Politik

22.09.2017

Unsinnige Sonntagsfrage

Ein Kommentar von Angelika Kahl

Kurz vor Wahlen werden die Wähler nahezu täglich mit den neuesten Wasserstandsmeldungen der Demoskopen bombardiert. So auch jetzt vor der Bundestagswahl. In allen Umfragen lag die Union weit vor der SPD. Genüsslich ausschlachten ließ sich lediglich das Kopf-an-Kopf-Rennen um Platz drei. Dumm nur, wenn mehrere Institute gleichzeitig neue Zahlen veröffentlichen: so wie Allensbach im Fall der FDP mit 11 Prozent und Forsa im Fall der Linken mit 10 Prozent. Kurz zuvor landete die AfD mit 11 Prozent klar auf Platz drei – bei Emnid.

Wem bringen Umfragen also etwas? Klar, die Meinungsforscher verdienen damit Geld. Und die Medienmacher freuen sich über die Klicks für jede neue Vorab-Verkündung des strahlenden Siegers. Der Wähler aber sollte sie mit größter Vorsicht genießen.

Denn nicht nur Brexit-Referendum, US-Präsidentschaftswahl oder die saarländische Landtagswahl haben gezeigt: Die Demoskopen liegen allzu oft daneben. Das Problem liegt in der Methode: In der Regel werden gerade einmal 1000 oder 2000 Leute befragt – für eine repräsentative Auswertung viel zu wenig. Dazu kommt: Immer weniger Menschen sind bereit, an Umfragen teilzunehmen, andere lügen – auch, weil ihnen ihre politischen Vorlieben ein bisschen peinlich sind.

Wie die Demoskopen die Rohdaten umrechnen ist ihr großes Geheimnis

Die Demoskopen rechnen die Antworten deshalb nicht eins zu eins in Stimmenanteile um, sondern nach einem bestimmten Modell. Jedes Umfrageinstitut hat ein eigenes und hält es geheim. Die New York Times gab vor der Präsidentschaftswahl Rohdaten einer Umfrage an vier Institute. Das kuriose Ergebnis: Von einem Ein-Punkte-Vorsprung für Trump bis zu einem Vorsprung von 4 Punkten für Clinton war alles dabei.

Fatal, wenn Umfragen dennoch Wähler beeinflussen. 2013 wurde noch am Morgen des Wahltags eine letzte Umfrage veröffentlicht. Die FDP lag darin deutlich über der 5-Prozent-Hürde, flog dann aber mit 4,8 Prozent aus dem Bundestag. Wohl auch, weil einige dachten, sie brauche ihre Leihstimme nicht.

In Ländern wie Frankreich oder Italien sind Umfragen kurz vor der Wahl verboten. So weit muss man nicht gehen. Angesichts der vielen Briefwähler ergibt das auch wenig Sinn. Doch was wäre, wenn unter jeder Umfrage stünde: Die Genauigkeit liegt bei plus/minus vier Prozent? Weniger Leute würden ihnen auf den Leim gehen.

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