Politik

Immer mehr Fehltage gehen auf das Konto psychischer Krankheiten: Entspannung und Bewegung können helfen. (Foto: Getty)

23.05.2014

Yoga in der Mittagspause

Gegen Bewegungsmangel und Stress: Immer mehr Unternehmen in Bayern kümmern sich um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter

Rückenschule, Gehirnjogging oder Kochkurse – bayerische Unternehmen lassen sich eine Menge einfallen für die Fitness ihrer Mitarbeiter. Vor allem in den großen Unternehmen wird seit Jahren viel für die Gesundheit getan. Fitnessräume, Gesundheitswochen, Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen – all das gehört bei Konzernen wie BMW, Siemens oder Deutsche Bahn längst zum Standard. Auch die Stadt München und der Landtag verfügen über eigene Fitness-Oasen, in denen Mitarbeiter und Abgeordnete schwitzen können.
Für kleinere und mittlere Unternehmen ist ein eigenes Studio natürlich meist keine Option. Aber auch dort setzt sich die Erkenntnis langsam durch: Gesundheitsvorsorge im Betrieb wird immer wichtiger. Satte sieben Stunden sitzen Beschäftigte im Schnitt jeden Arbeitstag. Mit ein Grund, warum ein Viertel aller Fehlzeiten in Bayern  auf Muskel- und Skeletterkrankungen zurückgeht. 2013 haben bayerische Betriebe laut AOK-Statistik 4,4 Prozent aller Kalendertage wegen Arbeitsunfähigkeit von Mitarbeitern verloren. Das ist zwar der bundesweit geringste Krankenstand, allerdings ist er im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen.

Schon kleinste Maßnahmen können helfen


Doch die Aussicht auf eine Reduzierung der Fehltage alleine reicht wohl nicht. Aktuell setzen nur 36 Prozent der Betriebe mit weniger als 400 Mitarbeitern Gesundheits-Maßnahmen um, wie eine Umfrage im Auftrag der Krankenkasse IKK classic zeigt. „Die Motivation und das Potenzial sind in den meisten Betrieben vorhanden“, sagt Klaus Dank, Vorsitzender im Landesbeirat. Aber es gebe oft Ängste vor zu hohen Kosten und knappen personellen Ressourcen.
Dabei helfen oft schon kleine Maßnahmen. Ein Korb mit frischem Obst in der Kaffeeküche oder ein Lauftreff. Auch das gehört in den Bereich betriebliches Gesundheitsmanagement, betont Eberhard Sasse, Präsident der IHK für München und Oberbayern. Dass aber auch bei kleineren Betrieben mehr möglich ist, zeigt das Beispiel der ConSol Software GmbH in München. Dort haben die rund 185 Mitarbeiter das Gesundheitsangebot mitgestaltet. Herausgekommen ist eine vielfältige Palette an Maßnahmen vom Yogakurs und Inhousemassage über Didgeridoounterricht bis hin zur Stressberatung. „Nur wer sich gut fühlt, arbeitet auch gut“, erklärt Andrea Stellwag, Geschäftsführerin Personal und Finanzen, die selbst Stammkundin im wöchentlichen Yoga-Kurs ist. Rund 80 Prozent der Mitarbeiter nutzen die Angebote. Das Resultat: Überdurchschnittliche Zufriedenheit und Motivation. Dazu kommt ein niedriger Krankenstand.
Unternehmen, die sich im Bereich betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) engagieren, erhalten einen Steuervorteil von bis zu 500 Euro pro Jahr und Mitarbeiter. Und Studien belegen: Für jeden investierten Euro in diesem Bereich können Firmen zwischen 2,50 und acht Euro einsparen. Dazu kommt: Es gehört zum gesetzlichen Auftrag der Krankenkassen, Unternehmen zu unterstützen. Die AOK Bayern betreute 2012 26 Prozent aller BGM-Projekte in Deutschland. Im Freistaat haben 3000 Unternehmen den kostenlosen Service der Kasse genutzt: Bestandsaufnahme, Ermittlung von Handlungsbedarf, Erarbeitung und Durchführung von Maßnahmen samt Ergebniskontrolle. „Seit 2000 wächst die Nachfrage kontinuierlich“, sagt Werner Winter, Fachbereichsleiter BGM.

Besorgniserregend: der starke Anstieg an psychischen Erkrankungen


Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml freut das. Sie setzt vor allem auf die Prävention psychischer Krankheiten, zum Beispiel mit der Initiative Kein Distress in der Ausbildung. „Besonders besorgniserregend ist, dass sich immer Menschen wegen psychischer Erkrankungen arbeitsunfähig melden“, sagt Huml der BSZ. Von 1997 bis 2012 stieg die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen allein bei den DAK-Versicherten um 165 Prozent. 15 Prozent aller Fehltage lassen sich darauf zurückführen. Bei der AOK sieht es ähnlich aus. „Die psychischen Belastungen haben zugenommen, auch weil die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwinden“, sagt Winter. Angebote zur Stressbewältigung würden deshalb immer mehr nachgefragt. Nur Maßnahmen zum Thema Ergonomie und Bewegung seien noch begehrter.
Auch bei den Themen Stress und Psyche steht am Beginn eine Analyse. Kommunikationskurs, Stressberatung, aber auch die Umstellung von Arbeitsabläufen können dann geeignete Maßnahmen sein. Gewerkschaften und Opposition fordern seit Langem eine Anti-Stress-Verordnung, die Arbeitgeber verpflichten würde, Schutzmaßnahmen gegen schädliche psychische Faktoren zu treffen. Huml sieht dafür keine Notwendigkeit. „Die Bedeutung psychischer Fehlbelastungen im Beruf ist in den Unternehmen angekommen und wird in den Angeboten zur betrieblichen Gesundheitsförderung bereits in vielfacher Hinsicht berücksichtigt“, sagt sie.
Auch im Gesundheitsministerium gibt es  zahlreiche Angebote – darunter Rückenschule und Yoga. Huml selbst sieht man dort aber nicht. Sie sagt: „Mein zweijähriger Sohn hält mich fit! Wann immer mir Zeit bleibt, geht’s mit der ganzen Familie an die frische Luft.“ (Angelika Kahl)

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