Politik

Hier wollen viele rein: Der Bundestag in Berlin. (Foto: dpa)

05.06.2015

Wer darf rein ins Parlament?

abgeordnetenwatch.de verklagt den Bundestag, der seine Lobbyisten nicht nennen will – im Landtag ist das offenbar kein Problem

Wer hätte nicht gern einen Hausausweis für den Bundestag! Als Otto Normalverbraucher lernt man das Parlament ja nur so kennen: Man wird in knapp getakteten Zeiten durchgeschleust, rudelweise. Mal ganz locker durch die Gänge des Parlaments zu schlendern und bei dem einen oder anderen Abgeordnetenbüro zu klopfen, ist dem normalen Besucher wohlweislich nicht erlaubt. Nur: Es gibt da außer den Abgeordneten und ihren Mitarbeitern noch 2334 Personen, die jederzeit Zutritt zum Bundestag haben, die am Eingang nur mit ihrem Hausausweis wedeln, und schon wird ihnen aufgetan. Das sind die amtlich registrierten Lobbyisten.
Die sind nun im Visier der Hamburger Transparenzinitiative abgeordnetenwatch.de. Wobei sich diese nicht am Besuch der Lobbyisten an sich stoßen, sondern daran, dass die Bundestagsverwaltung deren Namen nicht herausrückt: „Lobbyismus im Geheimen gefährdet unsere Demokratie“, erklärt Gregor Hackmack von abgeordnetenwatch.

Was ist  mit dem Informationsfreiheitsgesetz?


Am 18. Juni trifft man sich vor dem Berliner Verwaltungsgericht: abgeordnetenwatch vs. Bundestag. Martin Reyher von abgeordnetenwatch ist zuversichtlich: „Ich rechne uns gute Chancen aus“, sagt Reyher der Staatszeitung. Die Ausgabe der Hausausweise sei eine Verwaltungstätigkeit und falle somit unter das seit 2006 geltende Informationsfreiheitsgesetz, das grundsätzlich jedermann Akteneinsicht in Verwaltungsvorgänge des Bundes gewährt.
Wie ist das im bayerischen Landtag? Gehen auch dort Lobbyvertreter ein und aus? Schließlich hält sich die seit 1957 ununterbrochen regierende Partei auf ihren direkten Draht zur Wirtschaft seit jeher was zugute. Doch Landtagssprecher Zoran Gojic kann nur mit der „sehr überschaubaren“ Zahl von 28 „Sonderausweisen“ aufwarten, wie die Hausausweise für den Landtag genannt werden. Und darunter fielen auch etliche Organisationen, die keine klassischen Lobbyverbände sind. Gojic nennt ein paar Beispiele: „die Bayern-SPD, die Landesleitung der CSU, die Hanns-Seidel-Stiftung, auch die Stiftung bayerische Gedenkstätten“.

Im bayerischen Landtag gibt's lediglich 28 Sonderausweise


Das eigentliche „Forum für Lobbyarbeit“, so Gojic, sei „der parlamentarische Abend als Einrichtung, zu der die Fraktionen Verbände und Organisationen ihrer Wahl einladen können“. Lobbyvertreter, die das ganze Jahr über uneingeschränkt Zugang zum Maximilianeum haben, scheint es tatsächlich nicht in nennenswerter Zahl zu geben. Wobei der bayerische Landtag sowieso ein relativ offenes Parlament ist. Gojic: „Rein kommen die Leute so oder so.“ Zum Beispiel deshalb, weil die Ausschüsse öffentlich tagen.
Klar: Der Bundestag hat mit 631 Abgeordneten dreieinhalb mal so viele Mitglieder wie der bayerische Landtag mit 180. Und der Bundesgesetzgeber ist für Lobbyisten in der Regel entschieden interessanter. Dennoch bleibt rätselhaft, warum auf jeden Bundestagsabgeordneten rein rechnerisch 3,7 Lobbyisten warten, während im Landtag auf 6,4 Abgeordnete nur ein Lobbyvertreter kommt.
Lobbymann Lars, wie ihn das ZDF-Magazin „frontal 21“ nennt, ist demnach im Bundestag zuhause. Nur dort müssen die Abgeordneten damit rechnen, dass plötzlich der Müslimensch von Seitenbacher vor ihrem Büro steht und auf sie einschwatzt. Oder der Vertreter von Heckler&Koch ihnen das neue G37 anpreist. (Florian Sendtner)

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