Politik

Illegale Drogen wie Heroin: Nicht nur junge Leute konsumieren sie, sondern auch Ältere. Bei der medizinischen Versorgung bleiben sie oft außen vor. (Foto: dpa)

02.04.2015

Wenn bayerische Junkies alt werden

Alt und drogenabhängig: Das gibt’s auch im Freistaat. Ein Modellprojekt kümmert sich darum, dass Betroffene besser versorgt werden

Beim Thema Drogenkonsumräume packt die CSU zwar noch immer das Grausen – entsprechende Vorstöße hat sie bislang abgeblockt. Doch dafür ist jetzt ein anderer Bereich der Drogenpolitik in Bewegung geraten: die Hilfe für ältere Süchtige. Noch immer ist es nämlich extrem schwierig, Drogenabhängige beziehungsweise ehemals Abhängige, die Drogenersatzstoffe wie Methadon bekommen, in ein bayerisches Pflegeheim zu überweisen. Grund: Die Heimleitungen hegen diffuse Ängste vor vermeintlich schwierigen Patienten. Damit sich das ändert, finanziert das bayerische Gesundheitsministerium jetzt ein zweijähriges Modellprojekt „Netzwerk 40+“ mit insgesamt 224 000 Euro. Die Federführung liegt beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. Träger des Projekts sind der Verein Condrobs aus München, die mudra – alternative Jugend- und Drogenhilfe aus Nürnberg – sowie die Drogenhilfe Schwaben aus Augsburg. Angelaufen ist das Ganze im März. Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) will mit dem Projekt „ganz spezifische Hilfsangebote“ für ältere Süchtige schaffen. „Menschen, die langjährig von illegalen Drogen abhängig sind, sterben früher. Sie haben eine um circa 10 bis 15 Jahre verringerte Lebenserwartung“, sagte Huml der BSZ.
Die drei Trägerorganisationen wollen erreichen, dass die vorhandenen Hilfseinrichtungen für Drogenkranke besser zusammenarbeiten, sagt Davor Stubican, der beim Paritätischen Wohlfahrtsverband den Bereich Suchthilfe leitet. „Bis jetzt ist es meist so, dass jeder nur seinen Teil des Problems betrachtet.“

Das Pflegepersonal weiß nicht, wie man mit Methadon umgeht


Klaus Fuhrmann, Bereichs-Geschäftsführer bei Condrobs in München, schildert einen typischen Fall: Ein 66-jähriger ehemaliger Opiat-Abhängiger, der inzwischen eine Substitionstherapie bekommt, leidet an chronischer Hepatitis und Leberzirrhose. In einer Klinik hat er sich etwas erholt, ist aber trotzdem pflegebedürftig. „Der Betreffende ist bettlägerig, er hat Pflegestufe 3“, sagt Fuhrmann. „Er müsste in ein Pflegeheim.“
Bislang sträuben sich die Heime – grundlos, meint Fuhrmann: „Suchtpatienten sind in der Pflege nicht aufwendiger als andere Patienten.“ Doch das muss das Pflegepersonal eben erst mal selbst erleben. Und das Personal muss wissen, wie man mit Substituten wie Methadon umgeht – in der Ausbildung haben sie das nicht gelernt.
In einem ersten Schritt versucht das Netzwerk 40+ jetzt, mit einer Fragebogenaktion herauszufinden, wie groß der Bedarf an Pflegeplätzen für Süchtige ist, welche Befürchtungen bei den Heimbetreibern und beim Pflegepersonal vorherrschen und was die Einrichtungen brauchen, um mit Drogenpatienten klarzukommen.

Münchenstift hat sich schon gesprächsbereit gezeigt


In Bayern leben rund 10 000 Menschen, die von harten Drogen abhängig sind, 5000 von ihnen in München. Die Hälfte von ihnen sind älter als 40 Jahre. Von diesen wiederum benötigen etwa 30 Prozent auf mittlere Sicht Unterstützung aus der Pflegehilfe – Tendenz steigend.
Immerhin: Erste kleine Erfolge gibt es schon. Bei Gesprächen mit dem Pflegeheim Münchenstift, einer Tochtergesellschaft der Stadt München, habe er eine „sehr große Bereitschaft“ erkannt, suchtkranke alte Menschen aufzunehmen, sagt Klaus Fuhrmann von Condrobs. Er hofft jetzt, dass weitere Heimbetreiber ihre Offenheit für eine Patientengruppe signalisieren, die beim Thema Pflege im Alter bislang zumeist durch den Rost fiel. (Waltraud Taschner)

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