Wirtschaft

Eine gute Marke sichert die Existenz des Unternehmens. Das ist auch bei BMW so. (Foto: dapd)

23.03.2012

Die Marke – besser als die anderen sein

Wer sich einen Namen machen will, muss einen klaren Vorteil bieten – und diesen geschickt verkaufen

Letztlich sei es ums Überleben gegangen, sagt Jens Beining. „Wir haben uns gefragt, was unsere Existenzberechtigung ist.“ Es ging um die Existenzberechtigung von Europas größtem Schuhhersteller. Oder: um das Überleben der Firma Wortmann aus Detmold. Kein Mensch weiß, wer Wortmann ist. Das von Beining geführte Familienunternehmen gehörte lange zu denen, die im Stillen Erfolg haben: knapp eine Milliarde Euro Jahresumsatz. 75 Prozent Eigenkapital. 67 Millionen Paar Stiefel, Sneaker, Sandalen oder Pumps pro Jahr. Große Schuh- und Bekleidungsketten wie Görtz oder S. Oliver lassen ihre Schuhe von Wortmann fertigen. Alles lief gut. Doch die Händler kamen irgendwann auf die Idee, gleich selbst mit den Chinesen zusammenzuarbeiten. Warum noch Wortmann dazwischenschalten? Es war Mitte der 90er und klar: Wortmann durfte nicht länger ein namenloses Schuhgespenst bleiben. Beining sagt: „Wir mussten Marke gehen.“ Den Namen Wortmann kennt noch immer keiner. Aber Tamaris. Die Marke zählt heute zu den populärsten Schuhmarken Deutschlands. Wer Tamaris in seinen Regalen will, der kommt an Wortmann nicht mehr vorbei.
„Die Marke ist ein knallhartes Wertsteigerungsinstrument“, sagt der Chefberater der Markenagentur Brandtrust, Achim Feige. „Sie hält mich aus dem ständigen Preiskampf heraus.“ Dies ist wichtig in Zeiten, in denen jedes T-Shirt, Handy oder Autoteil ganz selbstverständlich wochenlang zwischen Taiwan, Tunesien und der Türkei unterwegs ist. Schließlich gibt es immer irgendwo einen, der billiger ist. Darunter leiden besonders kleine und mittelständische Firmen. Die, die beim Einkauf nicht auf Marktmacht und Mengenrabatte pochen können - oder mal eben die Produktion nach Asien auslagern. Ihnen bleibt, sich einen guten Namen zu machen. Zu zeigen, dass sie eben nicht ersetzbar sind. Vielleicht teurer, aber dafür erfinderischer, anständiger, freundlicher oder robuster. „Das ist es, was Marke ist“, sagt der Markenspezialist Klaus Brandmeyer, „der gute Name einer Sache.“ Brandmeyer beschäftigt sich seit 30 Jahren mit Marken und weiß, dass es Zeit braucht, sich einen guten Namen zu machen: Zehn bis 15 Jahre müsse man mindestens investieren. Doch wer nach zwei Jahren Vorstandssessel Bilanz ziehen muss, hat dafür oft keine Zeit. Nicht umsonst sind die großen deutschen Marken fast immer aus Familienunternehmen entstanden. Deren Durchhaltevermögen wird belohnt: mit treuen Kunden. Mit Fans, die eine unverrückbar gute Meinung haben und diese effektiver verbreiten, als jede Werbekampagne es je könnte. So überleben starke Marken wie Märklin, Quelle oder Junghans selbst Missmanagement und Pleiten.
Doch im Gegensatz zu Marketing oder Bilanzierung kann man Marke nicht studieren. „Was Marke ist, wird nirgends gelehrt“, sagt Brandmeyer. Um herauszufinden, was die eigene Marke, das Nicht-ersetzbar-Sein ausmacht, empfiehlt Brandmeyer deshalb: „Denken Sie zunächst gar nicht an Marke. Beobachten Sie sich einfach dabei, wie Sie ganz persönlich versuchen, die Menschen von Ihrem Produkt zu überzeugen.“
Doch auch Firmen, die kein oder nur ein sehr kleines Werbebudget haben, können erfolgreich Marken aufbauen. „Selbst die Pilskneipe an der Ecke kann Marke sein“, sagt Oliver Errichiello. „Schließlich gehen die Kunden aus einem ganz bestimmten Grund dorthin.“ Und sei es nur der, dass die Kneipe an exakt dieser Ecke liegt. Errichiello berät seit Jahren Mittelständler zum Thema Marke und hat festgestellt: „Viele sind sich ihrer Erfolgsbausteine gar nicht bewusst.“ Gerade die Herkunft werde selten als Erfolgsfaktor erkannt. Dabei entstehen durch lokale Verwurzelung oft wirksame Markengeschichten. Zum Beispiel die der Metzgerei Meyer. Sie steht für traditionelle Fleischverarbeitung - und den Standort Nürnberg. Gleiches gilt in Düsseldorf für die Schlachterei Schlösser oder in Hamburg für die Metzgerei Beisser. Obwohl die Kunden dort jeweils um einiges mehr für Steak und Wurst ausgeben müssen als an der Supermarktkasse, sind die Familienbetriebe in ihren Städten als Adressen für gutes Fleisch bekannt. Mehr ist auch nicht nötig. „Marke hat nichts mit Größe zu tun“, sagt Errichiello.
Umgekehrt sind Werbemillionen verschwendet, wenn das, was man anbietet, im Vergleich zur Konkurrenz keinen Vorteil hat. „Viele denken immer noch, Marke sei so ein Emotionsding“, sagt Brandmeyer. „Die einzige Emotion, die Sie wirklich brauchen, ist Vertrauen.“ Ansonsten gilt: „Wer verkaufen will, braucht auch Argumente.“ Die findet man mit einer einfachen Formel: Was ist einzigartig? Jemand, der eine Firma gegründet und aufgebaut hat, weiß das meistens ganz genau. Aber einmal, erzählt Brandmeyer, habe er diese Frage einem Konzernmanager gestellt. Die Antwort: „Da muss ich erst meine Unterlagen holen.“
(Hanna Grabbe)

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