Politik

18.08.2017

Wahlkampf in Ferienstimmung

Ein Kommentar von Roswin Finkenzeller

Hundert Prozent sind ein schreckliches Omen. Denn irgendwelche Widersacher, ein paar wenigstens, hat jeder vernünftige Politiker. Ein alter Hase wie Martin Schulz zuckte deshalb zusammen, als er auf einem Sonderparteitag im März das ihm geltende Abstimmungsergebnis erfahren hatte. Zum Parteichef hatten ihn alle anwesenden Sozialdemokraten gewählt, wirklich alle. Per Akklamation kürte ihn die SPD anschließend auch gleich noch zum Kanzlerkandidaten. Die Genossen hatten für eine mit seiner Person verbundene Sehnsucht gestimmt. Die ergriff sogar Teile der Bevölkerung, sodass eine Woche lang Schulz bessere Umfragewerte hatte als die Kanzlerin. Jetzt jedoch beobachten wir den Kampf eines entzauberten Mannes gegen eine allem Zauber abholde Frau.

Auf seine langweilige Art hat Schulz ja völlig recht, wenn er zu bedenken gibt, dass in den Wochen bis zur Wahl noch viel passieren könne. Höchst theoretisch wäre es möglich, dass die Stimmung noch zu seinen Gunsten kippt. Den Diesel-Skandal hat schließlich auch keiner vorausgesagt. Eines Tages war er da und lehrte die Parteien, dass reichlich viele Wähler für ihren Diesel Geld ausgegeben haben und nicht wünschen, dass energische Politik ihn zu Schrott mache. Auch die Kriegsgefahr aus Nordkorea war von den Langzeitprognostikern nicht bemerkt worden.

Die CSU war so schlau, den Streit mit der CDU richtig zu dosieren

Was sie davon hielt, zeigte Angela Merkel unmissverständlich: Sie brach ihren Urlaub nicht ab. Eine seit zwölf Jahren regierende Frau darf sich wohl noch erholen, wenn die Bevölkerungsmehrheit mit den Verhältnissen zufrieden ist. Und schon wieder hat Martin Schulz zum Gähnen recht, wenn er die Ergänzung anbringt, dass es dennoch dem einen oder anderen Stimmbürger herzlich schlecht geht.

Die CSU indes hat es abermals fertiggebracht, den Streit mit der CDU so zu dosieren, dass auch Nichtsympathisanten CSU wählen werden, der in schlauer Unbefangenheit selbst im Freistaat plakatierten CDU-Chefin wegen. In solchen Künsten waren die Schwarzen schon immer Profis. Ihre Professionalität ist übrigens gerade in Bayern das beste Argument gegen den Dilettantismus der AfD. Immerhin wäre das ein Gegner, der zu langsam untergeht und am 24. September Seehofer noch die ganze Freude verderben kann.

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