Unser Bayern

Ausschnitt aus dem Spruchkammermeldebogen Oskar Schindlers. (Foto: Staatsarchiv Amberg/bavarikon)

20.04.2017

Unerschrockener Retter

Serie Bavarikon-Schätze: Der Spruchkammermeldebogen von Oskar Schindler

Bei der Bewertung des Dritten Reiches muss festgehalten werden, dass ein Großteil der deutschen Bevölkerung die politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen zumindest in der Anfangszeit begrüßte und damit zur Stabilisierung des NS-Regimes beitrug. Viele Menschen waren an der Ausgrenzung politisch Andersdenkender und jüdischer Mitbürger sowie an den Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Zweiten Weltkriegs beteiligt. Während die breite Masse zusah oder mit den Tätern gemeinsame Sache machte, besaßen nur einige wenige Menschen den Mut, dagegen anzugehen. Menschen, die damals ihr Leben riskierten, um jüdischen Mitbürgern das Leben zu retten, werden seit 1953 in Israel als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt. Zu ihnen gehören auch Oskar Schindler (1908 bis 1974) und seine Frau Emilie (1907 bis 2001), die während des Zweiten Weltkriegs über 1200 Juden vor dem Tod in den nationalsozialistischen Vernichtungslagern retteten. Oskar Schindler, der in den 1930er Jahren selbst dem Nationalsozialismus nahestand, war ab 1939 Besitzer einer als kriegswichtig eingestuften Emaillefabrik bei Krakau (Polen), die 1944 nach Brünnlitz (heute: Brn(e)nec, Tschechien) evakuiert wurde. In dieser Fabrik waren jüdische Menschen unter vergleichsweise guten Arbeitsbedingungen beschäftigt. Trotz großer persönlicher Risiken retteten Oskar und Emilie Schindler diese Menschen vor der drohenden Deportation. Nach Kriegsende lebte das Ehepaar Schindler bis 1950 am Watmarkt in Regensburg, wo beide auch entnazifiziert wurden. In seinem Meldebogen gab Oskar Schindler zu seiner Entlastung eigenhändig an: „Habe in den Jahren 1939 – 1945 zahlreiche Polen und Juden durch unerschrockene Handlungen vor Nazi-Greuel geschützt und hunderten jüdischen KZetlern das Leben gerettet.“ Die Verfahren gegen Oskar und Emilie Schindler wurden im Jahr 1947 mit dem Vermerk „vom Gesetz nicht betroffen“ eingestellt. Der Meldebogen für Oskar Schindler ist Teil der im Staatsarchiv Amberg verwahrten Unterlagen der Regensburger Spruchkammern. Meldebögen entstanden im Rahmen der sogenannten Entnazifizierung, mit der die Alliierten die nationalsozialistische Ideologie bekämpften. Auf Grundlage der Meldebögen, die alle Deutschen über 18 Jahre ausfüllen mussten, stellten die Spruchkammern die individuelle Schuld der Betroffenen fest und verhängten Sühnemaßnahmen. Die Unterlagen der bayerischen Spruchkammern, die seit den 1950er Jahren bei den Amtsgerichten lagerten, gelangten in den Jahren 2000 und 2001 in die Verwaltung der staatlichen Archive Bayerns und bilden heute eine zentrale Quelle zur Erforschung der NS-Zeit. Der Spruchkammermeldebogen Oskar Schindlers wird neben weiteren herausragenden Dokumenten ab dem 11. Oktober in der Ausstellung Original! Pracht und Vielfalt aus den staatlichen Archiven Bayerns im Bayerischen Hauptstaatsarchiv zu sehen sein. Unter www.bavarikon.de kann der Meldebogen Schindlers schon jetzt studiert werden. (Jochen Rösel)

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