Politik

Knapp ein Fünftel aller Verurteilten in Bayern sind weiblich. (Foto: DAPD)

17.08.2012

Zahl der Tatverdächtigen gesunken

Simone Strohmayr (SPD) hat sich über Straffälligkeit bei Frauen in Bayern informiert

Diebstahl ist die Tat, wegen der weibliche Straftäter in Bayern am häufigsten verdächtigt und auch verurteilt werden: Im Jahr 2011 sind insgesamt 38 758 Frauen im Freistaat wegen Diebstahls – einfachem wie Ladendiebstahls – verdächtigt worden. 5041 von ihnen wurden schließlich wegen dieses Delikts verurteilt. Das ergibt sich aus einer Statistik des bayerischen Justizministeriums. Anlass für die Aufstellung war eine schriftliche Anfrage der SPD-Abgeordneten Simone Strohmayr zum Thema „Straffälligkeit bei Frauen“ in Bayern. Diese ist laut dem Ressort von Justizministerin Beate Merk (CSU) im Bereich der Tatverdächtigungen rückläufig: „Die Zahl der tatverdächtigen Frauen in Bayern ist seit dem Jahr 2007 gesunken. Bayernweit lässt sich ein Rückgang von 5,6 Prozent verzeichnen“, teilt das Ministerium mit. 93 545 aus verschiedenen Delikt-Bereichen waren es 2011.

Bayern: 18,8 Prozent der Verurteilten sind Frauen

Anders sieht es dagegen bei der Zahl der verurteilten Frauen aus: Nach einem Rückgang in den Jahren 2008 und 2009 sei diese in den Jahren 2010 und 2011 wieder leicht gestiegen. Den 23 072 schuldig gesprochenen Frauen aus 2009 stehen in der Statistik für das Jahr 2010 exakt 23 482 gegenüber. Im vergangenen Jahr sind 23 622 Frauen verurteilt worden.
Eine Annahme, die in den Medien häufig zu lesen ist, widerlegt zumindest die bayerische Statistik: Frauen werden nicht häufiger kriminell als in der Vergangenheit. Konkret: „Der Anteil der Frauen an den Verurteilten insgesamt ist in Bayern in den Jahren 2008 und 2009 jeweils leicht gesunken, hat im Jahr 2010 stagniert und ist im Jahr 2011 auf einen Wert gestiegen, der 0,1 Prozent über demjenigen des Jahres 2007 liegt“, hat das Justizministerium errechnet. Demnach machen sie 18,8 Prozent – knapp ein Fünftel – unter sämtlichen Verurteilten im Freistaat aus.
Ein Blick auf die Art der Straftaten, wegen der Frauen im Freistaat überwiegend verdächtigt respektive wegen der sie verurteilt werden, zeigt: Kapitalverbrechen gibt es unter den sieben häufigsten nicht – weder bei den Verdächtigungen noch bei den Verurteilungen. An erster Stelle steht bei den Verurteilungen für das Jahr 2011 Diebstahl (5041). Es folgen Betrug (3830), Trunkenheit im Verkehr (1536), unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (1371), Erschleichung von Leistungen(1507), Urkundenfälschung (809), Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (1169).
Diese Straftaten dominieren seit Jahren das Bild straffällig gewordener Frauen in Bayern. Von einer steigenden Aggressivität bei Frauen, die in entsprechend schwerwiegenden Delikten zum Ausdruck kommt, kann also in der Zusammenschau nicht die Rede sein. Allerdings: Die Zahl der wegen Körperverletzung tatverdächtigen Frauen ist seit dem Jahr 2007 um fast 1000 angestiegen: von 11 460 auf 12 507.
„Wie viele Haftplätze für Frauen gibt es derzeit?“, hat Strohmayr nachgefragt. 862 verteilt auf neun Justizvollzugsanstalten bayernweit. Die Belegungsquote dieser Einrichtungen ergibt: Viele dieser JVAs sind deutlich überbelegt. Zu Beginn dieses Jahres sah es in den verschiedenen Einrichtungen folgendermaßen aus: Aichach (101,8 Prozent), Aschaffenburg (108,3 Prozent), Bamberg (120 Prozent), Memmingen (125 Prozent), München (102,5 Prozent), Nürnberg (101,6 Prozent), Traunstein (140 Prozent) und Würzburg (118,7 Prozent). Lediglich in Regensburg sind mit einer Belegung von 68,8 Prozent noch Plätze frei. Nach einer Inhaftierung sind die Probleme für die Gefangenen nicht gelöst. Im Gegenteil, etliche haben Schwierigkeiten, ihr Leben zu finanzieren. Anspruch auf Arbeitslosengeld beispielsweise haben laut Justizministerium nur diejenigen, „die in den letzten zwei Jahren vor ihrer Entlassung mindestens zwölf Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren“.

Nach der Haft: Wenig staatliche Unterstützung

Steht den Ex-Inhaftierten kein Arbeitslosengeld zu und verfügen sie weder über Vermögen noch über finanzielle Unterstützung von Freunden und Familie können sie Grundsicherung – früher Sozialhilfe – beantragen. In Einzelfällen werde finanzielle Unterstützung für „die Erstausstattung der Wohnung einschließlich von Haushaltsgeräten“ genehmigt.
Andere Leistungen wie Schuldner- oder Suchtberatung bietet der Freistaat nicht an: „Staatliche Mittel stehen dafür nicht zur Verfügung“, heißt es in der schriftlichen Antwort. Stattdessen wird auf die Träger der freien Wohlfahrtspflege verwiesen. Diese verfügten über ambulante und stationäre Einrichtungen, „um den aus der Haft entlassenen Frauen professionelle Unterstützung und Begleitung anzubieten, die den Frauen hilft, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren“.
Strohmayr hatte auch wissen wollen, wo es in Bayern so genannte Übergangswohnheime für aus der Haft entlassene Frauen gibt, die über keine eigene Bleibe verfügen. Die Antwort aus dem Merk-Ressort klingt wenig motiviert: „Eine umfassende Übersicht über bestehende Übergangswohnheime liegt hier nicht vor.“ Im Bereich Augsburg biete der Sozialdienst Katholischer Frauen ein Wohnhilfeprojekt für Frauen mit oder ohne Kinder an, die von Wohnungsverlust bedroht oder von Obdachlosigkeit betroffen sind.
Davon abgesehen ist man im Justizministerium folgender Ansicht: „Die personellen und finanziellen Ressourcen sind effektiv im Sinne eines geordneten und sicheren Justizvollzugs einzusetzen und lassen ein darüber hinausgehendes Engagement nicht zu.“ Prävention klingt anders.
(Alexandra Kournioti)

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