Wirtschaft

Während in Deutschland der Metzgerschwund umgeht, gibt es in Bayern und Thüringen noch die meisten. (Foto: dpa)

20.02.2017

Deutschlands Wurstbastionen

Bayern und Thüringen sind Hochburgen der Zunft

Es riecht deftig im Metzger-Laden um die Ecke: Fein aufgeschnittene Wurstsorten, Schinken satt und frisch geräucherte Leberwurstringe sorgen für das Flair, das traditionelle Handwerksbetriebe ausmacht. Doch wie lange noch? "Verschwindet bald unsere Kiez-Fleischerei?", sorgen sich nicht nur Berliner in Reinickendorf. Auch anderswo in Deutschland steht das Metzgerhandwerk unter Druck - durch den Wettbewerb mit Supermärkten, sinkende Azubizahlen, fehlende Nachfolger für alteingesessene Betriebe, aber auch den Trend zu vegetarischer Ernährung.

Quasi als Schlaraffenland für Wurst- und Fleischliebhaber dürften da Thüringen und Bayern gelten. Nirgendwo sonst in Deutschland gibt es - bezogen auf die Einwohnerzahl - so viele Fleischer-Fachgeschäfte. Nach Zahlen des Deutschen Fleischer-Verbandes (DFV) in Frankfurt am Main sind es in Thüringen 46 Geschäfte pro 100.000 Einwohner, in Bayern 43. Berlin kommt dagegen nur auf 5, Nordrhein-Westfalen auf 16, Mecklenburg-Vorpommern auf 19. In Baden-Württemberg sind es immerhin noch 32 und in Sachsen 38.

"Wir sind das Mutterland der Wurst"


Fachleute sind sich einig: Thüringen und Bayern, manche rechnen auch Nordhessen dazu, sind Deutschlands Wurstbastionen. Während DFV-Sprecher Gero Jentzsch die Metzgerhochburgen dezent mit der "stolzen und ausgeprägten Tradition der handwerklichen Wurstherstellung" begründet, sagt Thüringens Landesinnungsmeister Günter Grüner: "Wir sind das Mutterland der Wurst."

Stolz ist Thüringen vor allem auf seine Bratwurst. Sie steht ebenso wie luftgetrocknete "Feldgieker", Rot- und Leberwurst sowie Greußener Salami als regionale Spezialität unter dem Schutz der EU - und darf andernorts nicht nachgemacht werden. Das hat den Thüringer Bratwurstabsatz in den vergangenen Jahren verdoppelt.

"So viele EU-geschützte Wurstsorten wie Thüringen hat meines Erachtens kein anderes Bundesland", sagt Uwe Keith, Geschäftsführer des Herkunftsverbandes Thüringer und Eichsfelder Wurst. Europaweit geschützt ist auch eine Bratwurstspezialität aus dem benachbarten Franken, die "Nürnberger".

Viele kleine Betriebe


Aber es gibt auch Unterschiede zwischen Thüringen und Bayern im Metzger-Handwerk: Während es in Bayern noch eine Vielzahl kleiner Betriebe gebe, seien es in Thüringen wenige, die aber überdurchschnittlich viele Filialen betrieben, sagt Verbandssprecher Jentzsch. Doch selbst in den beiden Wurstländern stehen die Metzger vor enormen Herausforderungen.

"Die Statistik sieht ja noch gut aus, aber wir finden zu wenige Azubis. Das gilt auch für den Westen. Aber bei uns ist das sehr krass", klagt Innungsmeister Grüner aus Bad Blankenburg. Bundesweit sind es derzeit noch rund 3000 Fleischer-Lehrlinge - im Jahr 2000 waren es etwa drei Mal so viele. Zudem hätten viele ältere Meister keine Nachfolger. Die Konsequenz seien Betriebsschließungen sowie ein Trend zu größeren Betrieben mit mehr Filialen - auch bundesweit.

Lieblingswurst kaufen


Nicht nur Bayerns Innungsmeister Konrad Ammon sorgt sich um Vielfalt und Regionalität: "Die Freiheit, unter vielen einzigartigen Anbietern von Lebensmitteln wählen zu können, hat für mich viel mit Lebensqualität zu tun", schreibt er auf der Verbandsseite im Internet. In Thüringen ist es etwa in manchen Familien bis heute üblich, die Lieblingswurst bei verschiedenen Fleischern zu kaufen. "Da, wo uns die Sorte eben am besten schmeckt", erzählt eine 60-Jährige aus Erfurt.

Doch allen Unkenrufen zum Trotz: Die Zahl der Metzgereien sinkt zwar - allein im ersten Halbjahr 2016 machten bundesweit 233 Meisterbetriebe dicht - ihr Erlös geht jedoch nur moderat zurück. Seit 2014 lag der Umsatzrückgang nach Verbandsangaben jährlich unter einem Prozent. Zuletzt kamen die bundesweit etwa 13 000 Betriebe im Fleischerhandwerk auf knapp 16,2 Milliarden Euro Umsatz. Auch, weil sie sich mit Imbissangeboten oder Catering anpassen. "Nur in der Wurstküche stehen und die Ware über die Theke reichen, das ist heute nicht genug zum Überleben", sagt ein Metzger.
(Simone Rothe, dpa)

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