Politik

11.11.2011

Zahlenspiele ohne die Dunkelroten

Bayerns Linke hat sich mit endlosem Streit ins Abseits manövriert, rangiert bei 3 Prozent und hat jetzt einen ihrer Besten verloren

Nach der angekündigten Spitzenkandidatur Christian Udes (SPD) für die Landtagswahl 2013 und die günstigen Umfragewerte für ein mögliches Dreierbündnis aus SPD, Grünen und Freien Wählern jonglieren die Parteiarithmetiker eifrig mit Zahlen: Wer braucht wieviel Prozent der Wählerstimmen, damit es bei drei, vier, fünf oder – wenn es die Piraten schaffen – vielleicht sogar sechs Landtagsfraktionen zum Regieren reicht? Und welche Partei schafft es überhaupt wieder ins Parlament?
Bei all den Rechenexempeln spielt eine Partei, die dem Einzug in den Landtag 2008 mit 4,4 Prozent recht nah war, praktisch keine Rolle mehr: die Linke. Dabei überflügelten die Dunkelroten bei der jüngsten Emnid-Umfrage sogar die Regierungspartei FDP, die auf nur noch 2 Prozent kam, um einen Prozentpunkt. Weil Bayerns Linke aber seit Jahren nur mit Streit statt inhaltlicher Arbeit auffällt, sind die Landtagsparteien mit Blick auf die dunkelrote Konkurrenz nicht sonderlich nervös. Harald Güller, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, prognostiziert für die Linke ein Landtagswahlergebnis von höchstens 2 Prozent. Natürlich, warnt Güller, „wären das Stimmen, die uns fehlen und deshalb der CSU nützen“.


In Umfragen besser als die FDP


Ungünstig für Bayern Linke dürfte sich neben dem Dauerstreit auch die Entwicklung der (Bundes-)SPD auswirken: Die ist programmatisch zuletzt eher nach links gerückt. Zudem sind Gewerkschaften und SPD einander nach Jahren der Entfremdung wieder nähergekommen. Zudem hat jedenfalls die bayerische Linke kaum charismatische Führungsfiguren zu bieten.
Einen ihrer besten Leute, den Ex-Landesvorsitzenden Michael Wendl, einst ÖTV-Chef in Bayern, hat die Linke erst konsequent gemobbt und jetzt kommentarlos ziehen lassen. Anfang November ist Wendl nach dreijähriger Parteizugehörigkeit aus der bayerischen Linken ausgetreten. Zuletzt hatte er als Vorsitzender des Kreisverbands München amtiert. Der 61-jährige frühere Sozialdemokrat war mit seinem Anspruch gescheitert, in der Linken Raum für pragmatische Positionen zu schaffen und eine liberale Debattenkultur zu etablieren. Die Mehrzahl der aktiven Parteimitglieder, klagt Wendl, sei „eingenäht in eine ideologische Zwangsjacke“, das Ausmaß an Intoleranz sei „ungewöhnlich hoch“. Und der menschliche Umgang im Landesvorstand erinnert Wendl „an eine Kaderpartei“. Auch mit Blick auf das beim Bundesparteitag beschlossene Programm bilanziert Wendl: „Die Linke hat sich in die Rolle einer Totalopposition begeben.“ Forderungen wie die nach Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich findet der frühere Gewerkschafter schlicht „utopisch“.

Den Linken-Chefs ist's egal


Den Verlust Wendls, der regelmäßig bundesweit beachtete Arbeiten zur Wirtschaftspolitik und zur Konjunkturanalyse publiziert, nahm die Linke mit Gleichmut hin. Der aus Bayerns stammende Bundesvorsitzende Klaus Ernst reagierte ebenso wie der bayerische Landeschef Xaver Merk: nämlich gar nicht.
Ob Wendl in den Schoß der SPD zurückkehrt, der er immerhin eine gute Debattenkultur bescheinigt, ist unklar. Wendl sagt: „Das will ich mir offenhalten.“ (Waltraud Taschner)

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