Wirtschaft

Geschäftsführer Till Sybel präsentiert digitales Equipment aus seinem Unternehmen. (Foto: Wraneschitz)

22.09.2017

Die Spannung regeln

Unternehmen aus Nürnberg rüstet heute schon das Verteilnetz der Zukunft aus

„Jedes Gerät ist ein Botschafter“, sagt man bei der A. Eberle GmbH & Co. KG. Und weil Niederspannungsregelsysteme vom Nürnberger Elektronikunternehmen immer mehr wackelige Verteilnetze auf der ganzen Welt stabilisieren, kommt auch diese Botschaft immer öfter an: Neue Technologien sind eine Alternative zum klassischen Netzausbau. „LVRSys“ oder „Niederspannungsregelsystem“: Mit solchen Begriffen oder Kürzeln bringt das Unternehmen A. Eberle selbst Besucher von Fachmessen zum Grübeln. Erst ein Blick ins Schaltbild des LVRSys macht vieles klarer: Das Gerät lässt sich vielfältig als Spannungsregler einsetzen, im Verteilerkasten am Straßenrand genauso wie für ganze Ortsnetze im Trafohaus.

Damit löst A. Eberle ein Problem, mit dem sich gerade Betreiber ländlicher Netze herumschlagen müssen: Hier speist eine Solaranlage, dort ein kleines Biogas-Blockheizkraftwerk, Strom in die Niederspannungsleitung, die auch zu den Wohnhäusern führt. Das passiert nicht immer dann, wenn der Strom vor Ort auch verbraucht wird. Die Spannung schwankt, manch elektronischer Verbraucher verträgt das nicht, die Stromkunden sind genervt.

Die moderne Elektronik bietet Alternativen


Der erste Gedanke für Netzbetreiber, um das Problem zu lösen war bislang: dickere Leitungen, also Netzausbau. Und die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde findet das gut so. Doch die moderne Elektronik bietet Alternativen. Und A. Eberle ist mit seinem LVRSys ganz vorn dabei: Der regelt laufend die Spannung auf allen drei Phasen des Drehstromnetzes unabhängig voneinander. „So gelingt es, die Spannungssymmetrie im Netz spürbar zu verbessern. Außerdem können die Netzbetreiber die Spannung erhöhen und absenken“, erklärt Till Sybel, Diplomingenieur und Vertriebsgeschäftsführer die Funktion. „Dieses Alleinstellungsmerkmal gewinnt in Zukunft noch mehr Bedeutung bei der Gewährleistung der Spannungsqualität, gerade auch wegen steigender Belastung der Netze durch Elektromobilität und Wärmepumpen“, da ist sich auch Stefan Hoppert ganz sicher, der Produktmanager für LVRSys.

Erneuerbare Energien in kritische Netze einspeisen


Doch das neue Gerät, das zum Beispiel der nordbayerische Verteilnetzbetreiber N-ERGIE im kleinen unterfränkischen Dorf Ingolstadt (Ortsteil der Gemeinde Giebelstadt, Landkreis Würzburg) vor einem Jahr erfolgreich getestet hat, ist nicht das erste System, das A. Eberle für diesen Einsatzbereich entwickelt hat. Schon 2010 wurde das Unternehmen für eine „Regeleinrichtung für Ortsnetztransformatoren“ mit dem Bayerischen Energiepreis ausgezeichnet. Das ermöglichte „die Einspeisung erneuerbarer Energien in kritische Netze ohne aufwendigen Netzausbau“, lautet die Begründung. Inzwischen werden solche Geräte „Regelbare Ortsnetztrafos“ oder RONT genannt und sind weit verbreitet.

Das Unternehmen wurde vor fast 40 Jahren von Albert Eberle gegründet, doch der Herr taucht nur noch im Firmennamen auf. Vom Start weg war die Firma mit Traforegelungen befasst. Heute hat Lothar Mayer die Mehrheit der Firmenanteile, ist jedoch auch „nicht mehr operativ tätig“, wie es heißt. Insgesamt hat A. Eberle zwölf Kommanditisten, alle sind auch Mitarbeiter. Die Geschäftsführung haben die Ingenieure Till Sybel und Harald Straußberger.

Digitales Equipment für Spannungsregelung


„Wir machen digitales Equipment für Spannungsregelung, Power Quality mit Störschreibung und Erdschlussortung“, fasst Sybel das wesentliche Produktionsfeld in einem Satz zusammen. Die Fertigung passiert zu 100 Prozent in Deutschland. A. Eberle sieht sich als „Ideenschmiede“, fertigt nicht alles selber, sondern hat „Partner für die Produktfertigung im Umkreis von 50 Kilometern. Wir haben die Ideen, machen die Produktentwicklung, die Nullserie“, beschreibt Geschäftsführerkollege Harald Straußberger den Ablauf bei vielen der angebotenen Systeme.

Bis zu 70 Prozent Exportanteil


Die Produkte wiederum sind weltweit im Einsatz bei „bis zu 70 Prozent Exportanteil“. Die Kundengruppen unterscheiden sich überall: In Afrika sind es oft „Industriefirmen, die keine vernünftige Spannung vom Energieversorger (EVU) bekommen. In Neuseeland gibt es teils sehr lange Leitungen, an denen einphasige Spannungsregler, sogenannte Pole Mounts, also am Mast befestigt sind.“ In Deutschland dagegen sind die Energieversorger selbst für die Spannungsregelung zuständig und damit die Kundschaft für LVRSys und Co.

Doch der A. Eberle-Blick geht immer stärker ins Ausland: Es gebe zwar kein US-Geschäft, aber chinesische Trafobauer als Kunden. Auch sehr wichtig sei Indien: Der dortige Firmenrepräsentant ist sogar Kommanditist. „Aus dem Mittleren Osten kommen viele Ideen für neue Produkte“, nennt Till Sybel einen Trend. Die Firma selbst „möchte mit Power Quality- und Störschreibern auf den dreifachen Umsatz kommen“. Genau dafür werden gerade neue Geräte entwickelt. „Und bei Spannungsreglern wachsen wir ohnehin“, lachen Sybel und Straußberger.

Wo einst Turbinen gefertigt wurden


Seit sieben Jahren ist der Firmensitz in einem Gewerbekomplex an der Nürnberger Frankenstraße, dort wo einst Turbinen gefertigt wurden. Als Albert Eberle 1980 in seiner Garage im Stadtteil Eibach gestartet ist, hatte er sechs Mitarbeiter. Heute arbeiten bei A. Eberle um die 90 Menschen; von denen sind fast zwei Drittel Ingenieure und Techniker.

Man strebe kein ungebremstes Wachstum an, stellt Till Sybel heraus. Dass die Firma „anders“ ist, merkt auch jeder Besucher sofort. Da kommen Mitarbeiter mit Handtüchern vorbei: „Die Belegschaft kann sich bestimmte Aktionen wünschen“, Massage war eine davon – jetzt werden zu bestimmten Zeiten Behandlungen angeboten. Dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie selbst bei Ingenieuren funktioniert: Auch dafür ist A. Eberle ein Beweis. Vereine wie die Nürnberger Altstadtfreunde oder Kinderaktionen können mit Spenden rechnen: „In einer von Lothar Mayer eingebrachten Betriebsnorm ist festgelegt, wie viel Spenden ausgeschüttet werden“, erzählt Till Sybel und ergänzt: „Es wurde beispielsweise auch schon in Afrika eine Schule mit unserer Unterstützung gebaut.“

Im Unternehmensleitbild heißt es dazu: „Mit unseren Werten Klarheit, Offenheit und Fairness stehen wir für eine menschliche Unternehmenskultur und leisten unseren Anteil am Aufbau einer gerechten Gesellschaft.“
(Heinz Wraneschitz)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.