Unser Bayern

Adidas-Fußballschuh von Fritz Walter zur WM 1954. (Foto: dpa)

01.01.2017

Aus der Waschküche hinaus in die Welt

Zwei Brüder – zwei Weltfirmen: Rudolf und Adolf Dassler haben Herzogenaurach zur Sportstadt gemacht

Im Herzogenauracher Schlossinnenhof steht seit November 2008 der Schusterbrunnen – er erinnert an die Tradition des Handwerks in der mittelfränkischen Stadt. In der Region werden die Herzogenauracher gern als Schlappenschuster tituliert. Der Brunnen zeigt einen alten Schuster auf einem Dreifuß, der einen Schuh repariert. Hinter ihm ziehen jeweils zwei Kinder an einem Seil. Ihre Füße stecken in viel zu großen Schuhen, die durch drei Streifen oder den springenden Puma den beiden Schuhfirmen zuzuordnen sind, die Herzogenaurach weltbekannt machten. In der Stadt (knapp 24 000 Einwohner) finden sich die Verwaltung und die Produktentwicklung von adidas und Puma. Adidas verlagerte ab 1997 seinen Sitz auf die Herzo-Base – nur unweit davon entfernt, am Hans-Ort-Ring, ist die Firmenzentrale von Puma; die Eröffnung mit dem Namen „PumaVision Headquarters“ war im Oktober 2009.  Heuer, im Jahr der Fußball-Europameisterschaft, sah man lange auf dem sogenannten Postkreisel in der Erlanger Straße, sowie beim Kreisverkehr am Olympiaring eine große Variante des offiziellen EM-Spielballs, den adidas mit dem Namen „Beau Jeu“ herstellte. Im Juli 2015 wurde auf der Mittelinsel eines Kreisverkehrs an der Flughafenstraße eine 3,50 Meter hohe Glasstele mit einem springenden Puma, dem Firmenlogo von Puma, montiert. Wie kam es dazu, dass gleich zwei so bedeutende Firmen der Sportbranche in Herzogenaurach ansässig sind? Ursprünglich war es eine Tuchmacherstadt. Durch den Niedergang der handwerklichen Weberei verlagerten sich die Herzogenauracher allmählich auf die Schuhherstellung. Zunächst in Heimarbeit für Fabrikant Ordenstein in Nürnberg, dann für Max Brust, dessen Firma später mit der von Louis Berneis fusionierte. Im Jahr 1890 übernahmen die „Vereinigten Fränkischen Schuhfabriken vorm. Max Brust vorm. B. Berneis AG“ das Gebäude der ehemaligen Maschinenspinnerei Dickas und Compagnie an der Würzburger Straße als Filialbetrieb. Ab 1915 mussten jedoch nach und nach die ersten Schuhfabriken schließen – viele Herzogenauracher Arbeiter gingen in die Nürnberger Rüstungsindustrie. Schließlich produzierten in Herzogenaurach im Jahr 1917 nur noch die Vereinigten Fränkischen Schuhfabriken Militärschuhe und Holzschuhe. Im November 1919 gründeten die Brüder Rudolf und Adolf Dassler in Herzogenaurach die Sportschuhfabrik Dassler und meldeten das Gewerbe bei der Stadt an. Dass die beiden Inhaber einer großen Firma sein würden, war keineswegs vorgezeichnet. Rudolf Dassler (Jahrgang 1898) hatte zwar in der „Fränkischen Schuhfabrik“ gearbeitet, war aber nach dem Einsatz im Ersten Weltkrieg als Geschäftsführer in einer Porzellanfabrik und einer Ledergroßhandlung tätig. Adolf Dassler (Jahrgang 1900) hatte eine Bäckerlehre und den Einsatz als Soldat im Deutschen Heer hinter sich, als sich die beiden Brüder entschlossen, in die Schuhfertigung einzusteigen. Die ersten Sportschuhe – die Brüder waren begeisterte Sportler – entstanden im elterlichen Anwesen (Am Hirtengraben 12), in der Waschküche. 1927 hatte ihre Firma zwölf Mitarbeiter und musste sich neue Räumlichkeiten suchen. Von den Herzogenauracher Schustern war im Jahr 1899 ein Fabrikationsgebäude am Bahnhof, in der Kreuzgasse, errichtet worden. Dieses Gebäude wurde von den Gebrüdern Dassler zunächst angemietet und später gekauft. Stolz schrieb ihr Vater Christof Dassler 1930 im Herzogenauracher Heimatblatt: „Heute befindet sich darin eine Sportschuhfabrik von Gebr. Daßler mit Export nach der Schweiz, Holland, Oesterreich, Tschechoslowakei, England und Griechenland.“ Neben ihrem Fabrikgebäude errichteten sich die Firmeninhaber die Dassler-Villa, die 1933 bezogen werden konnte. Im Erdgeschoß wohnte Adolf, im ersten Stock Rudolf mit seiner Frau Friedl, die er 1928 geheiratet hatte; sie hatten zwei Söhne, Armin und Gerd. Über den Familien ihrer erfolgreichen Söhne thronten gewissermaßen im zweiten Stock die Eltern Christof und Paulina. Die Dassler-Brüder hatten unterschiedliche Schwerpunkte in der Firma. Rudolf war vor allem für den Vertrieb zuständig und daher mehr im Büro anzutreffen. Das Betätigungsfeld von Adolf war die Fabrik, er scheute auch die schmutzintensive Arbeit an der Fräse nicht. Seine prachtvollen schwarzen Locken waren dann ganz weiß vom Frässtaub. Aber er wollte sich weiterbilden. Um das Handwerk von der Pike auf zu erlernen, absolvierte er 1932/1933 einen Lehrgang an der Schuhfachschule in Pirmasens, wo er auch seine Frau Käthe kennen lernte. Die Heirat war im Jahr 1934, sie bekamen fünf Kinder. Im Betrieb waren noch weitere Familienmitglieder beschäftigt. Sowohl die Eltern Christof und Paulina waren in den Produktionsablauf eingebunden. Simon Körner, der Mann von Maria Dassler, der Schwester der beiden Firmeninhaber, war als Chef bei den Zuschneidern – auch sein Sohn Friedrich (1914 geboren) arbeitete dort; der jüngere Sohn Rudolf (Jahrgang 1924) war nach dem Schulabschluss ebenfalls in der Firma tätig. In Herzogenaurach gab es neben den Dasslers noch weitere Betriebe der Schuhbranche... (Manfred Welker)

Lesen Sie den vollständigen, reich bebilderten Beitrag in der November-Ausgabe von UNSER BAYERN (BSZ Nr. 47 vom 25. November 2016)

Abbildungen:
- Markantes Denkmal im Herzogenauracher Schlosshof ist der Schusterbrunnen. (Foto: dpa)
- Gelernter Bäcker, dann stolzer Produzent von Sportschuhen: Adolf Dassler im Jahr 1925 in der Werkhalle, wo er mit seinem Bruder Rudolf und einem Dutzend Mitarbeitern die Sportschuhe produzierte, die bald in alle Welt verkauft werden sollten. (Foto: dpa)

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