Politik

US-Präsident Barack Obama unterhält sich in Krün bei Weißwurst und Weißbier. (Foto: dpa)

07.06.2015

Weißwurstfrühstück mit Obama

Das Dörfchen Krün feiert das größte Ereignis seiner Geschichte. Vor dem G7-Gipfel schaut der US-Präsident noch schnell auf ein Weißwurstfrühstück vorbei

Worüber plaudert man, wenn sich bei einem Frühstück mit Weißwurst und Bier unter freiem Himmel der Präsident der Vereinigten Staaten direkt neben einen setzt? Der Krüner Landwirt Alois Kramer (45) hat ein Thema, das nicht nur den Bauern in Deutschland auf den Nägeln brennt: das umstrittene Freihandelsabkommen der Europäer mit den USA. Der Agrarökonom Kramer, der zeitweise in den USA gelebt hat, wirbt für landwirtschaftliche Produkte aus seiner Heimat Oberbayern, wie er hinterher berichtet.
Die Fernsehbilder von der lockeren amerikanisch-deutschen Biertisch-Runde vor imposanter Alpenkulisse gehen um die Welt. Obama sei ein guter Zuhörer gewesen und habe ihm durchaus zugestimmt, berichtet Kramer. "Er ist sehr warmherzig und volksnah", beschreibt der Krüner seinen Frühstücks-Nachbarn, der sich lässig im weißen Hemdund mit aufgestütztem Arm unterhält und gelegentlich am Bierglas nippt. Auch über die einheimische Tracht habe Obama sich informiert. "Er wollte wissen, zu welchen Anlässen die Frauen ihr Festtagsgewand tragen", erzählt Kramer.

Merkels Mann Sauer erklärt Obama, wie man eine Weißwurst isst - mit Messer und Gabel

In Gesellschaft von Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Ehemann Joachim Sauer trinkt Obama einige Schlücke vom Weißbier - alkoholfreies, wie seine Umgebung versichert. Das Sakko hat er zu dem Zeitpunkt längst ausgezogen - bei wolkenlosem Himmel herrscht brütende Hitze. Sauer erklärt Obama, wie man eine Weißwurst mit Messer und Gabel isst. Gekonnt schneidet Obama sie der Länge nach durch und zieht die Haut ab, ehe er kleine Stücke verspeist.
Schon die Ankunft des mächtigen Politikers im kleinen Alpendorf Krün hatte herzlich und mit viel Humor begonnen. Mit einem formvollendeten "Grüß Gott" erobert der US-Präsident die Herzen der Menschen im Sturm. Als er dann auch noch scherzt, er habe heute leider die Lederhose vergessen, sind die Einheimischen völlig begeistert. Die Rechnung geht für Obama und seine Gastgeberin Angela Merkel auf. Beide wollten unmittelbar vor Beginn des G7-Gipfels im nahen Schloss Elmau das Signal aussenden: Wir Staats- und Regierungschefs von sieben führenden Industrienationen verstecken uns nicht hinter Schlossmauern, wir mischen uns unters Volk.
Eine Dreiviertelstunde nimmt sich Obama Zeit für die mehreren Hundert Bewohner des Alpendörfchens. Erst umarmt er Merkel, dann schüttelt er dutzendweise Hände der vor dem Rathausplatz versammelten Menschen. In ihrer kurzen Rede heißt die Kanzlerin Obama herzlich willkommen und würdigt die deutsch-amerikanische Freundschaft - "trotz mancher Meinungsverschiedenheiten". Seit einiger Zeit belasten die Spähaktionen des US-Geheimdienstes in Deutschland die Beziehungen.
Als Merkel anfügt, dass "Du deutsches, bayerisches und oberbayerisches Kulturgut kennenlernst", muss der Gast aus den USA ob der Steigerung lachen - und die Krüner klatschten verzückt in die Hände. In seiner Erwiderung streift Obama nur kurz die Weltpolitik und spricht die Themen des G7-Gipfels an. Wieder lachen die Krüner Bürger, als er erklärt, lieber wäre er während des Oktoberfestes zum G7-Gipfel nach Bayern gekommen. Andererseits gebe es immer Gelegenheit für ein Bier und eine Weißwurst. "Vielen Dank", sagt er am Ende seiner Ansprache.

Über Tage nahmen Leibwächter Obamas jeden Winkel des Dorfes unter die Lupe

Für die einmalige Gelegenheit, den US-Präsidenten aus allernächster Nähe zu erleben, hatten die meisten Bewohner strengste Sicherheitsvorkehrungen in Kauf genommen. Nicht nur sämtliche Kanaldeckel, auch die Wasserhydranten im Dorf wurden versiegelt, Briefkästen abmontiert. Leibwächter des US-Präsidenten waren über Tagen unterwegs und nahmen beinahe jeden Winkel im Dorf unter die Lupe.
Jeder, der zum Weißwurstfrühstück mit Obama wollte, musste durch eine Sicherheitsschleuse. Den Hirschfänger, der im Alpenraum in die Messertasche jeder Lederhose gehört, durften die Männer ausnahmsweise nicht mitnehmen.
Am Ende des gemeinsamen Frühstücks isst Obama die Weißwurst artig auf, dazu eine Brezn. Das Weißbier lässt er fast voll stehen, als er sich von seinen Tischnachbarn verabschiedet. Die Arbeit im Schloss Elmau ruft. Eine Minute Zeit aber nimmt sich der US-Präsident noch: Während der Abschiedsrunde durch die Menge verschwindet er plötzlich in einem Brotzeitstandl und bedankt sich beim Personal ausgiebig für das Essen.
Obama scheint es gefallen zu haben in dem oberbayerischen Vorzeigedorf. Nach seiner Amtszeit würde er gerne wiederkommen, hatte er seiner Tischrunde noch anvertraut - "dann mit Familie und wenn ich nicht mehr so viel arbeiten muss". Vielleicht zieht er dann jatatsächlich die Lederhose an, die er sich nach eigenen Worten nochzulegen will. (Paul Winterer, dpa)

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