Unser Bayern

Zudnerschwamm an einer Birke. (Foto: Bresinsky)

17.09.2010

Hadersau und Schwammerlknödel –Bayern und seine Pilze

„Echtes“ und „Unechtes“ aus Zucht, Wald und Wiese – für den Kochtopf und für die Textilindustrie

Im Bayerischen werden Pilze Schwammerl genannt. Der Ausdruck leitet sich vom Badeschwamm ab. Zwischen diesem und einem Pilz besteht eine gewisse Ähnlichkeit: Beide sind voll aufgesogenen Wassers, das durch leichtes Drücken herausgepresst werden kann. „Das Wasser wie ein Schwamm aufsaugen", ist ein bildhafter Vergleich, der sowohl für den Badeschwamm als auch für einen Pilz ziemlich zutreffend ist. Der Steinpilz besteht zu 87 Prozent seines Gewichtes aus Wasser; der Rest ist organische Masse, die reich an wertvollen Nähr-, Geschmacks- und Aromastoffen ist. Der mundartliche Begriff Schwammerl (in seiner Verkleinerungsform!) für hochdeutsch Pilz ist im Altbayerischen und im stammverwandten Österreichischen gängig. Außerhalb dieses Sprachbereiches spricht man allenfalls von Schwämmen oder man bevorzugt heutzutage doch die Bezeichnung Pilze für eine eigene Welt von sonderbaren Organismen. Ein bodenständiger Bayer gliedert das Reich der Schwammerl in „echte", sprich essbare, und „unechte", sprich giftige, ungenießbare oder unbrauchbare Schwammerl. Beiderlei haben zur Ausschmückung der Kirche von Iggensbach im Bayerischen Wald ihren etwas ungewöhnlichen Platz gefunden. Reherl ist eine liebenswürdige Verkleinerungsform in bayerischer Mundart für einen „Echten Schwammerl" hoher Genussqualität, der nördlich des Mains überwiegend Pfifferling heißt. Ebenfalls großer Beliebtheit erfreut sich der Steinpilz, auch Herrenpilz, Dobernigel oder Küefotzn (unzweifelhaft bayrisch) genannt. Ein naher Verwandter des Steinpilzes, der Königs-Röhrling (Boletus regius), ist sogar Pate für ein Stück des traditionsreichen Tölzer Marionettentheaters mit dem Titel Boletus der Schwammerlkönig. Es entsprang der Tradition des Grafen Pocci mit seinem Kasperl Larifari und kam erstmals 1908 zur Aufführung. Sein Verfasser, Georg Pacher, war nicht nur Begründer des Tölzer Marionettentheaters sondern auch Apotheker, was den botanisch-pilzkundlichen Hintergrund des Stückes erklärt. In ihm wird die kratzbürstige Frau vom Kasperl Larifari durch den Schwammerlkönig in einen zwar schönen, aber giftigen Fliegenpilz („unechter Schwammerl") verwandelt. Als Kasperl nicht erklären kann, wo seine Frau Gretl geblieben ist, wird er wegen Mordverdacht verhaftet. Der Schwammerlkönig befreit ihn aus dem Kerker und bringt ihn in den Wald, wo die Rückverwandlung der Gretl erfolgt. Der Fliegenpilz ist neben essbaren Arten (Steinpilz und Rotkappe) auch in der Kirche von Iggensbach vertreten; er war der Pfarrersköchin zugedacht, die den in der Kirche werkelnden Stukkateuren allzu oft Pilzgerichte vorgesetzt haben soll. Auf dem Viktualienmarkt in München wurden ehemals die verschiedensten in der näheren oder weiteren Umgebung von München gesammelten Schwammerlarten verkauft. So kamen alleine aus dem Hofoldinger Forst und dem Forstenrieder Park jährlich 400 Zentner Reherl und 200 Zentner Steinpilze auf den Markt. Bei Sauerlach wurde schon mal ein stattlicher Steinpilz gefunden, der fast vier Kilogramm gewogen haben soll. Weitere bevorzugte Sammelgebiete zur Belieferung des Münchener Marktes lagen ehedem besonders auch im Bayerischen Wald. In heutiger Zeit, wo hierzulande strenge Artenschutzbestimmungen gelten, besteht das Marktangebot wohl zum größten Teil aus Importware oder aus der Pilzzucht: Reherl aus Polen, Steinpilze aus Litauen, Trüffeln aus China, Champignons und Austernseitlinge aus oft nicht heimischen Zuchtbetrieben usw. In früherer Zeit haben Schwammerl als Nahrungs- und Genussmittel eine größere Rolle als heute gespielt. Zwar werden gegenwärtig weit größere Mengen an Pilzen verkauft, aber diese sind anteilsmäßig an der Gesamtmenge verkaufter Marktware gesehen doch relativ gering. Ein pilzliches Genussmittel besonderer Art bieten die Trüffeln. Sie stehen bei Gourmets hoch im Kurs, und dementsprechend werden für sie sehr hohe Preise bezahlt. In der Zeit des kurfürstlichen Bayerns stand der Trüffelgenuss nur den Herrschaften am Hofe zu. Das Sammeln von Trüffeln in der freien Natur – in Bayern kam hierfür nur die Sommertrüffel in Frage – unterstand dem Landesherren und war in diesem Sinne durchaus vergleichbar mit der Perlenfischerei. Alle in Bayern gesammelten Trüffeln landeten schlussendlich in der Hofküche. Die Trüffeljäger wurden vom Kurfürsten ernannt. Die älteste (bekannte) Ernennungsurkunde wurde von Kurfürst Max Emanuel (1662 bis 1726) in Nymphenburg 1718 ausgestellt. Darin wurde verfügt, dass dem Hof-Trüffeljäger für seine Trüffelsuche mit Hunden täglich ein Gulden und jährlich ein Bekleidungsstück zu gewähren sei, gegen Ablieferung der erbeuteten Trüffeln für die Hofküche. Die Trüffelsuche begann im April eines jeden Jahres. Einem Hof-Trüffeljäger wurden allerdings auch schon mal die Trüffelhunde konfisziert, weil er seine Hunde nicht nur zum Aufspüren von Trüffeln, sondern auch zum Wildern eingesetzt hatte. Erst unter der Regentschaft von König Max I Joseph (1756 bis 1825) wurde durch ein Gutachten festgestellt, dass die Trüffeljagd „kein landesherrliches Regale seye" und somit jeweils dem Grundeigentümer die Ausbeute an Trüffeln zustehen würde. Die Ernte an Sommertrüffeln in den Waldungen entlang der Donau ergab die beträchtliche Menge von durchschnittlich fast zwei Zentnern pro Jahr. In der Gegenwart ist die Sommertrüffel in Bayern sehr selten geworden, und leider lassen sich Trüffeln nicht unter vollkommen künstlich geregelten Bedingungen außerhalb der freien Natur kultivieren wie das etwa beim Champignon möglich ist. (Andreas Bresinsky) Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der August/September-Ausgabe von Unser Bayern.

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