Wirtschaft

Bayerns Exporte stiegen von 2002 bis 2012 um 61,8 Prozent. (Foto: bayernhafen gruppe)

27.09.2013

Eine „Agenda 2020“ muss her

Forderungen der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft an die neue Bundes- und Landesregierung

Kaum sind Bundes- und Landtagswahl vorüber, legt die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. ihre Forderungen an die künftige Bundes- und Landesregierung auf den Tisch. Dazu hat die vbw eine „Agenda 2020“ zusammengestellt. „Sie zeigt Top-Punkte auf, die umgesetzt werden müssen, damit Deutschland stark und Bayern Wirtschaftsmotor Nummer eins in Deutschland bleibt“, sagt vbw-Präsident Alfred Gaffal bei der Vorstellung der „Agenda 2020“ im Haus der Bayerischen Wirtschaft in München.
Gaffal sieht die Reformen der „Agenda 2010“ als richtig an und folgert daraus, dass die Reformbemühungen weitergehen müssen: „Es gilt jetzt, die Weichen auf Zukunft zu stellen.“ In der „Agenda 2020“ fordert die vbw, dass bis zum Jahr 2020 Infrastruktur, Arbeit, soziale Sicherung, Bildung, Steuern und Innovationen die Schwerpunkte des politischen Handelns in Berlin und München sein müssen. Denn nur so könne der Wohlstand hierzulande und vor allem unter weiß-blauem Himmel erhalten bleiben.
Der vbw-Präsident illustriert anhand von Zahlen die Ausgangslage: „Die Unternehmen in Bayern und Deutschland haben sich ihre Wettbewerbskraft hart erarbeitet. Sie bauen ihre Präsenz auf den Weltmärkten konsequent aus und erschließen sich dynamisch wachsende Emerging Markets.“ So sind die bayerischen Exporte zwischen 2002 und 2012 von 102 Milliarden auf 165 Milliarden Euro gestiegen (+ 61,8 Prozent). Überdurchschnittlich stark sind die bayerischen Exporte in dieser Zeit in die Schwellenländer (+ 143,3 Prozent) gestiegen, insbesondere in die BRIC-Staaten (+ 333,8 Prozent) und hier wiederum vor allem nach China (+ 484,6 Prozent). Wurden 2002 noch Waren im Wert von 2,5 Milliarden Euro aus Bayern nach China exportiert, waren es 2012 14,8 Milliarden.
Gründe für diese Entwicklung sind sind laut Gaffal die globale Aufstellung der Wertschöpfungsketten der Unternehmen. Außerdem nutzen sie die internationale Arbeitsteilung. Darüber hinaus investieren sie in Forschung und Entwicklung (F+E) und stärken damit ihre Innovationskraft. Die F+E-Aufwendungen in Bayern liegen Gaffal zufolge bei jährlich rund 14 Milliarden Euro. Das sind gut 3 Prozent des bayerischen Bruttoinlandsprodukts.
Zum Vergleich: Der Anteil an Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt liegt in Deutschland bei rund 2,9 Prozent. Andere wichtige Industriestaaten wie Japan (3,3 Prozent), Schweden (3,4 Prozent), Südkorea (3,7 Prozent) und Finnland (3,8 Prozent) sind hier voraus.
Allein dieser Vorsprung im F+E-Bereich ist für die vbw Anlass, zu konstatieren, dass Forschung und Entwicklung maßgebliche Treiber des Wohlstands sind. „Damit das bei uns vorhandene Innovationspotenzial Breitenwirkung entfaltet, müssen auch kleine und mittlere Unternehmen einen besseren Zugang zu F+E haben und der Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft muss erleichtert werden. 2020 muss unser internationaler Spitzenplatz bei den Innovationen gefestigt sein“, so Gaffal.
Doch F+E ist nicht alles. Um einen Verkehrskollaps zu verhindern, müssen laut vbw bis 2020 die gesamte Verkehrsinfrastruktur instand gesetzt und neue Maßnahmen realisiert werden. Nach einer ADAC-Auswertung gab es 2012 auf Deutschlands Straßen 285 000 Staus mit einer Gesamtlänge von rund 600 000 Kilometern. Das Institut INFRAS aus der Schweiz beziffert den volkswirtschaftlichen Schaden durch Staus auf über 75 Milliarden Euro.
Die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur muss dazu neu geordnet, deutlich verstärkt und verstetigt werden. Gaffal: „Dazu bedarf es einer Anhebung der Bundesmittel für die Verkehrsinfrastruktur von jährlich 10 auf 14 Milliarden Euro: Straße von 5 auf 7,5 Milliarden Euro, Schiene von 4 auf 5 Milliarden, Wasserwege von einer auf 1,5 Milliarden. Ergänzt werden muss dies durch die Einführung einer Vignette und durch mehr Private-Public-Partnership-Modelle.“
Eine ganz wesentliche Aufgabe ist auch die Schaffung einer effizienten Energieinfrastruktur. Ziel muss laut vbw die rasche Umsetzung der Energiewende sein. „Die Versorgungssicherheit zu wettbewerbsfähigen Preisen ist gerade für den Industriestandort Bayern existenziell. Daher brauchen wir eine sofortige Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), das eine zentrale Ursache für die dramatisch steigenden Strompreise ist. Wichtig sind auch steuerliche Erleichterungen bei Energieeffizienzmaßnahmen. Wir brauchen hier eine Steigerung der Sanierungsquote bei Gebäuden auf 3 Prozent im Jahr“, sagt der vbw-Präsident.
Zur Infrastruktur gehört aber auch die Breitbandversorgung. Hier muss laut vbw bis 2020 ein sicheres Hochgeschwindigkeitsbreitbandnetz mit 100 Megabit pro Sekunde in allen Teilen Bayerns zur Verfügung stehen. Derzeit gebe es in Bayern eine Breitbandversorgung mit einem Megabit pro Sekunde von 99,2 Prozent. Bei der Breitbandversorgung mit über 50 Megabit pro Sekunde liegt der Versorgungsgrad in den bayerischen Städten bei knapp 75 Prozent, auf dem Land nur bei gut 10 Prozent.
Um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu erhalten, dürfen laut Gaffal auch die Arbeitskosten von durchschnittlich 37 Euro pro Arbeitnehmer und Stunde in der westdeutschen Industrie nicht weiter steigen. Deutschland liege hier weltweit an der Spitze. „In anderen Industriestaaten wie Österreich (32 Euro) oder Italien (26 Euro) liegen die Kosten deutlich niedriger, ganz zu schweigen von unserem Nachbarn Tschechien (10 Euro)“, so Gaffal. Lohnerhöhungen dürften sich künftig ausschließlich am allgemeinen Produktivitätsfortschritt orientieren. „Wir brauchen außerdem weiter einen flexiblen Arbeitsmarkt. Das heißt vor allem: keine zusätzliche Regulierung oder Beschränkung von Werkverträgen, Zeitarbeit oder Befristungen von Arbeitsverhältnissen und keine Einführung von flächendeckenden gesetzlichen Mindestlöhnen“, so der vbw-Präsident. Es könne nicht sein, dass eine Minderheit von schwarzen Schafen, die diese Flexibilisierungsinstrumente missbraucht, die Regierung zu schärferen Gesetzen treibt. Zuwiderhandlungen müssten identifiziert und geahndet werden.
(Ralph Schweinfurth)
„Agenda 2020“ unter: www.vbw-bayern.de/vbw/Aktionsfelder/Wirtschaft-und-Gesellschaft/Politischer-Dialog/Agenda-2020-f%C3%BCr-Wettbewerbsf%C3%A4higkeit.jsp

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