Unser Bayern

Am Coburger Rathaus kann man den heiligen Mauritius gleich mehrfach entdecken: Zum Beispiel im Balkongitter. (Foto: Dieter Ertel)

15.12.2016

Mohr im Wappen

Mauritius, der Schutzpatron Coburgs: Ein römischer Offizier, der für seinen Glauben starb

Der Mohr ist in Coburg omnipräsent. Brunnen, Gebäude und Ziergitter sind mit seinem Konterfei geschmückt. Auch auf dem Giebel des Rathauses steht ein Mohr. Man begegnet ihm auf Schritt und Tritt – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn auch auf den Coburger Kanaldeckeln ist ein Mohr zu sehen. Weshalb ein Mohr? Es handelt sich um Mauritius, den Schutzpatron der Stadt Coburg. Der Heilige wurde seit dem späten Mittelalter gerne mit dunkler Hautfarbe dargestellt, weil man davon ausging, dass alle Einwohner Mauretaniens Schwarze seien. Um 1570 führte Coburg den heiligen Mauritius offiziell im Stadtwappen ein. Bereits Ende des 14. Jahrhunderts tauchte der Mohrenkopf in der Stadt auf einer Pfennigmünze auf. Zunehmend verdrängte er den Meißener Löwen, das ursprüngliche Symbol der Stadt. Die nach dem heiligen Mauritius benannte Morizkirche (sic!) ist die Hauptkirche der Stadt. Wahrscheinlich gibt es dieses Patronat seit Beginn des 11. Jahrhunderts. Im dritten Jahrhundert nach Christus hoben die Römer am oberen Nil in ihrer am Rand des Reichs gelegenen Provinz Thebais Truppen aus. Der Oberbefehlshaber dieser thebaischen Legion war der Legende Mauritius – ein römischer Offizier, Afrikaner und getaufter Christ. Roms Kaiser Maximian, Mitregent Kaiser Diokletians, verlegte die Truppe nach Agaunum in die Nähe des Genfer Sees, um von dort aus gegen Christen zu ziehen. Zudem ordnete der Kaiser ein großes Opferfest an, um die Götter günstig zu stimmen. Mauritius und seine Mannen weigerten sich, den alten Göttern zu opfern und sich an der Verfolgung von Christen zu beteiligen. Die Androhung des Kaisers, wegen der Befehlsverweigerung jeden Zehnten der Legion hinrichten zu lassen, negierten die Soldaten. Sie versicherten dem Kaiser ihre Treue, weigerten sich aber, dem christlichen Glauben abzuschwören. Maximian machte seine Drohung wahr, doch Mauritius und seine Soldaten blieben standhaft. Der erzürnte Kaiser setzte seine Strafaktion fort – bis im Jahr 290 nach Christus die ganze Legion (sie zählte gewöhnlich 6600 Männer) ermordet war. Historiker bezweifeln den Wahrheitsgehalt dieser Legende, deren älteste bekannte Überlieferung aus dem 5. Jahrhundert von Eucherius von Lyon stammt, der sich auf eine mündliche Zeugenkette berief. Tatsache ist, dass sich um die standhaften Soldaten und ihren Befehlshaber Mauritius schon bald ein Kult entwickelte. Ende des 4. Jahrhunderts waren die Gebeine der Märtyrer in Agaunum, dem heutigen St. Maurice im Wallis, beigesetzt worden. Über den Grabstätten wurde eine Kirche errichtet, die sogleich zu einem bedeutenden Wallfahrtsort wurde. Mag sein, dass die frühe Verehrung für die Echtheit des Kerns der Überlieferung spricht. Die Pilger, die den Wallfahrtsort St. Maurice besuchten, verbreiteten den Kult in Europa.
Bereits bei den Merowingern wurde Mauritius sehr verehrt. Auch das an der Donau in Niederbayern gelegene Kloster Niederaltaich steht seit seiner Gründung 741 unter dem Patrozinium des heiligen Mauritius und seiner Gefährten. Im Laufe der Karolingerzeit wurde Mauritius zu einem der angesehensten Heiligen. 888 wurde er Patron des Königreiches Burgund. Im Zeitalter der Ottonen widmete ihm Kaiser Otto der Große, ein großer Verehrer des heiligen Mauritius, das im Jahre 937 gegründete Kloster in Magdeburg, das wenig später Bischofsitz wurde. Seinen Sieg über die Ungarn auf dem Lechfeld am 10. August 955 schrieb der Kaiser der Fürsprache des Heiligen zu. Anlässlich seiner Heirat mit Adelheid, der Tochter König Konrads III. von Burgund, erhielt Otto I. zum Weihnachtsfest 960 die Reliquien des Heiligen für seinen Dom St. Mauritius in Magdeburg. Sie wurden vom Kaiser persönlich über Coburg nach Magdeburg überführt.
962 bestätigte Papst Johannes XII. die Verehrung des Mauritius als Schutzpatron der Ottonen. Schließlich galt er als Schutzpatron aller Kaiser des Heiligen Römischen Reichs und auch des Reichs selbst. Vom 12. Jahrhundert an verbrachte der zukünftige deutsche König die Nacht vor der Krönung in der Mauritius-Kapelle im Aachener Dom. Und der deutsche Kaiser wurde in St. Peter in Rom am Mauritiusaltar gesalbt. Eine große Zahl von Mauritius- bzw. Moritzkirchen (oder Morizkirchen) entstand. Im 15. Jahrhundert wurde Mauritius Patron von Ritterorden, zum Beispiel des Ordens vom Goldenen Vlies. Seitdem die Gebeine des heiligen Mauritius über Coburg nach Magdeburg transferiert wurden, war er mit der Stadt verbunden, seit Jahrhunderten ist er dort präsent. Nur von 1934 an musste er vorübergehend aus dem Stadtbild verschwinden. Den Nationalsozialisten war er nicht arisch genug... (Eva Meier)

Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der Ausgabe Nummer 38 von "Unser Bayern!"

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