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2004 fand man bei Unterhaching diese Glasscheibenfibel. Sie wurde Ende des 5. oder am beginnenden 6. Jahrhunderts in Oberitalien gefertigt. Hier ein Ausschnitt - die Gesamtansicht finden Sie im Beitrag. (Foto: Archäologische Staatssammlung München/bavarikon)

01.02.2017

Phönix auf der Scheibe

Serie Bavarikon-Schätze: Eine Fibel mit raffinierter Ikonografie

Ein Ende 2004 entdecktes Gräberfeld in Unterhaching bei München bestand zwar nur aus zehn Bestattungen, diese enthielten aber außerordentlich reiche und kulturhistorisch aufschlussreiche Befunde. In einem gemeinsamen Projekt des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege und der Archäologischen Staatssammlung wurden die Funde der Gräber restauriert, analysiert und ausgewertet. Ein Highlight sind zweifellos die beiden großen Scheibenfibeln. Sie geben deutliche Hinweise auf die engen Beziehungen zwischen dem bayerischen Voralpenland und dem italischen Ostgotenreich gegen Ende des 5. und zu Beginn des 6. Jahrhunderts.

Aus dem digitalen Fundus

Ob mittelalterliche Handschriften, Grafiken, Gemälde, Karten, Archäologisches: Über 210.000 digitalisierte Objekte hat www.bavarikon.de in seinem Fundus. Das Internetportal ist Teil eines 2012 vom Kabinett beschlossenen Kulturkonzeptes für Bayern. In der Bayerischen Staatszeitung und unter www.bsz.de stellen wir Ihnen exemplarisch Digitalisate vor.

Handwerkliche wie ornamentale Details lassen eindeutig darauf schließen, dass die Fibeln in Italien hergestellt wurden, in einem der damaligen politischen Zentren: in Ravenna oder Rom. In Größe und Dekor unterscheiden sich die beiden Hachinger Fibeln deutlich von den Granatfibeln, die die Kunsthandwerker nördlich der Alpen zu dieser Zeit herstellten. Der Darstellung von vier Raubvögeln liegt ein durchdachtes Design zugrunde, für das die Einlagen aus rotem Granat und ursprünglich leuchtend smaragdgrünem – heute grünlichgrau aufgewittertem – Malachit gesondert zugeschliffen werden mussten. Hier wurden keine Standardgrößen oder -formen verwendet. Mit der Darstellung übermittelt uns der Künstler gleichzeitig eine Botschaft, wie sie im fortgeschrittenen Mittelalter und in der Renaissance an zahlreichen Kunstwerken zu beobachten ist. Die Bildsprache des Frühen Mittelalters auf den Scheibenfibeln von Unterhaching erschließt sich freilich damals wie heute nur dem, der mit dem antiken Bildkanon und der geistlichen Literatur dieser Zeit vertraut ist. Nur mit diesem Hintergrundwissen erkennt man in den Raubvögeln den mythischen Vogel Phönix, der sich nach antiker Legende selbst verbrennt, um am dritten Tage wiederaufzuerstehen. Spätestens seit dem 2. Jahrhundert ist das in der kirchlichen Bildsprache ein Symbol für Christus. Die ehemalige Besitzerin der beiden Gewandverschlüsse trug zweifellos ganz bewusst Schmuckobjekte mit dezidiert christlicher Symbolik, auch wenn sie die komplexe Bildsprache nicht bis ins letzte Detail verstanden haben muss. Mit Sicherheit aber hat der Künstler, der diese Scheiben entworfen und hergestellt hat, ein umfassendes Wissen besessen, das in dieser Zeit nur hohen Geistlichen zugänglich war. (Brigitte Haas-Gebhard)

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