Politik

26.03.2010

Weg mit der Wehrpflich

Kommentar

Gut möglich, dass in diesen Tagen der eine oder andere Bundestagsabgeordnete der Union in seinem Berliner Büro an die Bonner Republik zurückdenkt. Damals, als die deutsche Verteidigungspolitik noch ein klares Feindbild hatte: die Sowjetunion. Die alten Herren im Kreml glichen in ihrem aggressiven Expansionsdrang der Raupe Nimmersatt. Jeden Tag hätte es zur Panzerschlacht in der Rhön kommen können, weshalb bei der Bundeswehr noch jeder Mann zählte. Kein Politiker musste sich zu jener Zeit rechtfertigen, wenn er für die Beibehaltung der Wehrpflicht plädierte. Doch der Kalte Krieg ist Geschichte – und die Truppenstärke der Bundeswehr in den Planspielen der Nato-Generäle nur mehr eine Randnotiz. Andere Dinge zählen bei den Militäreinsätzen von heute: die Fähigkeit, sich auch in unwegsamem Gelände zurechtzufinden, das Erstürmen eines Terroristenhorts inmitten zahlreicher Zivilisten, oder das richtige Vorgehen bei Geiselhaft. Eine bloße Ausbildung als Wehrpflichtiger – egal wie lange sie dauert – reicht da nicht aus. Jetzt will die Bundesregierung die Wehrpflicht von neun auf sechs Monate verkürzen. Besser wäre es, diese gleich ganz abzuschaffen. Die Einberufung der Soldaten in spe gleicht mehr der samstäglichen Lottoziehung als einem fairen Rekrutierungsverfahren. Seit Jahren müssen immer weniger junge Männer, die eigentlich tauglich wären, auch tatsächlich zur Truppe. Derzeit ziehen die Behörden nur rund 15 Prozent eines Jahrgangs ein. Es geht also um Gerechtigkeit für eine ganze Generation. Das Argument, nur eine Wehrpflichtarmee schütze die Demokratie, greift nicht. Viele westliche Länder wie Frankreich haben seit Jahren Berufsarmeen, ohne dass die Regierung hinweggeputscht worden wäre. Sicher, da ist noch das Problem Ersatzdienst. Ohne die emsigen Zivis könnte in so manchem Altenheim der Betrieb nicht aufrechterhalten werden. Doch die Väter des Grundgesetzes führten die Wehrpflicht nicht ein, um den Staat bei den Sozialausgaben zu entlasten. Statt auf verordnete Billiglöhne zu setzen, müssten die Sozialeinrichtungen dann eben echte Vollzeitstellen schaffen. (Tobias Lill)

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