Wirtschaft

Für Bayern sind die klügsten Köpfe gerade gut genug. (Foto: Bilderbox)

09.11.2012

Bayerische Fachkräfte-Rückholaktion

Mit zwei neuen Anwerbe-Programmen will der Freistaat Ingenieure ins Land locken

„Schau ma moi“ heißt auf hochdeutsch soviel wie „Mal sehen, was kommt“. Und ob sie kommen, die begehrten Fachkräfte, das ist die zentrale Frage zweier neuer Regierungsprogramme, mit denen Ingenieure aus dem Ausland nach Bayern gelockt werden sollen. Der bayerische Sprachführer ist dabei nur ein kleiner Teil des Internet-Portals „Work in Bavaria“, mit dem der weißblaue Freistaat sich als lebenswerte Region für ausländische Arbeitskräfte und auch für Rückkehrer darstellt.
Die Ziele sind dabei hoch gesteckt, will man doch immerhin die „besten Köpfe und größten Talente aus aller Welt“ in den Freistaat holen oder rechtzeitig an bayerische Unternehmen binden. Denn, so Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP), die „glänzenden Zahlen“ am bayerischen Arbeitsmarkt hätten eine Kehrseite: „Den Unternehmen gehen die Fachkräfte aus.“ So fehlen nach einer Studie des Verbands der bayerischen Wirtschaft („Arbeitslandschaft 2030“) bereits im Jahre 2015 rund 500 000 Arbeitnehmer in Bayern und zehn Prozent der akademischen Stellen könnten nicht besetzt werden.
Die Studie liefert auch den Hintergrund der bayerischen Anwerbeaktion: „Der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte herrscht auf nationaler Ebene zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland ebenso wie international zwischen Volkswirtschaften. Gelingt es einem Bundesland nicht, diesen Wettbewerb für sich zu gewinnen, so droht durch Abwanderung der Verlust von Arbeitskräften und damit die Verschärfung des Arbeitskräftemangels.“ So komme „der Binnenwanderung und deren gezielte Steuerung eine tragende Rolle bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels“ zu. Dass die Anwerbe- und Rückholaktion auch die Unterstützung der heimischen Wirtschaft hat, zeigt deren Unterstützung der Initiative durch prominente Vertreter wie Susanne Klatten (BMW) oder Herbert Hainer (adidas).
„Work in Bavaria“ will Experten und Fachkräfte im Ausland für Bayern anwerben. Dazu werden die Vorzüge des Freistaats herausgestellt. Geworben wird mit einer „besonderen bayerischen Leichtigkeit der Lebensart, in der sich Gemütlichkeit und wirtschaftliche Spitzenleistung, Eigensinn und Toleranz“ verbänden, mit einem Lebensgefühl von „Weltoffenheit und Toleranz“, wodurch in Bayern „Menschen unterschiedlichster Ethnie und Religionszugehörigkeit friedlich zusammenleben“, mit bayerischer Küche (Weißwürste) und nicht zuletzt mit dem Oktoberfest.
Doch es geht auch um handfeste Hilfestellungen, um Informationen über Arbeits- und Aufenthaltsrecht, um die Anerkennung von Abschlüssen und um Sprach- und Intergrationskurse. Bei der konkreten Jobsuche wird auf die Plattform für Stellenangebote in Bayern verwiesen. Als wichtiger Pluspunkt wird natürlich auch die „florierende“ wirtschaftliche Situation mit „historisch niedrigen Arbeitslosenquoten“ genannt. Noch ist die Plattform nur in Deutsch erreichbar, eine englische Version soll bald folgen.
Experten im Land halten
Neben dieser Werbeaktion geht es dem Wirtschaftsministerium auch um eine Rückholaktion von Akademikern und Fachkräften aus dem Ausland, auch sie sollen sich für einen Job in Bayern entscheiden. Dazu dient eine Partnerschaft mit der „German Scholars Organisation“ (GSO). Das ist nach eigenen Angaben ein unabhängiger und gemeinnütziger Verein, der 2003 von deutschen Wissenschaftlern und Unternehmensvertretern gegründet wurde, um deutsche Akademiker, die im Ausland leben und arbeiten, für eine Tätigkeit in Deutschland zurückzugewinnen. Er bietet Informationen rund um das Thema Rückkehr aus dem Ausland und Bewerbung an: Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft geben Tipps für eine erfolgreiche Bewerbung in Deutschland, Rückkehrer berichten von ihren persönlichen Erfahrungen, eine Auflistung von Förderprogrammen soll die Orientierung im Stipendiendschungel erleichtern. Der Verein arbeitet seit Oktober auch im Auftrag des Wirtschaftsministeriums und wird am 1. Januar 2013 am Münchner Marienplatz ein Büro eröffnen, an das sich bayerische beziehungsweise deutsche Fachkräfte aus aller Welt wenden können. „Wir haben bereits in den ersten Wochen regen Betrieb und jeden Tag internationale Anrufe, das war eine Punktlandung“, so Kerstin Dübner-Gee, die Büroleiterin. Und: „Wir leisten Unterstützung sowohl bei der Bewerbung als auch bei der Rückführung.“
Der Aufbau von neuen Netzwerken spiele dabei eine ebenso große Rolle wie Hilfe beim Umzug und bei der Suche nach einer internationalen Schule für die Kinder der Hochqualifizierten. Ingenieure sind dabei eine gesuchte Zielgruppe. Um diese im Ausland zu erreichen, sollen nun vielfältige Kommunikationskanäle genutzt werden. „Selbstverständlich werden die Repräsentanzen des Freistaats in aller Welt die Arbeit der GSO unterstützen und entsprechend flankieren“, so Wirtschaftsminister Zeil.
Neben diesen Aktionen bemüht sich der Freistaat auch, angehende Fachkräfte im Lande zu halten. „Study and stay in Bavaria“ nennt sich eine weitere Initiative mit dem Ziel, ausländische und deutsche Studenten an bayerischen Universitäten und Hochschulen durch gezielte Ansprache und die Vermittlung entsprechender Kontakte rechtzeitig dazu zu bewegen, in Bayern zu bleiben und hier für ein Unternehmen zu arbeiten. Die Initiative wurde an der Universität Regensburg gestartet.
Dass Bayern auf Fachkräfte im Ausland setzt, zeugte jüngst die Anwerbung von zehn griechischen Erzieherinnen, die inzwischen in weißblauen Kindergärten arbeiten. Vermittelt wurden sie durch die griechische „Axia Personal-Agentur“. Die hat auch Ärzte und Ingenieure im Angebot. Das regierungsamtliche Vermittlungs- und Rückholprogramm ist übrigens zunächst auf zwei Jahre angesetzt. Dann wird geprüft, ob es erfolgreich war. Schau ma moi. (Rudolf Stumberger)

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