Wirtschaft

Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung betont, dass kleine Wasserkraftanlagen auf lokaler Ebene für Netzstabilität sorgen. Denn sie erzeugen rund um die Uhr Ökostrom. (Foto: Schweinfurth)

20.05.2022

Energiewende absurd

Geplante EEG-Novelle: Betreiber kleiner Wasserkraftwerke sollen keine Vergütung mehr erhalten

Von einer mutwilligen Zerstörung einer über 100 Jahre alten Stromerzeugungsart spricht Bayerns Städtetags-Vizevorsitzender und Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) beim Ortstermin an einer kleinen Wasserkraftanlage im Fürther Vorort Flexdorf. „Es ist unglaublich, dass ein grüner Minister diese Erzeugungsart beenden will. Das ist Energiewende absurd“, echauffiert sich Jung angesichts von über 4000 Kleinwasserkraftanlagen in Bayern.

Hintergrund sind die geplanten Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die ab 2023 gelten sollen. So sollen zu ertüchtigende Bestandsanlagen als auch neugebaute kleine Wasserkraftanlagen mit einer installierten Leistung bis 500 Kilowatt künftig keine EEG-Vergütung mehr erhalten. Betroffen wären laut der Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern (VWB) schon mittelfristig rund 90 Prozent der insgesamt 7300 Wasserkraftanlagen in Deutschland. Sollten die Pläne ab Januar 2023 umgesetzt werden, stünde der VWB zufolge die Existenz zahlreicher Wasserkraftanlagen auf dem Spiel.

Denn ohne Zukunftsperspektive würden diese Anlagen zurückgebaut. Jedes Jahr gingen damit zig Millionen Kilowattstunden CO2-freier Strom aus Wasserkraft verloren. Begründet wird der Förderstopp dabei mit den angeblich „besonderen gewässerökologischen Auswirkungen“ der kleinen Wasserkraft. Dies ist jedoch nicht stichhaltig, da Wasserkraftanlagen schon nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ihre ökologische Verträglichkeit nachweisen müssen. „Ich kann zwar die Fische nicht befragen, aber in der Zenn gibt es nach wie vor unzählige – trotz unserer vier Kleinwasserkraftanlagen“, sagt Jung.

Der Staatsregierung beipflichten

Für ihn als SPDler sei es gewöhnungsbedürftig, der bayerischen Staatsregierung, die sich für die kleine Wasserkraft einsetzt, beizupflichten. Aber wenn die Ampel in Berlin auf falschen Dampfern unterwegs ist, müsse er sie zum Nachbessern auffordern. Zusammen mit 34 weiteren Landes- und Bundesverbänden aus der Energie- und Wasserwirtschaft fordern die VWB und der Landesverband Bayerischer Wasserkraftverbände (LVBW) die Streichung der umstrittenen Neuregelungen.

„So wenig, wie wir die Pläne der Bundesregierung nachvollziehen können – vor allem angesichts des dringend notwendigen Klimaschutzes und des Krieges in der Ukraine -, umso mehr begrüßen wir die Unterstützung durch die bayerische Staatsregierung“, sagt VWB-Vorsitzender Fritz Schweiger. Die Staatsregierung fordert eine bessere Vergütung für kleine Wasserkraftanlagen anstelle einer pauschalen Aufhebung der Förderung. „Wir sind nicht bereit, den wirtschaftlichen Schaden für Tausende von mittelständischen Betrieben und den Verlust von rund einer Milliarde CO2-freiem Strom aus Wasserkraft pro Jahr einfach hinzunehmen“, ergänzt LVBW-Vorsitzender Hans-Peter Lang.

Die kleine Anlage in Fürth befindet sich an der Zenn und produziert durch die Fallhöhe von 3,2 Metern im Jahr rund 60.000 Kilowattstunden Strom. Würde man bis zu 400.000 Euro investieren, könnte sie 128.000 Kilowattstunden erzeugen und statt der jetzt zwölf dann 25 Haushalte versorgen. Würde man diese Strommenge via Photovoltaik erzeugen wollen, bräuchte man circa 225 Module. Das entspräche einer überbauten Fläche von rund 1200 Quadratmetern.

Vier kleine Anlagen in Fürth

„Wir haben im Stadtgebiet insgesamt vier kleine Wasserkraftanlagen, die im Jahr 6,5 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen. Damit wird 1,2 Prozent des Fürther Stromverbrauchs gedeckt“, erläutert Oberbürgermeister Jung. Auf diese Weise werden 1000 der gut 60.000 Fürther Haushalte mit Strom aus Wasserkraft versorgt.

„Wir laden unsere Mitbürgerinnen und -bürger herzlich ein, sich selbst ein Bild von der Wasserkraft zu machen und uns in unserem Bemühen für angemessene Förder- und Betriebsbedingungen zu unterstützen“, sagt Hermann Steinmaßl (CSU), stellvertretender VWB-Vorsitzender und ehemaliger Landrat des Landkreises Traunstein. Das kann man ab Christi Himmelfahrt (26. Mai 2022) bei den Tagen der Wasserkraft machen. VWB und der LVBW sorgen dafür, dass rund 20 Betreiber ihre Anlagen präsentieren (mehr unter unter www.wasserkraft-bayern.de). Dabei sind unter anderem das Säge- und Hobelwerk Mitterfelner in Reisbach (Landkreis Dingolfing-Landau), das E-Werk Schweiger in Schwaig/Oberding (Landkreis Erding) und das Klostermühlenmuseum in Thierhaupten (Landkreis Augsburg).
(Ralph Schweinfurth)

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