Wirtschaft

Betrachten das BHKW: Prokurist Horst Hübner, Finanzstaatssekretär Albert Füracker und Professor Markus Brautsch. (Foto: Wraneschitz)

16.03.2018

Das BHKW des Jahres steht in Kemnath

Metzgerei aus der Oberpfalz wurde ausgezeichnet

Sie machen Forschung nicht zum Selbstzweck, sondern für die praktische Anwendung.“ Warum Bayerns Finanz-Staatssekretär Albert Füracker (CSU) vor Kurzem die wissenschaftliche Arbeit der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Amberg-Weiden so überschwänglich lobte, hatte einen guten Grund: Die TH-Forscher hatten den Fleischerbetrieb „Ponnath die Meistermetzger“ in Kemnath vom wirtschaftlichen Sinn eines Blockheizkraftwerks (BHKW) überzeugt. Und diese Anlage wiederum hatte gerade die Auszeichnung als BHKW des Jahres 2017 erhalten.

Das IfE, das Institut für Energietechnik wurde vor 20 Jahren von Professor Markus Brautsch in Amberg als AN-Institut der OTH gegründet. Das inzwischen 42-köpfige Team um seinen Gründer und Leiter hat als BHKW-Forscher einen Ruf, der weit über die Region Ostbayern hinausreicht. Als das IfE bei der Arbeit an einem von der Stadt beauftragten Energienutzungsplan die Großmetzgerei auch als Groß-Energieverbraucher identifizierte, war auch dem Kemnather Bürgermeister Werner Nickl (CSU) klar: „Bei Ponnath müssen wir ein Demonstrationsprojekt machen.“

Warmwasser fürs ganze Jahr


Brautsch und sein Team untersuchten den Energiebedarf des Betriebs mit hunderten Mitarbeitern. Das Ergebnis: Den Hauptbedarf an Warmwasser über‘s ganze Jahr – die so genannte Grundlast – deckt bereits seit 2012 ein Biogas-BHKW. Das liefert zudem laufend 400 Kilowatt elektrischen Stromes. Doch zusätzlich braucht der Betrieb Dampf und Kälte: Eigene Dampfkessel und ein Kaltsolekreis versorgten diese Bedarfe bislang. Doch eben nicht so effizient, wie es möglich gewesen wäre.

Nach der Überprüfung von sechs möglichen Varianten kam das IfE-Team mit den Diplom-Ingenieuren Thorsten Meierhofer und Raphael Lechner – er leitet zugleich das Kompetenzzentrum in Amberg – zum Ergebnis: Das bestehende Biogas- ergänzt um ein neues, mit Erdgas betriebenes BHKW mit Abhitze-Dampfkessel und Absorptions-Kältemaschine wäre ideal. Als optimale elektrische Leistung wurden 1200 Kilowatt errechnet. Damit würden sowohl die monetäre als auch ökologische Effizienz maximiert.

Keine ungenutzte Kilowattstunde


„Es bleibt keine Kilowattstunde Wärme ungenutzt: Was überflüssig ist, wird zu Prozesskälte. Nur noch zwei Millionen kWh Strom wird aus dem Netz benötigt – vorher waren es zehn Millionen Kilowattstunden. Zwar kostet die Anlage etwa 2,5 Millionen Euro, aber spart 553.000 Euro im Jahr an Energiekosten“, nennt Brautsch konkrete Ergebnisse der einst theoretischen Untersuchungen.

Die haben sich inzwischen praktisch bestätigt. Denn Firmenchef Michael Ponnath und seine Techniker ließen sich überzeugen: Immerhin ist Energiemanagement im Unternehmensziel der 1698 gegründeten und damit ältesten familiengeführten Metzgerei Deutschlands verankert. Aber vielleicht trug auch der Hinweis auf eine mögliche Förderung des Freistaats zur Umsetzung bei. Nicht zu vergessen: Das neue BHKW reduziert die CO2-Emissionen um 1800 Tonnen pro Jahr. Außerdem ist ein Inselbetrieb der Produktion bei Ausfall des öffentlichen Stromnetzes möglich. Und so ist laut Horst Hübner, Mitglied in der Ponnath-Geschäftsleitung, „das hochinnovative BHKW-System maßgeschneidert für unsere Produktion, für den Bedarf an Strom, Kälte, Dampf. Und es ist ein Paradebeispiel für die Zusammenarbeit zwischen einem Familienunternehmen und einer Hochschule.“

Einstimmiges Votum


All das sahen wohl auch Mitglieder jener Jury so, die im Auftrag des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK) das „BHKW des Jahres 2017“ benennen sollten. „Einstimmig“ sei das Votum für Ponnath ausgefallen, plauderte Gabi Markert in Kemnath aus, die als Vorstandsmitglied im B.KWK die Auszeichnung überreichte. Die Urkunde gab es gleich in dreifacher Ausführung: An Ponnath, ans IfE und an die AGO AG aus Kulmbach, die das Konzept der OTH-Forscher technisch umgesetzt hat. Besonders den „hohen Eigennutzungsgrad und 28 Prozent Effizienzgewinn“ stellte Markert heraus. Und sie nannte „die Weitsicht hier beispielgebend für sehr viele Industrie- und Gewerbeunternehmen“.

Kein Wunder, dass auch der Landkreis „stolz ist auf die Innovationskraft, die sich hier nicht nur bei Großfirmen, sondern gerade auch bei Ponnath als Familienbetrieb zeigt“, so Alfred Scheidler (CSU), der stellvertretende Landrat des Kreises Tirschenreuth.

Für Frank Messerer vom Bayerischen Wirtschaftsministerium wiederum ist das BHKW des Jahres „ein kleiner, aber wichtiger Bestandteil in der Energiewende. Uns freut, dass wir hier 800.000 Euro zuschießen konnten.“ Zudem nannte der für Energieförderung zuständige Ministeriale das Ife als „KWK-Zentrum schon etwas Besonderes“. Er stellte es in eine Reihe mit der „in Bayern gut aufgestellten Spitzenenergieforschung von Helmholtz- über Fraunhofer-Institute bis Energie-Campus Nürnberg. Jeder fünfte Euro für Energieforschung kommt aus dem Freistaat“, nannte Messerer als aktuelle Zahl, „und da wollen wir in Zukunft weitermachen“.

Finanzstaatssekretär freute sich, weil er kein Geld mitbringen musste


Dass ausgerechnet Bayerns Finanzstaatssekretär bei der Übergabe der Urkunden dabei war, verlieh der Auszeichnung zudem eine politische Note. „Ich brauche hierher nicht einmal Geld mitzubringen“, stellte Füracker den Unterschied zu seinen sonstigen Pflichtterminen heraus. „Das Wirtschaftsministerium bringt die Energie gut voran“, lobte er. Füracker nannte das BHKW bei Ponnath „eine eierlegende Wollmilchsau im Bereich Energie“ und ein Ergebnis „praktischer Forschung für die KWK-Technologie. Das ist der größte Trumpf, den wir haben.“ Denn wenn Unternehmen begeistert seien „für eine dezentrale Energieversorgung, dann ist es richtig, hierfür Geld zur Verfügung zu stellen.“ Das sei dann „gut eingesetzt, regt den Wirtschaftskreislauf an, ist Innovationsschub und schafft krisensichere Arbeitsplätze“, wie bei Ponnath zu sehen.

Außerdem ließ der wahrscheinlich zukünftige Finanzminister des Freistaats durchblicken, dass die bayerische Politik auch künftig dezentrale KWK stärken will: „Energiewende bedeutet sehr viel mehr, als nur Strom zu erzeugen. Und KWK ist ein Zeugnis, dass Energieversorgung dezentral werden kann. Doch bundesdeutsche Gesetze stehen da noch vor.“ Doch schon das jetzige „KWK-Gesetz trägt eine deutlich bayerische Handschrift“, ließ er die Anwesenden auf weitere Verbesserungen hoffen.
(Heinz Wraneschitz)

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