Politik

Patrick Slapal (27) hofft, dass sich die CSU irgendwann von Argumenten überzeugen lässt und Parteitaktik hintenan stellt. (Foto: privat)

11.12.2015

"Wir wollen auch auf unsere Gegner zugehen"

Patrick Slapal hat beim CSU-Parteitag im November eine Netzwerk-Initiative für Homosexuelle ins Leben gerufen. Was ist daraus geworden, welche Signale kommen aus der CSU?

So schlimm wie früher ist es nicht mehr. Auch wenn CDU und CSU vom Bundesverfassungsgericht dazu gedrängt werden mussten – sie akzeptieren mittlerweile die weitreichende Gleichstellung homosexueller Paare. Doch den Status „Ehe“ für Gleichgeschlechtliche lehnen sie weiterhin ab. Das will der Münchner Patrick Slapal, Vizechef des Schwabinger JU-Kreisverbandes, ändern. Er hat deshalb eine Netzwerk-Initiative für Homosexuelle in der CSU gegründet. BSZ:  Herr Slapal, warum haben Sie sich für Ihr politisches Engagement eine Partei ausgesucht, die Probleme mit Homosexuellen hat?
Patrick Slapal: Als ich beschlossen habe, politisch aktiv zu werden, war ich 14. Zu dem Zeitpunkt war ich mir über meine sexuelle Orientierung noch gar nicht im Klaren. Und die CSU war nun mal die Partei, deren Inhalte mich am stärksten ansprachen. Ich bin mit 14 Jahren in die Junge Union (JU) eingetreten, damals noch in meinem Wohnort Puchheim. Und bin sofort in den Ortsvorstand gewählt worden, bald danach war ich Ortsvorsitzender. Vier Jahre später bin ich Mitglied der CSU geworden. Als ich mein sexuelles Coming-out hatte, haben das alle mitgekriegt, und alle haben es akzeptiert. Keiner hat mich deshalb schief angeschaut. Was ich aber nicht wollte: in der Partei bleiben und deren Abwehrhaltung gegenüber Schwulen einfach runterschlucken. Da wäre ich mir wie ein Verräter vorgekommen. Deshalb will ich versuchen, die Partei in dieser Frage zu einem Umdenken zu bewegen.

"Sogar eine Hetero-Frau kam zu unserem Treffen"

BSZ:  Sie haben im Anschluss an den CSU-Parteitag Mitte November eine Netzwerk-Initiative gegründet, die Homosexuellen-Rechte in der CSU voranbringen will. Wie ist das erste Treffen gelaufen?
Slapal: Sehr gut. Ich hatte bereits im Vorfeld des Parteitags etliche Gespräche mit Parteifreunden geführt. Am Abend nach dem Parteitag kam es dann zu der Zusammenkunft in einem Münchner Lokal, ungefähr 20 Leute waren da – CSU-Mitglieder aller Altersgruppen. Hauptsächlich Männer, aber es war auch eine Hetero-Frau dabei. Ich habe aber auch nach dem Treffen noch viel Unterstützung erfahren – über Facebook zum Beispiel. Viele Leute haben ja erst nach dem Parteitag registriert, dass es jetzt eine Gruppe gibt, die sich für Homosexuellen-Rechte in der CSU einsetzt. BSZ:  Viele CSUler sind genervt von der Debatte um die Ehe. Die sagen: Warum muss es der Begriff „Ehe“ sein, warum reicht „eingetragene Lebenspartnerschaft“ denn nicht aus?
slapal: Ich glaube, vielen ist gar nicht klar, was das konkret bedeutet. Dass die beiden Bezeichnungen „Ehe“ und „eingetragene Lebenspartnerschaft“ Homosexuelle nämlich zu einem Zwangs-Outing nötigen – auf Ämtern zum Beispiel, oder wenn man eine Bewerbung schreibt mit Lebenslauf. Wenn da steht „in eingetragener Partnerschaft lebend“, ist sofort klar, dass man homosexuell ist. Das möchte nicht jeder. Auch deshalb nicht, weil Diskriminierung noch immer weit verbreitet ist. BSZ: Die CSU-Bezirksverbände Niederbayern und Schwaben haben beim Parteitag Anträge eingebracht, wonach Ehe weiterhin nur zwischen Mann und Frau möglich sein soll. Wie sehr nervt Sie der ausdauernde Drang Ihrer Partei zur Ausgrenzung?
Slapal:  Der Parteitag hat ja über diese Anträge nicht abgestimmt. Die Antragskommission hat beschlossen, dass die Anträge an die Grundsatzkommission überwiesen werden. Das finde ich gut. Denn tatsächlich handelt es sich hier ja um eine sehr grundsätzliche Frage. Im Übrigen: Ich möchte auch Menschen, die gegen eine völlige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der Ehe sind, die Hand reichen und sagen: Kommt doch, redet mit uns und macht euch selbst ein Bild.

"Ich hoffe einfach auf die Kraft des Arguments"

BSZ:  Woher rührt Ihr Optimismus? Der Vorsitzende der Grundsatzkommission Markus Blume hat bereits erkennen lassen, dass die CSU die „Ehe“ auch künftig nur für Mann und Frau will.
Slapal: Ich hoffe einfach auf die Kraft des Arguments. Die Mehrheit der Wähler ist doch längst dafür, und ich bin überzeugt, auch die Mehrheit der CSU-Anhänger hätte kein Problem mit der Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft. Darüber möchten wir mit Herrn Blume sprechen. BSZ: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat die Homosexuellen in seiner Zeit als CSU-Generalsekretär als „schrille Minderheit“ bezeichnet. Offenbar, weil er dachte, das trifft die Mehrheitsmeinung der Wähler.
Slapal:  Diese Aussage von Herrn Dobrindt war nicht sehr hilfreich. Ich glaube, dass die Hardliner in der Partei inzwischen in der Minderheit sind. Die CSU diskutiert gerade über Leitkultur – und sagt selbst, dass gleiche Rechte für Homosexuelle dazugehören. Was übrigens auch die Meinung von Bundespräsident Joachim Gauck ist. Wenn die CSU im Jahr 2017 ihr Grundsatzprogramm neu schreibt, muss sie hier ein Zeichen setzen. BSZ:  Wie viele homosexuelle CSU-Mitglieder, die ihre sexuelle Orientierung vor Ihrer Partei geheim halten, kennen Sie?
Slapal:  Viele. Aber das ist nicht nur ein Problem innerhalb der CSU. Das gibt es auch in der SPD. Vor allem aber ist es ein Problem in der Gesellschaft, hauptsächlich im ländlichen Raum. Die Menschen befürchten Nachteile, wenn ihre Homosexualität öffentlich wird. BSZ: Wünschen Sie sich auch, dass aus Ihrer Netzwerk-Initiative ein offizieller CSU-Arbeitskreis wird? Dann hätten Sie mehr Möglichkeiten, könnten zum Beispiel Anträge beim Parteitag stellen.
Slapal: Ich habe keine Angst davor, in der CSU niemanden zu finden, der beim Parteitag einen Antrag stellt. Ob wir jetzt ein Arbeitskreis sind oder nicht, ist derzeit nicht das Hauptproblem. Wir wollen möglichst viele Menschen erreichen, die dann ihrerseits für Akzeptanz werben in der Partei. Wir wollen inhaltlich etwas erreichen und sind da nicht auf einen bestimmten Status – Netzwerk-Initiative oder Arbeitskreis – fixiert. Aber natürlich würde ich mich darüber freuen, wenn aus der CSU das Signal käme, ja, aus eurer Initiative soll ein Partei-Arbeitskreis werden.
(Interview: Waltraud Taschner)

Kommentare (3)

  1. HinderdenKulissen am 12.12.2015
    Die Union hat in der Vergangenheit ein geradezu bewundernswertes (Miss)Geschicke bewiesen, Roten und Grünen potenzielle Wähler zu überlassen, die sich eigentlich in einer liberal-konservativen Partei besser vertreten fühlen müssten. Neben gut situierten, wirtschaftlich erfolgreichen Homsexuellen (nur weil man schwul ist, ist man ja nicht zwangsläufig links!) waren das auch die aufstiegsorientierten, bildungsaffinen Migrantenfamilien. Merkel hat das begriffen, deshalb geifern Hofreiter und Göring-Eckardt ja so, die wissen, dass die Zeit gegen sie arbeitet... Möge es die CSU doch auch bald begreifen - denn dann könnten Bause und Rinderspacher schon mal die Koffer im Landtag packen ...
  2. Werner am 12.12.2015
    Die CSU war nun mal die Partei, deren Inhalte Herrn Patrick Slapal als 14-jaehrigen (ca. im Jahre 2002) am stärksten ansprachen. Ob ein homosexueller Fluechtling aus Osteuropa (z.B. Russland) oder Afrika (z.B. Kenia), der im heutigen Alter von Herrn Slapal fuer sich Asyl beantragt oder um den Nachzug seines Lebenspartners erreichen will, sich auch von den heutigen Inhalte der CSU besonders positiv angesprochen wird, ist mehr als zweifelhaft. Aber gerade diese Fragen machen doch deutlich, dass die Ehe fuer ALLE ein lebenswichtiges Ziel ist. Ich wurde 1949 in Bayern in einer Fluechtlingsfamilie geboren die 1952 nach Bonn umsiedeln konnte, wo ich 1972 nach meinem Coming Out die Bonner Schwulengruppe mit ins Leben rief.
    Werner Janik-Mehlem
  3. David am 11.12.2015
    Viel Erfolg wünsche ich Herrn Patrick Slapal und seinen Mitstreitern. Erhalten Sie sich die Kraft und Ausdauer diesen "Marathonlauf" zu gewinnen!
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