Wirtschaft

Viele Deutsche wollen kein Freihandelsabkommen mit den USA. (Foto: dpa)

09.05.2014

Die Angst geht um

Der Widerstand gegen das Freihandelsabkommen TTIP wächst

Unsere Gewerkschaft ist strikt gegen das Freihandelsabkommen TTIP!“ stellte Mittelfrankens stellvertretende ver.di-Geschäftsführerin Rita Wittmann klar. Schon bei der Einladung zu einer Veranstaltung im Nürnberger Gewerkschaftshaus machte die Organisation kein Hehl aus der Ablehnung: „TTIP – keine Geschenke für Monsanto, BASF & Co“ hieß sie und sorgte für einen vollen Saal Burgblick.
Offiziell steht die von Sigmar Gabriel geführte SPD keinesfalls unkritisch „pro TTIP“: „Jede Geheimniskrämerei würde das Abkommen gefährden“, warnte Gabriel noch am Montag die Verhandlungspartner in den USA. Dennoch scheint es fast, als wundere sich Bundeswirtschaftsminister Gabriel wirklich über die massive Ablehnung in der Bevölkerung. „Es ist doch noch gar nichts vereinbart“, soll er dieser Tage in Berlin erklärt haben angesichts von zehntausenden Unterschriften gegen TTIP.
Glaubt man dagegen Uwe Ke-keritz, dann trägt die Schwarz-Rote Bundesregierung die Haupt-schuld an der Ablehnung. Der Grüne Bundestagsabgeordnete aus Uffenheim (Landkreis Neustadt an der Aisch – Bad Windsheim) „weiß nichts Konkretes zum TTIP. Es gibt eine Datenbank ohne Inhalte. Reine Intransparenz“ nennt er die Informationspolitik von Gabriel und Co gegenüber den Volksvertretern. „Möglicherweise weiß auch Gabriel selber nix“, vermutet Kekeritz. Bürger wüssten ohnehin nur das, was Medien berichten: Genfleisch und Chlorhähnchen sollen auf den europäischen Markt kommen. Und 160.000 Arbeitsplätze sollen auf beiden Seiten des Atlantik entstehen – innerhalb von 13 Jahren.
Denn um die Inhalte machen die EU-Verhandler um Handelskommissar Karel De Gucht ein Geheimnis. Vor allem das im TTIP geplante Schiedsgerichtswesen lässt Spekulationen ins Kraut schießen. Von Unternehmen eingesetzte Anwälte träfen „außerhalb der politischen und juristischen Regeln der Gesellschaft regulatorische Entscheidungen. Hier besteht die Gefahr der Entdemokratisierung der Gesellschaft“, fürchtet Uwe Kekeritz. Und noch eines erklärt der Grünen-MdB den staunenden Gewerkschaftern: Wem sei schon bekannt, dass am 7. Mai ein solcher Vertrag zwischen Kanada und der EU unterschrieben worden sein soll? Oder dass es bereits zwischen EU- und Entwicklungsländern über 130 solcher Freihandelsabkommen gebe – auch mit Schiedsgerichten?
„Viele Politiker sind gegen dieses Schiedsgerichtswesen: CSU, Grüne, Linke, selbst die FDP war dabei. Anders ist es bei der CDU. Und Sorgen macht die SPD.“ Die wurden bei noch größer, als bei der Entscheidung im EU-Parlament über ein vorbereitendes Gesetz zu diesem Schiedsgerichtswesen immerhin 16 der 23 SPD-EU-Abgeordneten zugestimmt haben – neben jenen von CDU und CSU, wie Kekeritz weiß. Er nennt das „Doppelmoral der SPD“. Zigarettenkonzerne könnten Schadenersatz fordern Denn „es darf keine Waffen-gleichheit geben zwischen Staaten und Konzernen, zum Beispiel, wenn es um Gesundheit geht“. Zigarettenkonzerne könnten Schadenersatz fordern, wenn die Steuern erhöht oder Rauchverbote eingeführt werden, fürchtet er und nennt Beispiele aus Paraguay oder Australien, wo das schon geschehen sei. Dort gebe es bereits Freihandelsabkommen mit den USA, welche „die entstandene Klageindustrie ausnutzt“.
Gegen solche Festlegungen im TTIP wehrt sich auch Bayerns Umweltminister Marcel Huber (CSU): „Ein Investitionsschutzabkommen lehnen wir ab. Wer bei uns investieren will, muss unsere Umweltvorschriften respektieren. Wir dürfen den Umweltschutz nicht in die Hände internationaler Schiedsgerichte legen.“ Er sieht die Gefahr, Investoren könnten geplante Investitionen bei einem internationalen Schiedsgericht durchsetzen. Ein bayerischer Antrag in der Umweltministerkonferenz spricht sich dagegen aus. Uwe Kekeritz wiederum appelliert an seine Parlamentskollegen in Berlin und Brüssel: „Kein Abgeordneter kann sich seiner Verantwortung entziehen und seine Gesetzgebungsfunktion an anonyme Vertreter delegieren. Abgeordnete berauben sich gerade selbst ihrer Rechte. Doch dazu haben sie kein Recht“, seien sei doch die vom Volk Legitimierten.
Der Grüne hofft nun auf des Volkes Stimme, um TTIP noch zu verhindern. Könnte klappen: So lehnten in dieser Woche bei einer BR-online-Befragung über 97 Prozent das Abkommen strikt ab. (Heinz Wraneschitz)

Kommentare (1)

  1. Zitrone am 10.05.2014
    Wozu brauchen wir noch ein Parlament für Europa, das zwischen Brüssel und Straßburg hin und herzieht für Millionen, aber in den entscheidenden Fragen die Bürger verkauft? Von den Natiionalregierungen und der EU-Kommission ganz zu schweigen.
    Europa sollte eine AG werden, in der das Kapital dann ganz offenkundig den Aufsichtsrat und den Vorstand stellt.

    Schade für diesen wunderbaren Kontinent und die Europaidee, die letztlich dem Mammon geopfert wird.
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