im Freistaat laut Arbeitsministerium seit zehn Jahren ein Viertel weniger als Männer. Damit sind bayerische Frauen um vier Prozent schlechter dran als im Bundesdurchschnitt. Und sogar fast um neun Prozent schlechter als im europäischen Mittel.

Um die Lohnlücke in Deutschland zu verkleinern, hat sich die Bundesregierung jetzt auf einen Kompromiss für das Entgeltgleichheitsgesetz geeinigt. „Auch wenn man herausrechnet, dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten, seltener in Führungspositionen aufsteigen oder eher in sozialen Berufen mit geringeren Verdiensten tätig sind, verbleibt bundesweit immer noch eine Lücke von sieben Prozent“, rechnet Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) vor. Allerdings: Obwohl Politik, Kirchen und Gewerkschaften das geplante Gesetz grundsätzlich begrüßen – die Wirkung dürfte überschaubar bleiben.

Der Kompromiss sieht vor, dass Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten künftig Auskunft über die Durchschnittsgehälter der Kollegen in vergleichbaren Positionen geben müssen. Dabei werden Arbeitgeber mit Tarifverträgen begünstigt: In solchen Betrieben kann die Anfrage nicht direkt an den Chef, sondern nur an den Betriebsrat gestellt werden. Um unterschiedliche Funktionen vergleichbar zu machen, soll die Vergütung wie etwa beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) mit einem Punktesystem in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden. Firmen mit über 500 Mitarbeitern müssen dem geplanten Gesetz zufolge außerdem regelmäßig über Maßnahmen zur Lohngleichheit berichten. Insgesamt 14 Millionen Arbeitnehmer würden laut SPD nach der Verabschiedung durch den Bundestag von dem Rechtsanspruch profitieren.

Die Staatsregierung will „tradierte Rollenbilder“ aufbrechen

Doch wie viel bringt ein Recht auf Transparenz? Die Schweden können schon seit 1980 beim Finanzamt das Einkommen ihres Nachbarn einsehen – viel geringer als in Deutschland ist die Lohnlücke dort laut OECD trotzdem nicht. „In welchem Umfang das neue Gesetz den Gender Pay Gap in Bayern verringern kann, lässt sich derzeit nicht vorhersehen“, sagt ein Sprecher von Bayerns Arbeitsministerin Emilia Müller (CSU). Neben der Transparenz gelte es zur Verringerung der Lohnlücke daher vor allem, „tradierte Rollenbilder“ aufzubrechen. Genau das Gegenteil davon sei die Einführung des Landesbetreuungsgelds, spottet die Opposition.

Für wie viele Beschäftigte in Bayern durch das geplante Gesetz der Bundes-SPD welcher Anspruch entsteht und welche Gehaltssteigerungen drin sind, kann die SPD im Landtag so wenig sagen wie Ministerin Müller. „Das Wichtigste ist, dass ein Bewusstsein geschaffen wird, dass Unterschiede existieren“, meint die SPD-Abgeordnete Angelika Weikert. Die Grünen erhoffen sich durch die erhöhte Transparenz eine modernere Führungs- und Kommunikationskultur. Die Freien Wähler wiederum befürchten, dass das Gesetz Unternehmen über Gebühr belasten könnte. „Aber wir sollten jeden noch so dünnen Strohhalm ergreifen, um Lohngerechtigkeit zu erreichen“, betont die FW-Abgeordnete Gabi Schmidt.

Aus Sicht der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft wäre das Gesetz überhaupt nicht nötig gewesen. Und der DGB Bayern kritisiert, dass gerade im Freistaat mit vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen unter 200 Mitarbeitern Angestellte beim Auskunftsrecht außen vor bleiben.
Entsprechend werden auch die Mitarbeiter in der Geschäftsstelle der CSU-Fraktion künftig nicht erfahren, wie viel ihre Kollegen verdienen. „Ich sehe das aber nicht kritisch, da die Lohngerechtigkeit durch die Orientierung an der Beamtenbesoldung beziehungsweise durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst gegeben ist“, erklärt die CSU-Frauenbeauftragte Ute Eiling-Hütig. Allerdings haben auch Frauen beim Freistaat am Monatsende durchschnittlich 281,21 Euro weniger auf dem Konto, weil Männer öfter in höheren Besoldungsgruppen sind und mehr Zulagen erhalten.

Einen eigenen Weg geht die Landtags-Grüne Kerstin Celina: Sie gibt das exakte Gehalt bereits in der Stellenausschreibung an. Die Mitarbeiter kennen deshalb das Gehalt ihrer Kollegen. „Mangelnde Transparenz bedeutet nämlich auch mangelnde Motivation“, betont Celina. (David Lohmann)

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