Wirtschaft

Rekord-Bilanz nach den ersten drei Quartalen des Jahres 2014 am Münchner Flughafen: Erstmals wurden in diesem Zeitraum mehr als 30 Millionen Fluggäste registriert. (Foto: FMG/Hennies)

24.10.2014

Die dritte Startbahn soll her

Drehkreuz München: Airportchef Michael Kerkloh weist auf die wirtschaftliche Bedeutung von internationalen Flugverbindungen hin

Ein leistungsfähiger Flughafen ist entscheidend für den Erfolg einer Wirtschaftsregion. Darum betont Münchens Flughafenchef Michael Kerkloh auch unablässig die Bedeutung des Baus der dritten Startbahn und des neuen Sateliten-Terminals. „Die zukünftigen Arbeitsplätze sind hochmobil“, sagt er der Staatszeitung. Darum sei es so wichtig, den Flughafen weiterzuentwickeln. Denn Unternehmen erwarten in der globalisierten Wertschöpfung, dass ihre Mitarbeiter auch zu attraktiven Zeiten internatinoal unterwegs sein können. Und wenn das der Münchner Flughafen aufgrund von Kapazitätsengpässen nicht mehr bieten könne, würden auch nennenswerte Firmenansiedlungen in der „Weltstadt mit Herz“ oder im gesamten Freistaat nicht mehr stattfinden.
Nach dem jüngsten Passagierrekord am Airport im Erdinger Moos zeichnet sich immer deutlicher ab, dass Kerklohs Prognose von einmal 50 Millionen Fluggästen per anno im Jahr 2030 nicht aus der Luft gegriffen ist. Zwar könne man sich Kerkloh zufolge jetzt zurücklehnen und sagen, dass man mit dem jetzigen Passagieraufkommen klar komme und damit auch zufrieden sein könne. „Doch es geht ums langfristige Entwicklungspotenzial Bayerns“, unterstreicht er. Die Qualität des Luftverkehrsdrehkreuzes München sei entscheidend, dass sechs Mal pro Tag die so genannte Knotenbildung perfekt abgewickelt werden kann. „Da kommen 80 bis 100 Flugzeuge rein, die Fluggäste steigen zum Teil um und nach zwei Stunden gehen die Flieger wieder raus“, so Kerkloh. Bei steigenden Passagierzahlen – für ganz Deutschland sind bis 2030 etwa 100 Millionen zusätzliche Fluggäste prognostiziert – würden dann aber auch mehr Flieger in diese zeitlichen Knoten kommen wollen. „Aber wir sind schon zwischen acht und zehn Stunden am Tag zu, sprich wir haben in den attraktiven Tageszeiten keine Slots mehr“, erklärt der Flughafenchef.
Selbstverständlich könne man in den unattraktiveren Morgen-, Abend- und Nachtstunden noch Flieger unterbringen. Doch danach fragen die Airlines nicht, so Kerkloh. „Wenn eine Fluggesellschaft ein Flugzeug neu ins System bringen will, muss dieses pro Tag vier Strecken fliegen, damit das für die Airline wirtschaftlich ist. Das bedeutet, dass die Airline für den Flieger acht Slots braucht. Aber wir können dann am Ende nur drei Slots anbieten“, verdeutlicht Kerkloh die Lage am Münchner Flughafen. Also würden sich die Airlines nach anderen Airports in Deutschland umsehen, wo sie die Flieger unterbringen können.
Hierin liegt die Krux. Denn für die kommenden Jahre haben die Fluggesellschaften eine enrome Menge neuer Flugzeuge bestellt, um der steigenden Nachfrage Herr zu werden. Wenn München dann nicht mehr so viele Slots anbieten kann wie in der Vergangenheit, breche zwar keine Katastrophe aus, aber die Entwicklung des Flughafens stagniere und werde irgendwann rückläufig. Denn die Maschinen würden die Airlines an anderen Flughäfen konzentrieren, die entsprechend viele Slots an attraktiven Tageszeiten anbieten können.
Luftverkehr ist ein Element der Zukunftsgestaltung Das alles seien schleichende Entwicklungen, von denen man morgen und übermorgen noch nichts merken werde. Aber in zehn bis zwanzig Jahren werde der Münchner Flughafen seine heutige Bedeutung verloren haben, wenn die dritte Bahn nicht gebaut wird. Wie notwendig der Ausbau ist, zeigt sich laut Kerkloh am derzeit entstehenden Satelliten-Terminal: „Dort bringen wir die Abfertigungskapazität des Kölner Flughafens unter.“
Wie wichtig „Luftverkehr als Element der Zukunftsgestaltung“ ist, könne man am Beispiel der arabischen Staaten und der Türkei ablesen. „Die haben den Willen, ein Wohlstandsniveau wie in Deutschland zu erreichen. Darum orientieren sie sich an uns – andere Länder übrigens auch“, so Kerkloh. Selbst wenn der ursprünglich für 150 Millionen Passagiere geplante neue Istanbuler Flughafen jetzt nur für 70 Millionen Passagiere gebaut wird, sei dies eine ernstzunehmende Konkurrenz in Europa. Denn den Airlines sei es einerlei, ob sie von München oder von Istanbul in alle Welt fliegen. Dann würde München zu einem reinen Zubringerairport degradiert. In dieser Situation befinden sich sehr viele deutsche Regionalflughäfen, nicht zuletzt der Nürnberger Airport.
Doch nicht nur für die Unternehmen und Urlaubsreisenden im Freistaat ist der Münchner Airport wichtig. Mit seinen rund 33.000 Beschäftigten ist er auch ein wichtiger Jobmotor für die Region. „Das sind alles Arbeitsplätze, die man nicht exportieren kann. Die bleiben hier. Und wenn die dritte Bahn kommt, werden wir noch mehr Arbeitsplätze anbieten können“, so Kerkloh. Denn Faustformel laute: „Pro eine Million Passagiere 700 bis 1000 neue Jobs an einem Flughafen.“ Und hinzu komme noch einmal die gleiche Anzahl an indirekten Jobs, also bei Firmen, die für den Flughafen München arbeiten. Insofern könne man auch die etwa 33.000 jetzt schon am Münchner Flughafen beschäftigen verdoppeln. Also würde die dritte Start- und Landebahn auch für eine signifikant höhere Anzahl nicht verlagerbarer Arbeitsplätze am Münchner Flughafen sorgen. „Und wir bieten Jobs für alle: vom nicht Qualifizierten bis zum Hochqualifizierten“, unterstreicht Kerkloh.
Schienenverbindung muss dringend verbessert werden Das Arbeitskräftereservoir für dieses Wachstum liegt dem Flughafenchef zufolge im Osten des Airports. Deshalb sei es unterlässlich, dass endlich auch die Schienenverbindung verbessert werde. Um langfristig unter den Top-Airports Europas zu bleiben, müsse auch dringend der Fernbahnanschluss kommen. „Der Münchner Flughafen ist der einzige große Airport in Deutschland ohne Fernbahnanschluss“, so Kerkloh. Aber er ist guter Dinge, denn mit Bayerns neuem Bahnverkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) spüre Kerkloh „auf jeden Fall Gestaltungswillen“. Dass am Ende wegen der langen Entscheidungswege alles länger dauere, als es wünschenswert sei, wisse Kerkloh auch.
Für die neue Start- und Landebahn veranschlagt er jedenfalls eine Bauzeit von nur zweieinhalb bis drei Jahren. Allerdings muss das Bundesverwaltungsgericht noch entscheiden, ob die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs für die neue Bahn ohne Recht auf Revision zu erlassen, rechtens war. Das könne bis Sommer 2015 dauern. Sollten die Leipziger Richter den Münchner Kollegen folgen, müssten sich immer noch die drei Gesellschafter der Müchner Flughafens (Landeshauptstadt, Freistaat und Bund) einigen. Denn die Landeshauptstadt habe ja klar gemacht, dass sie sich immer noch an das „Nein“ zur dritten Bahn durch die Bevölkerung gebunden fühle, obwohl der Bürgerentscheid nur eine juristische Bindefrist von einem Jahr hat – also noch jede Menge offene Fragen.
In dieser Zeit freuen sich Kerkloh und sein Team darüber, dass sie wieder die Auszeichnung „Best Airport in Europe“ erhalten haben. „Das haben Passagiere entschieden und nicht eine Jury in irgendeinem Hinterzimmer“, betont Kerkloh. 13 Millionen Passagiere wurden hierzu durch das Londoner Skytrax-Institut berfragt.
Ebenfalls Grund zur Freude lieferte der Spitzenplatz beim CDP-Rating für den Münchner Airport. Die drei Buchstaben stehen für Carbon Disclosure Project. Der Münchner Flughafen hat 98 von 100 möglichen Punkten erreicht. „Damit stehen wir besser da als so manches DAX-Unternehmen in Deutschland, was Klimaschutz und Nachhaltigkeit angeht“, so Kerkloh. CDP ist eine ebenfalls in London ansässige Ratingagentur, die jährlich über 5000 Unternehmen mit einem Börsenwert von rund 78 Billionen US-Dollar hinsichtlich ihrer Aktivitäten auf diesem Feld analysiert. Die Flughafen München GmbH sei mit dieser Auszeichnung der einzige Flughafenbetreiber weltweit in dieser Spitzenklasse. „Das unterstreicht auch, dass wir nachhaltiges Wachstum wollen und kein Wachstum um jeden Preis“, schließt Kerkloh. (Ralph Schweinfurth)

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