Wirtschaft

Das FDP-geführte Wirtschaftsministerium Bayerns ist elektrisch in Nürnberg unterwegs: Wirtschaftsminister Martin Zeil und Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel bei der offiziellen Einweihung des Energie-Campus-Nürnberg. (Foto: Wraneschitz)

08.03.2013

Beispielgebende Forschungsstätte

Energiecampus Nürnberg wurde jetzt offiziell eröffnet

Der Energie-Campus Nürnberg (EnCN) ist jetzt offiziell in Betrieb genommen worden. Bis zu 150 Forscher sollen Produkte und Dienstleistungen zur Energiekette entwickeln, von der Erzeugung über Speicher bis zur Nutzung. Weitere Besonderheit: Am EnCN arbeiten die Uni Erlangen, die Ohm-Hochschule Nürnberg, zwei Fraunhofer-Institute und Bayerns Zentrum für Angewandte Energieforschung unter einem Dach zusammen. Für die TU München gibt es 32 Millionen Euro freistaatliche Energie-Fördermittel, auf vier Jahre verteilt. Dafür „widmet sich die TUM dem technisch anspruchsvollen, aber auch gesellschaftlich relevanten Forschungsschwerpunkt elektrische Batteriesysteme mit hoher Energiedichte“, wie TU-Präsident Wolfgang Herrmann Ende Januar fast gnädig beschied. Einziges Ziel laut TUM: „Es soll ein produktions- und marktfähiger dezentraler Energiezwischenspeicher entwickelt werden.“
In den Nürnberger Energie-Campus EnCN fließen über fünf Jahre verteilt 50 Millionen Euro Fördergelder des Freistaats. Doch der Anspruch am EnCN ist ein ganz anderer: Nicht ein Produkt, sondern „die ganze Energiekette von der Erzeugung über Speicher bis zur Nutzung“ soll hier erforscht werden, erklärt der wissenschaftliche Leiter Prof. Wolfgang Arlt von der Uni Erlangen. International Maßstäbe setzen
Quasi ganz nebenbei böten die 50 Millionen Euro „die Chance, zur Energieregion zu werden, die wir seit Jahrzehnten nicht mehr hatten. Wir werden hier internationale Maßstäbe setzen“, meint Finanzminister Markus Söder (CSU). Das EnCN werde zum Zentrum mit internationaler, wenn nicht sogar globaler Wissenschafts-Ausstrahlung „mit dem Anspruch, München weit hinter uns zu lassen“, verkündet der Nürnberger Landtagsabgeordnete Söder mit viel Lokalstolz und offenbart seherische Fähigkeiten.
Dass die „kraftvolle Unterstütz-ung, die ihresgleichen sucht“ für die Franken „jeden Cent wert“ sei, betont auch Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP). Und er spricht das aus, was die Franken ohnehin für sich in Anspruch nehmen: „Es zeichnet die Dynamik in der Metropolregion Nürnberg aus, dass die Menschen hier anpacken. Ich bin sicher, die innovativen Forscher und Unternehmer werden die Chance nutzen“, also aus oft wenig Zuwendung sehr viel machen. Oder wie es Söder formuliert: „Geld ist in Franken doppelt so gut angelegt wie woanders.“
Doch Zeils Feststellung, „mit der heutigen Einweihung wird die Frankenmetropole zur Energiemetropole, Nürnberg spielt in der Energie-Champions-League“, ist ziemlich aus der Luft gegriffen. Laut IHK Nürnberg ist das schon seit Jahrzehnten Fakt, mit über 50 000 Energie-Arbeitsplätzen und 5 Milliarden Euro Jahresumsatz in diesem Wirtschaftsbereich.
Dass „die Anwesenheit von vier Kabinettsmitgliedern den Stellenwert in der Staatsregierung zeigt“, wie Zeil erklärt, relativiert sogar Finanzminister Söder: „Die gesamte FDP im Kabinett ist hier, ich bin die CSU alleine, zumindest heute.“ Wahlkampf also.
Natürlich: Wissenschaftsminis-ter Wolfgang Heubisch (FDP) ist der oberste Dienstherr der Hoch-schulforscher des EnCN. Zeil und Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel (FDP) reklamieren die Energiezuständigkeit in der Regierung für sich. Aber: Energie spielt auch im Umwelt-, Landwirtschafts- und Innenressort – alle CSU – eine wichtige Rolle. Nicht zu vergessen das Europaministerium. Das könnte für mehr Fördermittel aus Brüssel sorgen.
Denn bislang ist die Finanzierung des EnCN nur bis 2016 gesichert. Für Wissenschaftsminister Heubisch „spielt bei der nachhaltigen Sicherung des EnCN das Helmholtz-Zentrum eine wesentliche Rolle“. Das bislang Helmholtz-freie Nordbayern soll Standort eines Regenerativ-Zentrums der Wissenschaftsorganisation werden. „Wir sind auf dem richtigen Weg. Ich glaube, dass wir heuer noch die Helmholtz-Flagge hier und 2014 auch in Erlangen hissen“, setzt Heubisch aufs Prinzip „starke Hoffnung“. „Im Juni wird die Entscheidung bekanntgegeben, ich bin sehr positiv gestimmt. Denn 90 Prozent bei Helmholtz werden vom Bund bezahlt.“ Da wären Bayerns 10-Prozent-Anteil leicht zu schultern. Auch Nürnbergs Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU) setzt auf Helmholtz, dazu aber noch auf das „energietechnologische Zentrum etz“. Dieser „Inkubator für neue Firmen und neue Produkte in der Südstadt soll sukzessive ,Auf AEG’ angesiedelt werden“, der einstigen Fertigung des pleitegegangenen Hausgeräteherstellers.
Doch bislang gehört das Gelände einem Immobilienentwickler aus Ostdeutschland. Der sei bereit, den Besitz gegen einen kleinen zweistelligen Millionenbetrag an den Freistaat zu übertragen, weiß die Nürnberger Zeitung. Was sich bei Mietkosten alleine für den EnCN von weit über einer Million Euro jährlich schnell rechnen würde, wie Erlangens Uni-Chef Professor Dieter Grüske herausstellt. Doch da ist Markus Söder schon wieder weg, und die FDP-Regierungsriege dazu nicht aussagewillig.
Dennoch stellt auch Professor Michael Braun, Präsident der Ohm-Hochschule, klar: „Wissenschaft kann nicht von der Hand in den Mund leben. Ich plädiere für den bekannten Mix aus Projekt- und Grundfinanzierung, natürlich nicht ohne Qualitätskontrolle. Doch wissenschaftlich werden wir hier nicht stranden.“
Obwohl für Professor Adolf Heuberger von der Fraunhofer-Gesellschaft das Geldproblem „etwas entspannter“ ist, weil „Forschungsgruppen in die Regelgrundfinanzierung aufgenommen werden. Wir reden hier aber nur über 20 Prozent. Deshalb bauen wir auch auf die Hilfe des Freistaats.“
Zuletzt erhebt auch Professor Christoph Brabec vom Zentrum für Angewandte Energieforschung ZAE den „Wunsch nach Finanzierungsmix. Und der Freistaat sollte die Immobilie übernehmen. Forschung ist volkswirtschaftlich wirtschaftlich“, so sein Fazit, wie Fördermittel sich auswirken können.
(Heinz Wraneschitz)

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