Unser Bayern

Die dreibändige "Reise in Brasilien" mit den Forschungsaufzeichnungen von Spix und Martius enthält viele Illustrationen zu Land und Leuten. Natürlich finden sich auch mehrere Bilder zur exotischen Pflanzenwelt. (Foto: ZSM)

26.07.2013

Die Forscher ihrer Majestät

Brasilien im Fokus der Weltpolitik – und mittendrin die Bayern Spix und Martius auf Entdeckerpfaden

Sie waren nicht die ersten Europäer, die Brasilien und besonders den Amazonas erkundet haben, aber ihre Forschungsreise war aus zoologischer und botanischer Sicht wohl die erfolgreichste. Die während der Expedition, die Johann Baptist Spix und Carl Friedrich Philipp Martius 1817 bis 1820 im Auftrag des bayerischen Königs Maximilian I. Joseph durchgeführt haben, neu entdeckten Tier- und Pflanzenarten sowie die von ihnen nach München verbrachten Mineralien oder ethnologischen Gegenstände gehen weit in die Tausende und gelten noch heute als Grundstock der entsprechenden staatlichen Sammlungen Bayerns. Spix, der erfahrenere und um 13 Jahre ältere Wissenschaftler, hatte die Führungsrolle bei der Expedition inne und war vorwiegend für die Zoologie zuständig. Dennoch ist das Verhältnis zwischen ihm und dem Botaniker Martius als gleichberechtigt und freundschaftlich anzusehen, hatten sie doch die ungeheueren Strapazen der Expedition gemeinsam zu ertragen. Da beide ausgebildete Ärzte waren, konnten sie einander immer wieder helfend beistehen, denn das kräftezehrende heiße Klima brachte Erkrankungen mit sich. Auch viele der Menschen, denen sie begegneten, konnten sie behandeln. Spix wurde 1781 im fränkischen Höchstadt an der Aisch geboren; sein Vater, Johann Lorenz Spix war als Bader, Chirurg und Ratsherr ein angesehener Bürger. Ähnlich verhielt es sich mit Martius. Er kam 1794 im fränkischen Erlangen zur Welt; sein Vater, Ernst Wilhelm Martius, war Hofapotheker und ab 1818 zusätzlich Universitätsdozent für Pharmazie. Die Geburtshäuser der beiden Forscher bestehen noch. Im Spix-Haus in Höchstadt (Badgasse 7) ist ein Museum eingerichtet und im Martius-Haus in Erlangen befindet sich nach wie vor eine Apotheke (Neustädter Kirchplatz 2). Mit Hilfe eines Verwandten besuchte der junge Spix, dessen Konstitution ein Leben lang schwächlich bleiben sollte, ab 1793 in Bamberg das Gymnasium. Etwa zur selben Zeit konnte er im Aufseesianum eintreten, einer 1741 gegründeten Studienstiftung für bedürftige Schüler, denn seine inzwischen verwitwete Mutter Franziska Margarete hätte sich seine Ausbildung nicht leisten können. Anschließend studierte Johann Baptist in Bamberg Philosophie, erhielt dort seinen ersten Doktortitel und begann um 1801 mit dem Theologiestudium an der Universität Würzburg. Ab 1803 hörte er dort die Vorlesungen des Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, der in seiner idealistischen Naturphilosophie eine Verbindung zwischen Geist und Materie beschwor, die sowohl naturwissenschaftliche Erkenntnisse wie auch romantische Gedanken zuließ. Spix war davon so angetan, dass er die Theologie zugunsten der Medizin aufgab; 1807 erlangte er in diesem Fach ebenfalls einen Doktortitel. Nach einer kurzen Zeit als Arzt in Bamberg bekam Spix möglicherweise auf Empfehlung Schellings 1808 einen Ruf an die Akademie der Wissenschaften in München, der er ab 1811 als Konservator der zoologischen Sammlung angehörte. Er galt als fleißig, wenn auch temperamentvoll und undiplomatisch, veröffentlichte erste Werke, und konnte mittels eines staatlichen Stipendiums zwischenzeitlich bei den berühmten Pariser Biologen Georges Cuvier und Jean–Baptiste de Lamarck sein Wissen erweitern. 1810 hatte Carl Friedrich Philipp Martius gerade sein Medizinstudium in Erlangen begonnen, also mit 16 Jahren, was nicht unüblich war. Er konnte noch eine Vorlesung bei dem Botaniker Johann Christian von Schreber (belegen, der ein Schüler des schwedischen Forschers Carl von Linné war. 1814 hat Martius sein Studium als Doktor der Medizin beendet. Unmittelbar danach wurde er als Eleve in die Bayerische Akademie der Wissenschaften aufgenommen und dem bereits in die Jahre gekommenen Leiter des Münchner Botanischen Gartens, Franz von Paula Schrank, als Assistent unterstellt. Ihm und Spix war Martius 1812 erstmals begegnet, als die beiden den umfangreichen naturkundlichen Nachlass Schrebers für die Akademie erwarben. Die ersten eineinhalb Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts waren alles andere als eine friedliche Epoche. Die Napoleonischen Kriege hatten weite Teile Europas in Mitleidenschaft gezogen. Doch es war eine Folge dieser Kriege, dass Spix und Martius nach Brasilien reisen konnten. Das vormalige Kurfürstentum Bayern hatte nämlich ab 1805 nolens volens mit dem französischen Kaiser paktiert, der aus strategischem Kalkül gegenüber Österreich seinerseits Bayern zum Königreich erklärt hatte. Der erste bayerische König Max I. Joseph war gezwungen, die Grande Armée mit eigenen Soldaten zu unterstützen. Nach dem 1812 gescheiterten Russlandfeldzug Napoleons schaffte Bayern gerade noch den Wechsel auf die Seite der antinapoleonischen Koalition – bestehend aus Österreich, Preußen, Russland und Schweden –, was jedoch mit einem Bedeutungsverlust Bayerns einherging, was das junge Königreich auf dem Wiener Kongress 1814/15, also bei der Aufteilung des nachnapoleonischen Europas, schnell erfahren sollte. Der portugiesische Königshof unter den Braganças befand sich in einer ähnlich prekären Lage. Es war ihm als Verbündeter Großbritanniens zwar gelungen, 1807 vor den anrückenden Truppen Napoleons in seine überseeische Kolonie Brasilien zu fliehen, aber Portugal wurde erst dann von den europäischen Großmächten ernst genommen, als 1815 unter Johann VI. Brasilien und Portugal zu einem gewaltigen Königreich vereint wurden. Brasilien war reich an Bodenschätzen und besaß eine gewinnträchtige Landwirtschaft, mit Zucker als wichtigem Exportgut. Der Reichtum der Oberschicht fußte zudem auf der gnadenlosen Ausbeutung afrikanischer Sklaven. Johann VI. schmiedete im fernen Brasilien Heiratspläne für seinen Sohn und Thronfolger, Dom Pedro de Alcântara: Das sollte ihm einen Bündnispartner in Europa gegen die britische und spanische Umklammerung garantieren. Österreichs Kaiser Franz I. und dessen Außenminister Fürst Metternich sahen sich ebenso nach an einem starken Bundesgenossen, zudem mit überseeischen Besitzungen, um und hatten mit der im Sinne der Staatsräson erzogenen habsburgischen Erzherzogin Maria Leopoldine, dem fünften Kind von Franz I., eine Heiratskandidatin parat. Die Ehe wurde am 13. Mai 1817 in Wien mit dem in Brasilien weilenden Bräutigam formell geschlossen... (Stefan Fröhling)  Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der Juli/August-Ausgabe von Unser Bayern!

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