Wirtschaft

24.04.2015

Die ältesten Menschen der Welt

Eine Glosse von Hannes Burger

Altersdiskriminierung ist meist gar nicht böse gemeint, sondern weithin der normale Umgang in der Gesellschaft mit uns Rentnern und Pensionären von „65 plus“: Was will die alte Schachtel, der alte Krauterer oder der alte Depp noch im wirklichen Leben? Die gehören ab in den Altennachmittag, den Altenausflug und mit einer Gratis-Maß Bier und einem halben Hendl zum Altentag auf dem Volksfest.
Aber ebenso verbreitet ist andererseits eine Art „Altenkult“: Bewunderung für alte, uralte und steinalte prominente Leistungsträger im Dienst. Das sind Päpste, Staatspräsidenten, Unternehmer, Musiker, Schauspieler, Künstler und Lebenskünstler. Es scheint: Mit 65 wird man zum alten Eisen, ab 80 wieder zur teuren Antiquität. Der 96-jährige Altkanzler Helmut Schmidt hat gerade erst wieder darauf hingewiesen, dass wir nur mit einer längeren Lebensarbeitszeit unseren Wohlstand erhalten können. Papst emeritus Benedikt XVI. lässt sich das nicht zweimal sagen und arbeitet mit seinen 88 Jahren täglich an seinem neuen Buch, während der erst 78-jährige Papst Franziskus jede Woche ein neues heißes Eisen anfasst. Indiens Präsident Pranab Mukherjee ist schon 79, aber erst im Alter von 76 Jahren gewählt worden. Bundespräsident Joachim Gauck ist erst 75 Jahre alt, könnte aber mit 78 wiedergewählt werden. Sie alle haben noch viel vor, um der Altersarmut ihrer Mitmenschen vorzubeugen.
Erst heuer am 1. April war der bis dato älteste bekannte Mensch der Welt, die Japanerin Misao Okawa kurz nach ihrem 117. Geburtstag gestorben. Die Amerikanerin Gertrude Weaver dagegen hatte sich zu ihrem 117. Geburtstag heuer den Besuch von US-Präsident Barack Obama gewünscht, doch die laut Guinness Buch der Rekorde dann nächstälteste Frau der Welt ist nur wenige Monate vor ihrem Ehrentag im Alter von 116 Jahren an einer Lungenentzündung gestorben. Ihr 94-jähriger Sohn war bei der Beerdigung. Nur einen Tag vor Weaver starb in Peru mit Filomena Taipe eine Frau, die zwar laut peruanischen Behörden 117 Jahre alt wurde, aber leider nicht im Guinness Buch registriert war. Die allein erziehende Witwe Taipe hatte ihr 3774 Meter hoch gelegenes Dorf Pocuto zeitlebens nie verlassen.
Die Beispiele dieser kinderreichen, hart arbeitenden und mangels Geld mit natürlicher Ernährung gesund und zufrieden lebenden Frauen lehren uns, dass offenbar 116 Jahre ein kritisches Alter sein können. Da heißt es ab 110 aufpassen! Die Gerontology Research Group kennt nämlich nur noch drei Menschen, die im 19. Jahrhundert geboren wurden und jetzt mindestens 110 Jahre alt sind. Das liest sich alles erfreulich bis lustig, darf uns aber über eines nicht täuschen: Es gibt auch viele Menschen unter uns, die „auf den Hunderter“ zugehen, aber davon schon zehn oder mehr Jahre nichts mehr mitbekommen und schwerst pflegebedürftig sind.
Doch eines lässt sich als genereller Trend nicht bestreiten: Wenn wir länger leben und die gesundheitlichen Hilfen dafür nutzen wollen, müssen wir auch länger arbeiten. Zumindest alle, die es können.

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