Wirtschaft

Die beiden neuen Geschäftsführer der NürnbergMesse Roland Fleck (l.), bisher Wirtschaftsreferent der Stadt Nürnberg, und Peter Ottmann, bisher Marketing- und Kommunikationschef des Unternehmens, wollen jetzt die energetische Sanierung des Nürnberger Messegeländes angehen. (Foto: NürnbergMesse)

21.10.2011

Auslandstochter in Indien geplant

NürnbergMesse will auf dem Subkontinent wachsen

Konsolidierung ist angesagt bei der NürnbergMesse. Die neue Geschäftsführung muss nach 15 Jahren intensivem Investment (rund 560 Millionen Euro) die Schulden zurückfahren. Dennoch war es richtig, für den Ausbau der Messeinfrastruktur so viel Geld auszugeben. Denn das ermöglichte den Aufstieg in die Top Ten der deutschen und europäischen Messeplätze. „Die Wachstumsstrategie war richtig“, sagen Fleck und Ottmann der Staatszeitung. „Jetzt geht es jedoch darum, die Verbindlichkeiten abzubauen. Es ist völlig richtig, zu investieren, wenn dies geboten ist, aber auch zu konsolidieren, wenn man dies kann. So habe ich das zumindest in meinem beruflichen Jahrzehnt im privaten Bankgeschäft gelernt“, erläutert Fleck und verweist auf die 8 Millionen Euro Zinsbelastung jährlich. Er ist im neuen Führungsduo unter anderem für die Finanzen zuständig, während Ottmann sich seinem angestammten Terrain, dem Marketing, widmet. „Wir arbeiten aber stets gemeinsam an den wichtigen Themen und können uns in allen Bereichen wechselseitig vertreten“, unterstreicht Ottmann. Denn es sei schließlich wichtig, handlungsfähig zu bleiben, auch wenn etwa einer der beiden bei einer der vier Auslandsgesellschaften der NürnbergMesse in Brasilien, China, Italien oder USA weilt.
Energetische Sanierung
Trotz der Tilgung von Schulden in Höhe von 180 Millionen Euro wird man weiterhin ins Gelände investieren. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten steht die Sanierung des teilweise 40 Jahre alten Kernbereichs des Messegeländes an. Dazu gehört auch die energetische Sanierung. Etwa 21 Millionen Kilowattstunden Strom verbrauchen die Messe und Kongresse jährlich. Darüber hinaus sollen bis zum Jahr 2020 rund 150 Millionen Euro in die strategische Weiterentwicklung des Geländes und der Geländelogistik investiert werden.
Aber nicht nur für Baumaßnahmen wird Geld in die Hand genommen, auch in die so genannte Software, sprich in Messen und Konzepte, investieren die Nürnberger, um auch weiterhin am Markt erfolgreich zu sein. So wurde bereits im Frühjahr dieses Jahres die IT-Sicherheitsmesse it-sa gekauft. „Wir wollen zu Messe-Experten für das Thema Sicherheit werden“, erklären Fleck und Ottmann. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen die beiden auch auf Kontakte zu den aus Franken stammenden Innenministern, Hans-Peter Friedrich für den Bund und Joachim Herrmann für Bayern. Eine zweite neue und ebenfalls im Sicherheitsbereich angesiedelte Veranstaltung feiert im März 2012 Premiere. Die EnforceTac geht parallel zur IWA, Weltleitmesse für Jagd- und Sportwaffen, Outdoorbedarf und Sicherheitsausstattung, an den Start und bietet spezielles Equipment für Behördenvertreter. Hintergrund ist das hohe Informationsbedürfnis von Beschaffern und SEK-Gruppen, die sich neue Ausrüstungsgegenstände gerne live und in kompakter Form ansehen möchten.
Die NürnbergMesse war aber nicht nur für ihren Stammplatz auf Akquisetour. Mit der Getränkefachmesse InterBev hat die nordamerikanische Tochtergesellschaft gerade eine Traditionsveranstaltung erworben, die es schon seit 1920 gibt. „Jetzt haben auch wir eine Messe, die schon seit 100 Jahren existiert“, freut sich Ottmann.
Im Getränkefachmessenbereich kooperiert die NürnbergMesse, die jeweils drei Jahre in Folge die Brau Beviale veranstaltet, mit der Messe München. „Während wir die Münchner Kollegen mit unserer Auslandstochter in Brasilien vertreten, führen die Münchner Kollegen bei unserer Brau Beviale die Sonderausstellung Pet Point durch“, erläutern Fleck und Ottmann. Diese Zusammenarbeit zwischen den beiden bayerischen Top-Messeplätzen sei bis vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen.
Eine Messe in Mexiko
Auch in Mexiko ist die NürnbergMesse aktiv. Dort wird im Juni 2012 erstmals die Mexico Pet Expo in Guadalajara stattfinden. Als B2B-Messe und Konferenz ist die Veranstaltung eine Premiere für die mexikanische Branche für Heimtierbedarf. Mit der seit Jahren etablierten Interzoo in Nürnberg und Unterstützung der Pet Business Association Mexico vor Ort habe man die entsprechende Kompetenz, um so eine Messe im Ausland zu etablieren, erläutert Fleck.
Um mehr Wachstum zu generieren, arbeitet die NürnbergMesse derzeit am Aufbau einer eigenen Auslandstochter in Indien. Der boomende Markt dort verspricht laut Ottmann gute Geschäftsmöglichkeiten. Auf die Frage, weshalb die Inder nicht selbst das Zepter in die Hand nehmen und in ihrem Boomland das Messewesen aufbauen, meint er: „Deutschland ist Weltmarktführer beim Thema Messe. Dazu ist ein spezielles Knowhow erforderlich.“
Die Auslandsstrategie der NürnbergMesse soll wesentlich zur Umsatzsteigerung des Unternehmens beitragen. Kommen bisher nur 10 Prozent des Gesamtumsatzes der NürnbergMesse von den ausländischen Töchtern, so sollen es in zehn Jahren einmal 20 Prozent sein.
Doch nicht nur jenseits der Landesgrenzen gibt es Aufgaben für das neue Führungsduo Fleck und Ottmann. Am Stammplatz Nürnberg steht eine Portfolio-Bereinigung an. „Ein Prozent unserer Umsätze generieren negative Deckungsbeiträge“, erklärt Ottmann. Deshalb wird es in diesem und im nächsten Jahr zur Straffung des Programms kommen. Entweder wechseln die betroffenen Veranstaltungen den Standort, werden unter neuer Regie durchgeführt oder sie werden eingestellt.
Optimierung streben Fleck und Ottmann aber noch in einem anderen Bereich an. So soll der so genannte Umschlagsfaktor, also wie oft das gesamte Messegelände vermietet wird, von derzeit 12 auf 15 erhöht werden. Hierzu seien aber logistische Veränderungen nötig, damit ein schnellerer Auf- und Abbau zwischen den Messen möglich wird. Aber nicht nur im Messebereich sollen sich Umsatz und Erlös erhöhen. Auch das Kongressgeschäft wollen Fleck und Ottmann kräftig ankurbeln und den Umsatz von jetzt 10 Millionen Euro auf 20 Millionen Euro verdoppeln. „Nürnberg soll eine Marke im internationalen Kongressgeschäft werden“, sind sie sich einig. An diesem Ziel haben beide schon in ihren früheren Funktionen, also bevor sie Geschäftsführer der NürnbergMesse wurden, gearbeitet. Vor gut fünf Jahren initiierte Fleck bereits die Kongressinitiative Nürnberg. Jetzt wird die Kongress- und Tourismuszentrale gemeinsam mit der Messe auf Akquise gehen. Für Anfragen für Kongressbuchungen gibt es jetzt eine Telefonnummer. Interessenten finden „hinter der Telefonnummer“ eine komplette Dienstleistungslinie aus einer Hand.
Doch um das Kongressgeschäft so richtig ins Fliegen zu kriegen, müssen in der Frankenmetropole noch Kongressräume für 500 bis 1000 Teilnehmer geschaffen werden. Eine begleitende Ausstellung und mehrere kleinere Räume für Workshops müssen ebenfalls entsprechend Platz in so einer Einrichtung finden. „Bis 2015 brauchen wir diese Räume“, sagt Ottmann. Denn das Kongresszentrum der Messe ist für eine Teilnahme von über 1000 Personen konzipiert. Deshalb sind jetzt sowohl die Stadt Nürnberg als auch die Messe auf intensiver Investorensuche. (Ralph Schweinfurth)

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