Politik

Die Zahl der Übergangsklassen an Grund- und Mittelschulen, die Kindern den Einstieg erleichtern sollen, wurde in Bayern von 300 auf 470 erhöht. (Foto: dpa)

09.09.2015

"Wir haben keinerlei Reserven"

Am Dienstag startet die Schule - auch für viele schulpflichtige Flüchtlinge. Der Lehrerverband schlägt Alarm. Kultusminister Spaenle dagegen sieht sich gut gerüstet

Kurz vor Beginn des neuen Schuljahres beklagt der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) eine unzureichende Personalausstattung der Schulen beklagt. Für den regulären Unterricht reiche es zwar, Zusatz- und Förderangebote seien aber vielerorts nicht möglich, erklärte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. Zudem seien die Schulen nur unzureichend auf die große Zahl von Flüchtlingskindern vorbereitet. "Da mangelt es an allem, zum Beispiel an Dolmetschern, an Pädagogen, an Psychologen und an zusätzlich unterstützendem Personal." Fleischmann fürchtet zudem, dass es bei der Lehrerversorgung im Laufe des Schuljahres eng werde.

"Zusätzliche Angebote wie Arbeitsgruppen, Förderstunden oder Differenzierungen sind an vielen Schulen nicht möglich", kritisierte Fleischmann. Viele Schulleitungen verfügten zudem über keinerlei Reserven. "Die ständig steigende Zahl von Flüchtlingskindern erfordert jetzt ausreichende zusätzliche Ressourcen. Wir brauchen einen Seismographen für die Unterrichtsversorgung", forderte sie.

Lehrerverband fordert mehr Stellen und mehr Geld

Fleischmann forderte mehr Lehrerstellen und mehr Geld für die Schulen im Nachtragshaushalt: "Die vielfältigen Zusatzaufgaben in den Schulen können nicht mit den zugeteilten Lehrerstellen geleistet werden." Dazu müsse deutlich mehr Geld in die Hand genommen werden. "Gute Schulesteht und fällt mit einer guten Ausstattung. Wie sonst sollten die Herausforderungen im kommenden Schuljahr bewältigt werden?" Kultusminister Ludwig Spaenle sieht Bayerns Schulen dagegen gut gerüstet. "Wir können am Dienstag gut starten", sagte er. Man werde dann im Laufe des Schuljahres aber flexibel auf weiter steigende Schülerzahlen reagieren. "In dem Bereich ist eine hohe Dynamik." Mit wie vielen zusätzlichen Schülern man bis zum Jahresende insgesamt rechnen müsse, konnte Spaenle derzeit noch nicht sagen. Er sprach aber von einer Zahl "im Zehntausenderbereich".

Kultusminister Spaenle: Zahl der Übergangsklassen wird erhöht

Die Schulen in Bayern stehen aktuell vor der Herausforderung, viele schulpflichtige Flüchtlinge aufzunehmen und zu unterrichten. Deshalb werde die Zahl der Übergangsklassen an Grund- und Mittelschulen, die den Kindern den Einstieg erleichtern sollen, von 300 zu Beginn des vergangenen Schuljahres auf 470 im neuen Schuljahr erhöht. Darüber hinaus gebe es Deutschförderklassen und -förderkurse. Und an den Berufsschulen werde es 440 Berufsintegrationsklassen geben, erläuterte Spaenle. Vor einem Jahr waren es noch gut 180.
Spaenle kündigte an, die weitere Entwicklung genau zu beobachten. Gegebenenfalls könnten zum Halbjahr weitere Klassen gebildet werden -wie auch schon zum vergangenen Halbjahr. Auch in den Verhandlungen über den Nachtragshaushalt für 2016 dürfte die Bildungspolitik angesichts der vielen Flüchtlinge eine zentrale Rolle spielen.

Auch die Opposition kritisiert unzureichende Personalausstattung

Die Opposition sieht großen Handlungsbedarf und fordert dringend mehr Lehrer, um die wachsende Zahl von Flüchtlingskindern zu bewältigen. "Wir müssen dafür sorgen, dass diese Kinder möglichst schnell Deutsch lernen und in den Unterricht integriert werden. Das ist einer der Kernpunkte der gesamten Integration der Zuwandererfamilien", erklärte der SPD-Bildungsexperte Martin Güll. Seine Forderung: "Wir müssen jetzt zunächst einmal 200 bis 300 fertig ausgebildete hoch qualifizierte Lehrkräfte, die ohne Job sind, einstellen und sie zur Betreuung von oft traumatisierten Flüchtlingskindern weiterbilden." Am ersten Schultag nächste Woche sei wahrscheinlich genug Personal vorhanden, aber die Zahl der Flüchtlinge wachse ja weiter, betonte Güll.

Die Freien Wähler forderten sogar 1000 zusätzliche Lehrerstellen. Die entsprechenden finanziellen Mittel dafür müssten im Nachtragshaushalt bereitgestellt werden, sagte der bildungspolitische Sprecher Günther Felbinger. Er schlug zudem vor, die bisherigen Übergangsklassen in "Willkommensklassen" umzubenennen. Schulpflichtige Flüchtlinge und Asylbewerber sollen darin zügig die deutsche Sprache erlernen, damit sie bald in reguläre Klassen wechseln könnten. Zudem forderte Felbinger, mehr Schulpsychologen an bayerischen Schulen einzusetzen.

Die Grünen forderten die Einstellung 1000 neuer Deutschlehrer, die bayernweit zur systematischen Sprachförderung in allen Schularten eingesetzt werden könnten. "Lange Diskussionen sind das letzte, was wir jetzt brauchen - schnell handeln und Geld in die Hand nehmen, das muss die Devise sein", betonte der Bildungsexperte Thomas Gehring. (dpa)

Kommentare (2)

  1. Claudia am 10.09.2015
    Gibt halt der Hausmeister bei uns Putzunterricht!
    Ich kann keine Aufsicht machen.
  2. Klaus am 09.09.2015
    Gleichzeitiges unterrichten von 3 Klassen ist leider nicht möglich,
    weil auch Lehrer sich nicht zerteilen können!
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