Wirtschaft

Für den bayerischen Dekorpapierhersteller Schattdecor aus Rohrdorf ist ein günstiger Papierpreis entscheidend. Deshalb werden die Lieferanten gehegt und gepflegt. Foto: dapd

09.09.2011

Auf dem Weltmarkt explodieren die Preise

Rohstoffeinkauf: Man braucht langfristige Finanzierungsstrategien, um Produktion und Umsatz zu sichern

T-Shirts kosten bei H&M immer noch unter zehn Euro. Dabei hat sich der Baumwollpreis in den vergangenen zwei Jahren vervierfacht, allein im Januar stieg er um 25 Prozent. Aber angesichts der harten Konkurrenz im Textileinzelhandel kommt eine Preiserhöhung nicht in Frage. Die Folge: sinkende Gewinne trotz steigender Umsätze. Ein Ende der Baumwollknappheit ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Was ursprünglich durch Missernten und Naturkatastrophen wie die Flut in Pakistan ausgelöst wurde, wird durch Chinas explodierende Binnennachfrage verschärft.
An Rohstoffen mangelt es allenthalben
Baumwolle ist nicht die einzige Rarität auf dem Weltmarkt; an Rohstoffen mangelt es allenthalben. Klassische Materialien wie Kupfer, Silber oder Eisenerz sind schon lang knapp, selbst Hopfen für Bier geht aus. Zwischen Januar 2010 und Januar 2011 stieg der Rohstoffpreisindex des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) um 37 Prozent. Unternehmen müssen das nicht hilflos hinnehmen: Lieferengpässen und Preissteigerungen lässt sich gezielt begegnen. Allerdings ist Rohstoffmanagement hierzulande noch nicht sehr verbreitet. Die Deutsche Bank schätzt, dass nur jede zehnte deutsche Firma ihre Einkaufspreise gegen Rohstoffpreisschwankungen absichert.
„Jeder Unternehmer sollte sich fragen: Welchen Einfluss hat eine bestimmte Rohstoffpreisentwicklung auf künftige Cashflows und damit auf die Liquidität und letztlich auf die Existenz der Firma“, sagt Frank Hoppe, Direktor für Zins-, Währungs- und Rohstoffmanagement bei Hauck & Aufhäuser Finance Consulting. Die Rechnung ist nicht kompliziert: Jeder Unternehmer kennt seinen bisherigen Einkaufspreis, den Verkaufspreis und die Marge zum aktuellen Rohstoffkurs. Nun kann er kalkulieren, wie viel von der Marge durch Rohstoffpreisschwankungen maximal aufgezehrt werden darf. Alles, was darüber hinausgeht, muss in irgendeiner Form abgesichert werden, wenn die Existenz der Firma nicht gefährdet werden soll.
Idealerweise sollten Einkauf und Finanzabteilung eng zusammenarbeiten, um Risiken zu definieren und eine geeignete Absicherungsstrategie – das so genannte Hedging – zu entwickeln. Dazu kann der Kauf größerer Mengen und der Ausbau eigener Lager gehören, die Kooperation mit Lieferanten, eine intelligente Vertragsgestaltung mit Kunden oder der Abschluss von Termingeschäften an Rohstoffbörsen. Letzteres ist wahrscheinlich nur größeren und im Umgang mit Finanzmärkten erfahrenen Unternehmen vorbehalten. Andere können den Kontakt mit Partnern suchen, die über eine größere Einkaufsmacht verfügen.
Insbesondere im Bereich Industriemetalle erleben traditionelle Handelshäuser, die ihre Geschäfte direkt über die großen Terminbörsen abwickeln, eine echte Renaissance. Produkte zur Absicherung von Rohstoffrisiken bieten auch die Banken an. Unternehmen mit einem Einkaufsvolumen von 200 000 Euro aufwärts können sich bei der genossenschaftlichen DZ Bank vor Preissteigerungen im Bereich Industriemetalle, Agrarprodukte oder Energie wappnen. Das nutzt beispielsweise ein hessischer Spediteur, der mit seinen zwölf Lkw rund 30 Tonnen Diesel monatlich verbraucht. Um bei den Angeboten an seine Kunden eine sichere Kalkulationsgrundlage zu haben, schützt sich das Unternehmen mit einer Kaufoption gegen Preissteigerungen bei Diesel. Gegen eine vorab vereinbarte Prämie verpflichtet sich die Bank zur Ausgleichszahlung, wenn der Dieselpreis über das vereinbarte Limit steigt. Schlegel: „So ein Geschäft ist letztlich nichts anderes als eine Versicherung.“ Lieferanten hegen und pflegen
Ein wichtiges Instrument zur Risikominimierung haben Kurt Mack und Kai Winkelvoss ausgemacht: Hege und Pflege der Lieferanten. Der Einkaufschef des bayerischen Dekorpapierherstellers Schattdecor aus Rohrdorf (Landkreis Rosenheim) und der Geschäftsführer der Hamburger Lackfabrik Einza sagen unisono: Wer seine Lieferanten bis auf den letzten Cent ausquetsche oder auf der Jagd nach dem günstigsten Preis ständig wechsele, habe jetzt schlechte Karten. Beide Unternehmer sind von der akuten Knappheit des Eisenerzderivats Titandioxid betroffen, das für weiße Farbe gebraucht wird. Mack: „Gemeinsam mit unseren Lieferanten entwickeln wir unsere Produkte weiter. Damit sichern wir deren Wertschöpfung und schaffen langfristige Bindungen.“
(Friederike Meier-Burkert)

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