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Eines der berühmtesten Werke von Dominikus Zimmermann ist die Wallfahrtskirche im oberbayerischen Steingaden - die Wieskirche. Sie ist seit 1983 Unesco-Weltkulturerbe. Sehen Ansichten weiterer Zimmermann-Bauten in der Bildergalerie am Ende des Beitrags. (Foto: dpa)

28.10.2016

Meister des bayerischen Rokoko

Die Synthese von Ornament und Architektur prägt die Arbeit von Dominikus Zimmermann, der vor 250 Jahren starb

Die Wallfahrtskirche Wies bei Steingaden im Landkreis Weilheim-Schongau ist die Rokokokirche schlechthin. Sie zählt zum Unesco-Weltkulturerbe und ist ein Besuchermagnet Bayerns. Die Wies ist das Hauptwerk von Dominikus Zimmermann. Um den 30. Juni 1685 wurde er in Wessobrunn geboren. Dominikus war der zweite Sohn des Stuckateurs Elias Zimmermann. Mit seinem Bruder Johann Baptist, der zum kurfürstlichen Hofmaler und -stuckateur aufstieg, sollte er noch oft zusammenarbeiten. Als Dominikus zehn Jahre alt war, starb sein Vater. Die Mutter heiratete wieder. Ihr zweiter Mann, Christoph Schäffler, war ebenso einer der Wessobrunner Stuckateure. Von seinem Stiefvater lernte Dominikus wohl die Anfänge des Stuckhandwerks. Über seine weitere Ausbildung ist nichts bekannt.

Eigene Wege gehen

Wie sein älterer Bruder, verließ auch Dominikus Wessobrunn. Es ist durchaus möglich, dass er wegen der unsicheren Situation in seiner Heimat in die Ferne zog. Bayern, gezeichnet von den Auseinandersetzungen im Spanischen Erbfolgekrieg, war von den Österreichern besetzt. Die Arbeitsbedingungen für Künstler waren schlecht und der Kriegsdienst war wenig verlockend. Mag aber auch sein, dass er seinen eigenen Weg gehen und nicht nur einer von vielen Wessobrunner Kunsthandwerkern werden wollte. Zur Wessobrunner Schule gehörten in der Zeit von 1600 bis 1800 eine Vielzahl von Kunsthandwerkern und Künstlern, insbesondere Stuckateuren, die in den Werkstätten der örtlichen Abtei ausgebildet wurden. Mehr als 600 von ihnen sind namentlich bekannt. Die Wessobrunner dominierten die Stuckkunst in Süddeutschland, Tirol und in der Schweiz.

Erster Großauftrag aus der Schweiz

Von 1708 bis 1716 lebte Dominikus Zimmermann in Füssen, wohl als Mitarbeiter des Barockbaumeisters Johann Jakob Herkomer. Vielleicht verbrachte er vorher Lehr- und Wanderjahre in Italien. 1707 erhielt er einen ersten großen Auftrag als Altarbauer im Schweizer Kloster Fischingen, der ein gutes Startkapital für seine Hochzeit im Januar 1708 mit Therese Zöpf, der Tochter eines Wessobrunner Nachbarn und Stuckateurs, einbrachte. Zimmermann war gefragt, er bekam zahlreiche Aufträge für Stuckaltäre in Schwaben und in Württemberg. Mit 31 Jahren folgte sein Erstlingswerk als Architekt: die Klosterkirche Maria Medingen im Landkreis Dillingen. Auch die Stuckausstattung wurde nach seinen Entwürfen angefertigt. Er schmückte die Kirche mit herrlichem und für die Zeit typischem Bandelwerk aus, einem Dekor in Form von Schleifen und wehenden, flatternden Bändern, mitunter verschlungen und verflochten oder mäanderartig ausgeführt. Zimmermann kombinierte es mit vollplastisch gearbeiteten pflanzlichen Motiven, mit Blumen, Laub und Gräsern. Sein Bruder Johann Baptist vollendete das Gesamtkunstwerk mit seinen Decken- und Wandbildern.

Nach Landsberg übersiedelt

Im selben Jahr, 1716, siedelte Dominikus Zimmermann mit seiner Familie nach Landsberg am Lech über und erwarb ein Haus am Hauptplatz. Mittlerweile war der Erbfolgekrieg zu Ende, Künstler und Baumeister waren nach der Zeit des Stillstands wieder gefragt. Zimmermann wurde Bürger der Stadt, der teure Obolus für die Einbürgerung wurde ihm erlassen, weil er im Gegenzug für das neue Rathaus der Stadt eine reizvoll dekorierte Rokokofassade schuf und im Inneren den Vorplatz und den Saal mit Stuck ausschmückte. Die Stuckarbeiten im Rathaussaal gehören zu den besten derartigen Arbeiten der damaligen Zeit. Der Neubürger gab den Landsbergern eine Probe seiner Kunstfertigkeit. Fast 40 Jahre lang sollte Zimmermann in Landsberg bleiben. Er verschaffte sich Ansehen, gehörte ab 1734 dem Inneren Rat der Stadt an und war von 1748 bis 1753 zusammen mit drei Amtskollegen als Bürgermeister tätig.

Altäre und Stuck für Kirchen und Klöster

Zimmermanns Meisterwerke in Landsberg machten ihn bekannt und sicherten ihm viele weitere Aufträge. Von hier aus fertigte er Altäre und hochwertige Stuckarbeiten für Kirchen und Klöster, unter anderem für die Benediktinerabtei Neresheim, für die Krippkirche in Füssen, das Dominikanerinnenkloster Bad Wörishofen, das Neumünster in Würzburg, das Dominikanerkloster in Schwäbisch Gmünd und die Pfarrkirche in Buxheim. In Landsberg schuf er für die Ursulinen ein Klostergebäude mit Kapelle und Altar und für die Stadtpfarrkirche den Rosenkranzaltar. Die Vielzahl der Projekte, die Dominikus Zimmermann mehr oder weniger zeitgleich auszuführen hatte, konnten nur mit Hilfe von Mitarbeitern bewältigt werden. Der Meister unterhielt einen Maurer- und Stuckateurbetrieb. Seine Paliere (Bauleiter) stammten alle aus Wessobrunn. Sein engster Mitarbeiter war sein Sohn Franz Dominikus (geb. 1716), der wohl bei ihm gelernt hatte.

Zusammenarbiet mit dem Bruder

Einen größeren Auftrag hatte Zimmermann mit der Klosterkirche von Sießen (Baden-Württemberg, Landkreis Saulgau) zu verwirklichen. Das Kloster schloss 1725 mit Zimmermann einen „Hauptverding für Steinhauer-, Maurer- und Stukkateurarbeit und ist Ihme H. Dominco die Kost wie wir Geistliche geniessen ahn unserem Tisch gegeben worden, seinem Ballier auch die Kost, und entlich für das Pferd des H. Dominici das Fuetter“ (zitiert nach E. Binder-Etter, Pfarrkirche St. Markus Siessen, 1988). Wie in Medingen errichtete Zimmermann einen hohen, lichten Saalbau mit vier Jochen, deren letztes sich querschiffartig ausbreitet. Die Chöre sind übereinander gebaut, über dem verglasten Winterchor erhebt sich der offene Sommerchor. Für die Fresken war wieder Bruder Johann Baptist verantwortlich. 1736 wurde Zimmermann mit dem Neubau der abgebrannten Frauenkirche in Günzburg betraut. 1741 waren Schiff und Chor fertiggestellt; die Ausgestaltung zog sich wegen fehlender Geldmittel und der Wirren des österreichischen Erbfolgekrieges noch viele Jahre hin. Bei diesem Rokokojuwel fand der Baumeister eine geschickte Verbindung von ovalem Langhaus und Pfeilerchor. Die relativ flach gewölbte Decke ist eine Holzschale, die an einer aufwendigen Dachstuhlkonstruktion hängt. Die Empore an der Westseite diente den Englischen Fräulein als Hauskapelle. Sie steht durch einen Übergang im ersten Obergeschoss (von außen sichtbar) direkt mit dem benachbarten ehemaligen Klostergebäude in Verbindung. Zumindest die Entwürfe für das reiche Stuckdekor stammen auch von Zimmermann.

Herausragende Wallfahrtskirchen

Es sind jedoch die beiden Wallfahrtskirchen, Steinhausen und die Wies, mit denen Zimmermann Architekturgeschichte schreiben sollte. Die Wallfahrtskirche Unserer Lieben Frau und Pfarrkirche St. Peter und Paul in Steinhausen, einem Ortsteil von Bad Schussenried (Baden Württemberg, Landkreis Biberach), ein Juwel an der Oberschwäbischen Barockstraße, wird gerne als „schönste Dorfkirche der Welt“ bezeichnet. Die von Dominikus Zimmermann geplante und zwischen 1728 und 1733 erbaute und stuckierte Kirche gilt als ein Hauptwerk der Wessobrunner Schule und als eines der größten Meisterwerke des frühen Rokoko. Tatsächlich hat der Baumeister bei diesem Werk seine Phantasie voll ausleben lassen: Einen inneren, durch Freipfeiler charakterisierten Binnenraum umgab er mit einer ovalen Raumschale und fügte den Chor als kleinere Querellipse an. Damit gelang ihm als Erstem die geniale Verbindung einer Freipfeilerhalle mit einem Zentralbau ovaler Prägung. Die Pfeilerabstände sind rhythmisiert. Zwischen Pfeilern und Außenmauern ist um Schiff und Chor ein Umgang gelegt, der, ohne Seitenschiffe zu bilden, dem Innenraum eine wirkungsvolle doppelte Wandschale verleiht. Die Pfeiler tragen die flache Kuppel ... (Eva Meier)

Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der Oktoberausgabe von UUNSER BYERN (BSZ Nr. 43 vom 28. Oktober 2016)

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