Wirtschaft

15.07.2011

Bayerischer Staatspreis für Motorenforscher kommt zu spät

Die Förderung ist passé: Das einst so hochgelobte Pflanzenöl wurde in Berlin ausgebremst

Der Staatspreis für einen Pflanzenölmotorforscher steht im krassen Widerspruch zu der gestrichenen Stromförderung aus Pflanzenöl. Ein Vorteil der neuen Gesetzesbestimmung: „Bandenmäßiger Betrug mit Pflanzenöl-Blockheizkraftwerken“, wie ihn die Staatsanwaltschaft bei der Nürnberger GFE-Energy-Gruppe vermutet, wird erschwert.
„Erst lobt man uns himmelhoch, doch die Gesetze macht man dagegen.“ Thomas Kaiser, unter anderem bei den Vereinigten Werkstätten für Pflanzenöl (VWP) in Allersberg tätig, ist hin und her gerissen: Soll er sich mehr über den „Förderpreis“ freuen, den ihm Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) diese Woche überreichte? Oder soll er auf dessen Parteifreunde in Berlin schimpfen, die Ende vergangener Woche im Bundestag das „Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien“ abnickten, gemeinsam mit CDU und FDP?
Das Ministerlob geht ihm sichtlich runter wie Pflanzenöl. Denn laut Minister Brunner hat „Thomas Kaiser entscheidend dazu beigetragen, dass die Idee des pflanzenöltauglichen Motors auf Seriendieselmotoren übertragen wurde. Er hat Umrüstsysteme entwickelt, wodurch heute Motoren mit modernster Einspritztechnik mit Pflanzenölkraftstoff betrieben werden können.“ – „Die mir den Preis verliehen haben, wollen die Sache weitertreiben und haben ein starkes Zeichen gesetzt in meiner Person“, differenziert Kaiser deshalb bei seiner Politikerbewertung.
Diese „Sache“, den Einsatz von Pflanzenöl als Treibstoff von Dieselmotoren, hatte auch die GFE-Gruppe beworben. Mit einem Stamford-Generator versehene Deutz-Lizenz-Aggregate aus China sollten Strom produzieren und für ihre Investoren 2,5 Prozent Rendite erwirtschaften – pro Monat! So stand es in Prospekten, und Geld für über 1200 dieser von GFE als „Blockheizkraftwerke“ (BHKW) bezeichneten Maschinen floss auf die Firmenkonten, meist in der Schweiz (wir berichteten). Doch wirklich in Betrieb waren bis Ende 2010 etwa ein Dutzend „BHKW“, und auch das meist nur für kurze Zeit.
Laufende Einnahmen wollten die GFE-Verantwortlichen aus dem Stromverkauf erzielen. Woraus aber nichts wurde, dank der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und über 40 Beschuldigter, darunter sieben Menschen, die seit Dezember 2010 in U-Haft sitzen. Einige der Käufer stehen inzwischen vor der Privatinsolvenz, da sie per Kredit finanziert haben und nun die Tilgung ohne Einnahmen leisten müssen.
Als Treibstoff der GFE-BHKW war Pflanzenöl vorgesehen. Das stand bislang auf einer Positiv-Liste des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Erhöhte Einspeisetarife unterstützen die Stromproduktion aus den dort aufgeführten Rohstoffen.
Doch damit wird für Pflanzenöl ab Januar 2012 Schluss sein! Am vorletzten Donnerstag beschloss die Tigerentenkoalition in Berlin gegen die gesamten Oppositionsstimmen das „Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien“. Das ändert viele EEG-Bestimmungen. „Pflanzenöl“ oder „flüssige Biokraftstoffe“ sind künftig nur noch zum Starten von Biogasmotoren erlaubt.
Dieses kommende EEG wäre schlecht für das Geschäftsmodell der GFE-Gruppe gewesen. Die hat inzwischen ihren Betrieb eingestellt und die Behörden suchen nach dem Verbleib der „eingesammelten“ 62 Millionen Euro. Doch eine ganze Reihe Unternehmen sucht weiterhin Investoren für Pflanzenöl-BHKW.
So bestätigt uns Geschäftsführerin Christine Schmid von der M+M Energie GmbH aus Kirchheim bei München den uns vorliegenden Businessplan: „Ja, wir machen nur Pflanzenöl-BHKW.“ Der Ex-Chefentwickler von der GFE-Gruppe ist im M+M-Konzept als Mitverantwortlicher für „Wartung und Service“ aufgeführt.
Von der Yek Energy AG aus Ingolstadt heißt es am Telefon, man biete „Pflanzenöl- oder Rapsöl-BHKW“-Investments an.
Bei „Energie-Finanz-Konzept“ von Alberico Putton und Clemens Praël aus Freilassing – auf ihrer Webseite steht weiterhin das GFE-Schaubild – ist „unser Büro zurzeit nicht besetzt“. Auf Gas-BHKW umgestellt
Und Hertha Kluss von der „Gute Energie KG“ aus Freising ist „nicht interessiert, mit Journalisten zu sprechen“.
Einige haben ihr Geschäftsmodell scheinbar inzwischen geändert. So bietet die Ebki GmbH aus Hof/Saale laut Servicechef Bernd Rösch nun BHKW für „Pflanzenöl, Schweröl, Gas, was Sie wollen“ an. Ein Ex-GFE-ler soll sich bei Ebki um die Technik kümmern.
Manfred Regler aus Landsberg bietet unter www.blockheizkraftwerke4you.de Kapitalanlegern „Pflanzenöl und so viel ich weiß bestehende Biogas-BHKW“ an.
Bernhard Pfaffl aus Donnersdorf (Landkreis Schweinfurt) arbeitet mit www.rente-aufbessern.com „momentan nicht mehr mit BHKW“. Ob als Konsequenz auf die Gesetzesänderung, bleibt unklar.
Selbst einige Firmen, die unter anderem vom BHKW-Experten Markus Gailfuß seit Langem kritisch beobachtet werden, scheinen nachzudenken. So erklärt uns Matthias Schmidt, Chef der RWI Realwertinvest GmbH Unterhaching: „Wir stellen komplett auf Gas-BHKW um.“ Die „Erste Mai GmbH“ aus Stuttgart bietet laut Telefonauskunft „jetzt Pflanzenöl und Bioerdgas-BHKW“ an. Dagegen ist im „20-Jahre-Vollgarantie-Paket“ der in der Schweiz registrierten und in Frankfurt/Main residierenden Ronatec Technology AG der Kraftstofffilter im Preis enthalten: Die Fima setzt also weiterhin auf Pflanzenöl-BHKW.
Drei Tage vor der Preisverleihung an Thomas Kaiser hat übrigens der Bundesrat die von Schwarz-Gelb beschlossenen EEG-Änderungen abgelehnt. Doch der Bundestag wird seinen Beschluss wohl mit einer neuerlichen Abstimmung bestätigen. Kaiser zu dieser unterschiedlichen Parteienmeinung in Bund und Land: „Die Verlässlichkeit der Politik ist nicht mehr gegeben.“
(Heinz Wraneschitz)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.