Politik

12.09.2014

Wiesn-Attentat: Neu ermitteln!

Ein Kommentar von Tobias Lill

Der Tod kam um 22.19 Uhr. Der rechtsextreme Gundolf Köhler war an jenem 26. September 1980 gerade dabei, einen Sprengsatz in einem Abfalleimer am Haupteingang zum Oktoberfest zu verstauen, als die Bombe plötzlich explodierte. 13 Menschen starben, mehr als 200 wurden verletzt. Schnell war für die Ermittler klar, dass Köhler den blutigsten Anschlag der Republik im Alleingang verübt habe. Nach Jahren des Zögerns soll jetzt möglicherweise neu ermittelt werden.
Reichlich spät. Denn bereits kurz nach der Tat waren zahlreiche Indizien aufgetaucht, die auf Mittäter deuteten: Zeugen hatten Hinweise auf mögliche Komplizen Köhlers gegeben. Ein Befragter hatte ihn kurz vor der Explosion mit zwei Männern streiten sehen. Und Köhler hatte nachweislich Kontakte zu rechten Terrornetzen. Auch Kleinigkeiten, wie ein kurz vor dem Attentat von Köhler abgeschlossener Bausparvertrag, passen nicht ins Bild des frustrierten Solo-Attentäters.

Franz Josef Strauß wollte damals Kanzler werden - da passte es gut, die RAF zu beschuldigen


Doch warum ging die Polizei all dem nicht wirklich nach? Weil der damalige CSU-Kanzlerkandidat Franz-Josef-Strauß im Bundestagswahlkampf vorschnell die RAF für das Massaker verantwortlich machte und die rechte Gefahr verharmloste? In den vergangenen Jahren wurden immer mehr Ungereimtheiten bekannt: So hatte die Polizei mehr als 40 Zigarettenkippen von sechs unterschiedlichen Marken in Köhlers neben der Wiesn abgestelltem Auto gefunden. Ein Stück einer abgerissenen Hand, deren Fingerabdruck sich auch in Köhlers Wohnung fand und die keinem Opfer zugeordnet werden konnte, gibt ebenso Rätsel auf. War es die Hand eines Mittäters? DNA-Tests könnten hier möglicherweise Aufschluss geben. Doch ein Teil der Asservaten wurde bereits 1997 vernichtet – ein beim RAF-Terror undenkbares Vorgehen.
Andere von den Ermittlern damals gesammelte, aber nicht weiterverfolgte Spuren sind noch vorhanden, müssen teils aber neu ausgewertet werden. Im Schatten der NSU-Mordserie will die Bundesanwaltschaft jetzt eine Wiederaufnahme des Verfahrens endlich „intensiv“ prüfen. Grund sind neu aufgetauchte Beweise: noch nicht untersuchte Kriminalakten und die Aussage eines weiteren Zeugen, der mögliche Mittäter Köhlers gesehen hat. Bleibt zu hoffen, dass es zur Wiederaufnahme kommt. Das ist der Staat den Opfern schuldig.

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