Politik

In den Urlaub statt in die Schule: Das kann für die Familien ein Bußgeld nachsichziehen. (Foto: dpa)

23.05.2018

Übertrieben oder gerechtfertigt?

Der Polizeieinsatz gegen Schulschwänzer schlägt weiter hohe Wellen. Während sich die Vertretung der Eltern kritisch dazu äußert, erfahren die Behörden Unterstützung von Lehrerverbänden

Der Polizeieinsatz gegen Schulschwänzer zu Beginn der Pfingstferien in Bayern ist aus Sicht des Deutschen Lehrerverbands gerechtfertigt gewesen. Dessen Präsident Heinz-Peter Meidinger sagte der "Passauer Neuen Presse": "Die Polizeiaktion in Bayern war ein notwendiger Schuss vor den Bug der Eltern. Ein sinnvolles Warnsignal, dass die Missachtung der gesetzlichen Schulpflicht nicht hingenommen werden kann." Ähnlich äußerte sich der Bayerische Realschullehrerverband. Der Bundeselternrat hatte den Einsatz dagegen als übertrieben bezeichnet.

Zu Beginn der Pfingstferien hatte die Polizei an Flughäfen in Bayern rund 20 Familien erwischt, die ihre Kinder die Schule schwänzen ließen. Allein in Nürnberg entlarvten Beamte in elf Fällen Eltern, die mit dem Nachwuchs lieber in den Urlaub flogen, als die Kinder in den Unterricht zu schicken. Am schwäbischen Allgäu Airport nahe Memmingen zählten Polizisten zehn Fälle. Gegen die Eltern ist bei den zuständigen Landratsämtern Anzeige erstattet worden. Hintergrund der falschen Krankmeldungen ist, dass die Flugpreise nach Ferienbeginn oft deutlich höher sind.

Falsche Krankmeldungen haben zugenommen

Nach Einschätzung von Meidinger haben falsche Krankmeldungen vor und nach den Ferien in den vergangenen Jahren zugenommen. Die Schulen selbst seien meist machtlos. Das Verhalten der Eltern, die sich nicht damit abfinden, dass Schulen Anfragen nach einem früheren Ferienbeginn ablehnen, bezeichnete Meidinger als "ethisch höchst bedenklich". "Sie bringen ihren Kindern bei, dass man tricksen und sich über Regeln hinwegsetzen dürfe."

Der Landesvorsitzende des Bayerischen Realschullehrerverbands (brlv), Jürgen Böhm, sagte, der Polizeieinsatz gegen Schulschwänzer sei richtig und logisch. "Aus gutem Grund gibt es in Deutschland die gesetzliche Schulpflicht, deren Missachtung ein klarer Verstoß ist, der nicht einfach mit einem zugedrückten Auge hingenommen werden kann." Der Polizeieinsatz könne Eltern auch bewusst machen, dass sie ihren Kindern gegenüber eine Vorbildfunktion haben.

Eine Mehrheit der Deutschen hält solche Polizeieinsätze unterdessen für angemessen. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Tageszeitung "Die Welt". Auf die Frage "Halten Sie Polizeikontrollen gegen Eltern, die mit ihren schulpflichtigen Kindern frühzeitig in die Ferien reisen, für angemessen?" antworteten 60,8 Prozent mit "Ja" oder "Eher ja". 34,2 Prozent würden diese Maßnahme nicht oder eher nicht befürworten. 5 Prozent waren unentschieden.

Unterschiede zeigten sich bei Befragten mit und ohne Kinder im Haushalt. Diejenigen ohne Kinder befürworteten die Polizeikontrollen mit 62,7 Prozent deutlich stärker als diejenigen mit Kindern (54,5 Prozent).
(dpa)

Kommentare (2)

  1. alexander p. am 24.05.2018
    Man sollte sich fragen, warum die Kinder kurz vor den Ferien nicht in der Schule sind.
    Man braucht sich nur mal die Flugpreise bis Freitag-Spätvormittag vor den Ferien anschauen.
    Teilweise 50% billiger als am Nachmittag. Familien die nicht so viel Geld haben, wollen halt vielleicht auch mal wegfliegen. Wer zahlt schon gerne 1500,- EUR mehr als der Nachbar, nur weil er am Nachmittag fliegt.
    Wer mit dem Auto wegfährt, steht ab Freitagnachmittag Vollgas im Stau.

    Klar ist Schule schwänzen nicht in Ordnung. Ich kann aber nur von meinen zwei Kindern berichten. Da wird in der Woche vor den Ferien nichts mehr gemacht außer Larifari und Filme schauen. Am letzten Schultag ist der Unterricht oft sehr früh aus, so dass meine Frau bzw. ich schauen könnne, dass wir uns rechtzeitig von der Arbeit lösen können.

    Einerseits ist Schwänzen nicht erlaubt. Aber da an den Schulen so kurz vor den Ferien eh nichts mehr passiert ist eine Verfolgung bis zum Flughafen schon etwas lächerlich.

    Nur die richtige Lösung wird's nicht geben so lange die Reiseveranstalter die Ferienzeit ausnutzen um sich masslos zu bereichern.
  2. udo am 24.05.2018
    Was für ein Hype. Als hätte diese Welt nicht ganz andere Sorgen: Terror, Leid, Giftgas-Bombardements, Kriege, Atomwaffen-Angst, Armut, Mieten-Wahnsinn, sozialen "Sprengstoff" und, und, und...
    Doch man regt sich lieber hysterisch über ein paar Eltern mit Kindern, die einen Tag "eher" in Urlaub fahren? Das ganze ist doch verloggen ohne Ende. Denn: Ich möchte nicht wissen, wie viel Tausende von Schülern sich während eines Schuljahres krank melden , ohne wirklich so krank zu sein, dass sie dem Unterricht tatsächlich fern bleiben müssten?! Das nimmt man so hin. Hier aber "jagt" man Eltern und Schüler auf Flughäfen, als hätten sie Gott weiß was für ein "schändliches Vergehen" begangen... Klar: Die, die das nicht tun, sind vermeintlich da im Nachteil. Aber wo ist das bei anderen Dingen im Leben nicht genauso? Da aber regt sich kaum jemand auf, wenn die die "Dummen" sind, die sich immer genau an alles halten. während andere, die sich anders verhalten, "klüger" sind, weil man es ihnen durchgehen lässt! Wie heißt es doch so schön: "So mancher, der eine weiße Weste vor sich her trägt, hat sie grad erst aus der Reinigung geholt."
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