Politik

Der stellvertretende Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zur Landesbank-Affäre, Harald Güller (SPD). (Foto: BSZ)

12.02.2010

„Unser Ziel ist ein gemeinsamer Bericht“

Der designierte Vizevorsitzende des BayernLB-Untersuchungsausschusses, Harald Güller (SPD), kritisiert die Arbeit der Kärntner Staatsanwaltschaft

188 Fragen hat die Opposition in einem Katalog zur Aufklärung der BayernLB-Affäre formuliert. Dazu hat die CSU 120 Ergänzungen und Änderungen eingereicht. Mehr Schwierigkeiten dürfte allerdings die Zusammenstellung von Akten der Kärntner Skandalbank HGAA sowie die Vorladung von Zeugen aus Österreich bereiten.

bsz Herr Güller, welche Chancen für die Aufklärungsarbeit sehen Sie darin, dass in Kärnten und Bayern Untersuchungsausschüsse zum selben Thema tagen?
Güller Das ist mit Blick auf die Vorgänge in der Kärntner Landesholding und der Kärntner Landesregierung sicher hilfreich, weil wir in Bayern dadurch besser an Informationen kommen. Wir haben einen intensiven Informationsaustausch mit der SPÖ in Kärnten. Bei den Zeugen wird es uns möglicherweise nicht so sehr nützen, weil in Kärnten kein Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss erscheinen muss. Wir befürchten, dass vor allem interessante Zeugen wie der Investmentberater Berlin oder der frühere HGAA-Chef Kulterer nicht aussagen werden. Von aussagewilligen Zeugen werden wir die Vernehmungsprotokolle bekommen, was uns wohl Doppelbefragungen erspart. Skeptisch bin ich bei den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten in Kärnten. Die Kooperation zwischen Ermittlungsbehörde und Parlament läuft dort leider nicht so reibungslos wie in Bayern.

bsz Könnten Sie österreichische Zeugen nach Bayern laden?
Güller Laden ja, aber wir können diese Ladung nicht durchsetzen.

BSZ Können Sie in Kärnten vorliegende Akten in den hiesigen Untersuchungsausschuss einführen?
Güller Ja, wenn Sie uns offiziell zugeleitet werden.

BSZ Und auf informellem Weg zugeleitete?
Güller Nur wenn man sie auch noch aus offiziell zugänglichen Quellen beibringt, oder – was wir bei der Formulierung des Untersuchungsauftrages versucht haben – durch Zitate aus öffentlich zugänglichen Quellen belegt. Das ist aber nach der Rechtsprechung des bayerischen Verfassungsgerichtshofes zulässig. Im Laufe des Untersuchungsausschusses rechne ich nicht damit, dass noch viele neue Unterlagen auftauchen – mit Ausnahme zu der Kroatien-Reise des damaligen Ministerpräsidenten Stoiber. Da muss es Akten geben, weil das ja keine Privatreise war. Die haben wir aber noch nicht. Die CSU hat 120 Änderungen und Ergänzungen zu den 188 Fragen der Opposition eingebracht.

bsz Wie bewerten Sie das?
Güller Es ist da in erster Linie darum gegangen, einige unangenehme Zitate aus den Fragen zu streichen oder redaktionelle Umformulierungen vorzunehmen. Das war viel Verbalkosmetik. Im Prinzip war das alles unproblematisch.

BSZ Wie bewerten Sie, dass die Regierungsfraktionen eigene Fragenkataloge vorgelegt haben?
Güller Was die CSU vorgelegt hat, waren Ergänzungen und Präzisierungen, das war aus meiner Sicht kein eigener Fragenkatalog. Anders ist das bei der FDP, die ist tiefer eingestiegen in die Frage der Wirtschaftsprüfung – ganz abgesehen davon, dass es schon interessant ist, dass der Koalitionspartner einen eigenen Fragenkatalog vorlegt. Die CSU wird im Ausschuss keine eigene Mehrheit haben.

BSZ Wie wird das die Arbeit beeinflussen?
Güller Man hat schon bei den Abstimmungsgesprächen zum Fragenkatalog gespürt, dass die CSU mit Blick auf die FDP bei der Ablehnung von Fragen vorsichtiger gewesen ist.

BSZ Wie sehen Sie überhaupt die Rolle der FDP im Ausschuss?
Güller Die FDP wird im Laufe der Arbeit immer wieder vor der Frage stehen, ob sie den Koalitionspartner schützen oder schnell und lückenlos aufklären will. Da erwarte ich einige spannende Entscheidungen. Die erste wird sein, wie wir den Ausschuss vom Verfahren her aufbauen.

bsz Was planen Sie da?
Güller Wir würden nach Akteneinsicht und Prüfung von Rechtsfragen gerne sofort in die Vernehmung der Verwaltungsräte und des Landesbank-Vorstands einsteigen. Die bisherige CSU-Strategie war in Untersuchungsausschüssen immer, die eigenen Leute erst ganz am Schluss zu vernehmen, damit die bei ihrem Erscheinen die Aussagen aller anderen Zeugen schon kannten. Die Folge war, dass sie nur genau das zugegeben haben, was bekannt war. Diesen Ablauf wollen wir im Sinne der ehrlichen Aufklärung umdrehen. Wir wollen anhand der weiteren Zeugen die Aussagen der Verwaltungsräte und Vorstände auf ihre Schlüssigkeit überprüfen.

bsz Haben Sie für dieses Vorgehen schon Signale von CSU und FDP?
Güller Nein.

bsz Werden Sie Zeugen vereidigen?
Güller Das hängt vom Erinnerungsvermögen der Zeugen ab. Vorstellen kann ich mir das beim Zeugen Dr. Stoiber bezüglich seiner Einflussnahme auf den HGAA-Kauf in Kroatien. Hier könnte der Hinweis auf eine mögliche Vereidigung durchaus erinnerungsfördernd sein. Grundsätzlich sollte die Vereidigung von Zeugen aber die Ausnahme sein.

BSZ Werden Sie Zeugenaussagen der Staatsanwaltschaft für ihre Ermittlungsarbeit zur Verfügung stellen?
Güller Selbstverständlich. Mehrere damalige Verwaltungsräte erklären nun, Ihnen seien zum Kauf der HGAA vom Landesbank-Vorstand wichtige Informationen vorenthalten worden.

BSZ Halten Sie das für glaubwürdig?
Güller Ich weiß nicht, welche Unterlagen damals vorgelegen haben. Das wird der Untersuchungsausschuss klären. Ich weiß aber, dass es um einen Kaufbetrag von 1,6 Milliarden Euro gegangen ist. Bei einer solchen Summe hätte ich als Verwaltungsrat meine Hand nicht gehoben, wenn ich zum Beispiel den Kaufvertrag nicht gesehen hätte. Man kann sich jetzt nicht darauf berufen, etwas nicht vorgelegt bekommen zu haben, man muss als Verwaltungsrat auch mal danach fragen. Es haben alle Fraktionen unbedingten Aufklärungswillen bekundet.

BSZ Wird es einen gemeinsamen Abschlussbericht geben?
Güller Mal sehen. Ziel ist natürlich immer ein gemeinsamer Bericht. Die Erfahrung früherer Untersuchungsausschüsse lässt aber befürchten, dass es dazu nicht kommt. Interessant ist, dass sich sogar die FDP einen eigenen Minderheitenbericht vorstellen kann. Theoretisch wäre ein Minderheitenbericht der CSU möglich, wenn Opposition und FDP sich einigen.

BSZ Halten Sie das für wahrscheinlich?
Güller: So wie sich die FDP bislang bei Abstimmungen im Landtag verhalten hat, eher nicht. Immer kurz bevor es zum Schwur gekommen ist, haben die Liberalen das Schwänzle eingezogen.

Interview: Jürgen Umlauft

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