Wirtschaft

Breitbandanschlüsse sind wichtige Infrastruktureinrichtungen. (Foto: Telekom)

05.03.2010

Es fehlt an geschultem Personal

In Arrach ist man froh über das 16.000er Breitband – Der IHK München geht der Ausbau zu langsam

Ein Breitbandanschluss ist für viele Firmen existenziell. Ohne schnellen Internetzugang können sie ihre Geschäfte nicht erledigen. Doch in Bayern gibt es gerade auf dem Land immer noch Orte, die diese Datenleitungen nicht haben. Und für all die neuen Anwendungen, die diese Woche auf der Computermesse CeBIT präsentiert wurden, reichen die bisherigen Übertragungsraten nicht aus.
Mit Bandbreiten bis zu 16 000 Kilobit pro Sekunde können seit Oktober 2009 rund 950 Haushalte via DSL-Anschluss in der 2700 Einwohner zählenden Gemeinde Arrach (Landkreis Cham) ins Internet. „Ich freue mich, dass wir einen der begehrten Internetanschlüsse bekommen haben“, betont Bürgermeister Sepp Schmid (Parteilose Wählergemeinschaft Einigkeit). Gerade für die ländliche Region sei ein DSL-Anschluss ein immer wichtigerer Standortfaktor.
Durch kooperative Verhandlungen mit der Deutschen Telekom ist es laut Franz Pfeffer, dem Breitbandpaten der Bayerwald-Gemeinde, gelungen, die Leitungspläne der Telekom kennenzulernen. So gelangte man im Arracher Rathaus zu der Erkenntnis, dass die Telekom bereits Leerrohre verlegt hat, in die nur noch die entsprechenden Leitungen eingezogen werden mussten. „Wir haben lediglich 500 Meter aufgraben müssen“, erläutert Bürgermeister Schmid. So konnte die Gemeinde erheblich Kosten sparen. Denn ein Kilometer Kabelarbeiten mit Tiefbau kosten rund 50.000 Euro. Insgesamt belief sich der DSL-Ausbau für Arrach auf 109.500 Euro. 50.000 Euro kamen über die Förderung durch die Breitbandinitiative Bayern, so dass die Gemeinde nur noch 59.500 Euro berappen musste. „Gerade für unsere Firmen sind schnelle Internetverbindungen unabdingbar“, betont Breitbandpate Pfeffer. So habe ein Arracher EDV-Spezialist bis vor Kurzem noch im rund 10 Kilometer entfernten Bad Kötzting Räume anmieten müssen, um von dort aus für seine Kunden via Internet Aufträge abwickeln zu können. Aber auch Urlauber im so genannten Lamer Winkel, der Region rund um Arrach und dem Nachbarort Lam, profitieren von der Verfügbarkeit der schnellen Webverbindungen. Auf diese Weise kann Arrach in Sachen Tourismus, der Haupteinnahmequelle der Gemeinde, weiter punkten.
Doch wie kommt man als Gemeinde an die Informationen der Telekom? Wer Einsicht in die Leitungspläne haben will, um vielleicht auf eine ähnliche Goldader in Form von Leerrohren zu stoßen wie die Arracher, sollte diplomatisch vorgehen. Die Bürgermeisterhotline der Telekom (0800 / 88 33 100) hilft hier weiter.
Nach wie vor weiße Flecken in Bayern
Bei der Industrie- und Handelskammer München für Oberbayern ist man froh, dass sich endlich etwas bewegt in Sachen Breitbandausbau. „Doch das geht insgesamt viel zu langsam“, sagt Helmut Burger, Referatsleiter für Informations- und Kommunikationswirtschaft der IHK München, der die Breitbandinitiative Bayern im Jahr 2005 maßgeblich mit vorangetrieben hat. Ihm ist es wichtig zu betonen, dass alle Beteiligten – gerade bei den Bezirksregierungen – einen prima Job machen. Doch es fehle an genügend Personal, um die Bewilligungen abzuarbeiten (mittlerweile wurden 213 Förderanträge für Breitband-Investitionen in Bayern bewilligt). „Wir haben nach wie vor weiße Flecken in Bayern“, mahnt Burger.
Doch viel gravierender sei die fortschreitende Technik. „Wenn jetzt eine Gemeinde 16 Megabit hat, ist das zu begrüßen. Aber damit kommt sie maximal noch drei Jahre hin“, warnt der IHK-Experte. Denn inzwischen sei Glasfaserverkabelung nötig, um Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 bis 100 Megabit zu erreichen, wie sie aktuell auf der weltgrößten Computermesse CeBIT in Hannover diskutiert werden.
„Ich habe große Sorge, dass die weißen Flecken bestehen bleiben, wenn wir in die nächste Förderrunde mit den Regierungen gehen, um 100 Megabit zu realisieren“, so Burger. Denn niemand wisse dann genau, welche Gemeinden schon versorgt sind und welche nicht. Denn die Dokumentationsfrage sei nicht geklärt. Momentan erledige das die Deutsche Telekom. Doch wenn es um Lösungen jenseits des Telefonnetzes geht – und das kommt laut Burger spätestens mit der Glasfaserverkabelung – stelle sich erneut die Frage der Bestandsaufnahme. Und das nehme erneut viel Zeit in Anspruch. Zeit, die angesichts der schnellen technischen Entwicklung nicht vorhanden ist.
Richtig verärgert über die Staatsregierung ist man beim Bayerischen Gemeindetag. Denn die Gemeinden könnten sich trotz der 70-prozentigen Förderung (begrenzt auf 100.000 Euro) durch den Freistaat die 30 Prozent Eigenanteil für den Breitbandausbau nicht leisten, erklärt Gemeindetagsgeschäftsführer Jürgen Busse. Deshalb gebe es in Aichach zum Beispiel erhebliche Probleme, alle Ortsteile der 23.000 Einwohner zählenden Kleinstadt zu versorgen. Für Busse ist es ein unhaltbarer Zustand, dass der Freistaat für den Breitbandausbau 46 Millionen Euro bereitgestellt hat, bisher aber nur 14 Millionen von den Kommunen abgerufen wurden. Die Gemeinden müssen umfangreiche Unterlagen abgeben, um an die Förderung zu kommen. Außerdem gebe es jetzt Konkurrenz durch ein Förderprogramm des Bundes, das den Gemeinden 90 Prozent der Kosten für den Breitbandausbau erstattet. Das GAK-Programm (Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“) läuft bis 2011.
Doch laut bayerischem Wirtschaftsministerium ist das keine Konkurrenz. Denn das bayerische Förderprogramm finanziert sich aus dem GAK-Rahmen des Bundes. „Und die EU hat uns in Bayern nur eine 70-prozentige Förderung genehmigt“, so eine Ministeriumssprecherin.
Nördlingen hat ein Problem
Das wird Kommunen wie zum Beispiel die Flächengemeinde Nördlingen nicht besonders freuen. Denn aus dem benachbarten Baden-Württemberg habe man gehört, dass über den Bund wesentlich mehr an Förderung zu holen sei. Das wäre für Nördlingen wichtig, denn außer der Kernstadt sind noch acht Stadtteile nicht versorgt. Peter Schiele, Hauptamtsleiter und Breitbandpate der Stadt, verweist darauf, dass trotz durchgeführtem Markterkundungsverfahren sich kein Anbieter gefunden habe. Man behelfe sich übergangsweise mit Funklösungen, doch diese seien in der Bevölkerung umstritten, da nicht klar ist, wie sich zu viel Funk auf die Gesundheit der Menschen auswirkt.
„Die Krux ist, dass bei der Breitbandversorgung die Betriebswirtschaftlichkeit im Vordergrund steht und diese nicht als Infrastrukturmaßnahme fürs flache Land angesehen wird“, so Schiele. Die Stadt verlege jetzt vorsorglich bei jeder Tiefbaumaßnahme Leerrohre mit, so dass zu einem späteren Zeitpunkt keine zusätzlichen Kosten entstehen, um die Glasfaserkabel zu verlgen. Schiele bedauert es sehr, dass Internetanschlüsse immer noch nicht als Teil der Erschließung wie Strom- und Wasseranschlüsse begriffen werden. (Ralph Schweinfurth)
Bürgermeisterhotline der Deutschen Telekom: 0800 / 88 33 100
www.breitband.bayern.de

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