Wirtschaft

Die bayerische Wirtschaft setzt ihren Höhenflug weiter fort. (Foto: dpa)

17.05.2018

Fachkräfte und Gewerbeflächen fehlen

BIHK-Konjunkturindex: Die bayerische Wirtschaft setzt Höhenflug fort

Der Konjunkturmotor in Bayern läuft weiter auf Hochtouren, auch wenn er das Rekordniveau vom Jahresbeginn nicht mehr ganz erreicht. Der BIHK-Konjunkturindex hat mit 135 Punkten seit Jahresbeginn lediglich einen Zähler eingebüßt. Seit nunmehr acht Jahren liegt der Indikator damit über seinem langfristigen Durchschnitt – das ist das längste Stimmungshoch seit Beginn der Konjunkturumfrage im Jahr 1993. Die Unternehmen blicken auch weiterhin optimistisch in die Zukunft. Sie wollen investieren und Personal einstellen. Allerdings sehen die Betriebe in dem sich zuspitzenden Fachkräftemangel und den Problemen mit Gewerbeflächen einen Engpassfaktor. Dies geht aus der vorgestellten Konjunkturumfrage des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) unter rund 3800 Betrieben im Freistaat hervor.

„Die aktuelle Stimmung ist weiter hervorragend: 57 Prozent der Unternehmen sind mit ihrer aktuellen Lage zufrieden“, sagte Peter Kammerer, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern. „Mit einem Saldo von 52 Punkten erreicht die Geschäftslage den zweithöchsten Wert seit 1993.“ Die Unternehmen gehen laut Kammerer weiterhin davon aus, dass sich der konjunkturelle Höhenflug in den kommenden zwölf Monaten fortsetzt. Der Saldo der Erwartungen liegt auf dem gleichen Niveau wie zu Jahresbeginn: 27 Prozent der Betriebe rechnen mit mehr Geschäft. Nur ein kleiner Teil der Betriebe (sieben Prozent) befürchtet eine Eintrübung. Angesichts der sehr guten Ausgangslage sei dies ein starkes Signal für einen anhaltenden Boom, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer, der auch Bereichsleiter Volkswirtschaft bei der IHK ist.

Diese Zuversicht übertrage sich auch auf die mittelfristigen Planungen der Unternehmen. Da die Kapazitäten weiterhin gut ausgelastet sind, möchte jedes dritte Unternehmen mehr investieren, jedes zweite behält sein bisheriges Investitionsvolumen bei. Auch beim Personal möchten die Betriebe weiter aufstocken: Mehr als jeder fünfte will zusätzliche Arbeitsplätze einrichten, nur neun Prozent wollen Stellen streichen. Damit steht der bayerischen Wirtschaft ein ähnlich starker Beschäftigungsaufbau bevor wie im Vorjahr, sofern die Betriebe weiter Mitarbeiter finden. Denn der Fachkräftemangel bleibt die Achillesferse der bayerischen Wirtschaft. „Er bleibt die Wachstumshürde Nummer eins für die bayerische Wirtschaft“, so Kammerer. 64 Prozent der Unternehmen – so viele wie noch nie zuvor – sehen im Fachkräftemangel ein Geschäftsrisiko. Anfang 2017 sagten dies erst 50 Prozent. Den Firmen würden nicht nur die Personalkapazitäten fehlen, für 42 Prozent seien auch steigende Arbeitskosten ein Risiko.

Unverändert kritisch sieht die Wirtschaft die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Rund vier von zehn Betrieben sehen sie als Risiko an. Die von den Unternehmen genannten Punkte reichen von zunehmender Bürokratie, schleppenden Planungs- und Genehmigungsverfahren, hohen Steuern und Abgaben bis hin zu Sorgen über die handelspolitischen Auswirkungen des Brexit oder des weltweit zunehmenden Protektionismus. Auch die EU-Datenschutzgrundverordnung verunsichere die Unternehmen aktuell stark, erklärte Kammerer.

Erweiterungen scheitern oft an fehlenden Flächen


„Die regen Investitionen und steigende Beschäftigung heben dazu ein neues Thema auf das Risikotableau. Erweiterungen der Betriebe scheitern oftmals daran, dass Flächen fehlen oder ihre Nutzung eingeschränkt ist, beispielsweise durch strenge Lärmschutzauflagen. Rund ein Drittel der Unternehmen, die ihren Standort erweitern wollen, klagen über Probleme, geeignete Flächen dafür zu finden“, beklagte Kammerer.

Das Baugewerbe ist nach Kammerers Worten weiterhin der „Stimmungskönig“ der bayerischen Wirtschaft. Drei von vier Unternehmen seien mit ihrer aktuellen Geschäftslage zufrieden, „praktisch keines ist unzufrieden. Ein Ende des Baubooms ist nicht absehbar.“ Vielmehr gehen 28 Prozent der Betriebe von einer weiteren Belebung aus und 70 Prozent erwarten eine stabile Entwicklung. Auch die Baubranche sieht laut Kammerer im Fachkräftemangel ein Geschäftsrisiko. „Entsprechend groß sind die Sorgen vor steigenden Löhnen.“

Beste Stimmung herrsche ebenfalls im bayerischen Dienstleistungsgewerbe. 57 Prozent der Unternehmen bezeichnen ihre Geschäftslage als „gut“, nur drei Prozent sind unzufrieden. Rund jedes vierte Unternehmen rechnet mit einer Geschäftsbelebung und nicht einmal zehn Prozent erwartet eine Eintrübung, so der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer. Auch für die Dienstleistungsbranche seien Fachkräfte eine knappe Ressource und damit ein Wachstumshemmnis. Fast sechs von zehn Unternehmen sehen darin ein Geschäftsrisiko.

Die Händler sind nicht mehr so ganz zufrieden


Etwas Dampf aus dem Kessel gelassen hat laut Kammerer die bayerische Industrie, da im Vergleich zum Jahresbeginn die Nachfrage aus dem In- und Ausland nicht mehr ganz so stark zugenommen hat. Dennoch beurteilen 60 Prozent der Firmen ihre Lage als „gut“, nur fünf Prozent sind unzufrieden. Demgegenüber sind die Händler nicht mehr ganz so zufrieden wie zu Jahresbeginn. Sowohl die Groß- als auch die Einzelhändler haben ihre Lageurteile reduziert. Aber noch immer bewerten 43 Prozent der Einzelhändler ihre Lage als „gut“, unter den Großhändlern sind es sogar 53 Prozent.

Gegen Obergrenze bei der Flächenausweisung


Der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer betonte, dass die achtjährige wirtschaftli-che Erfolgswelle im Freistaat kein Selbstläufer sei. „Damit Bayern erfolgreich bleibt, müssen Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel ganz oben auf der politischen Agenda stehen“, so Kammerer. Das Fachkräftepotenzial könne am besten durch eine Bildungspolitik erhöht werden, die durch optimale Förderung ab Kindesalter alle Potenziale voll ausschöpft sowie die berufliche Bildung stärkt und als gleichberechtigte Säule neben der akademischen Bildung anerkennt. Kurzfristig müsse auch die Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren weiter erhöht und parallel dazu der Zuzug von ausländischen Fachkräften vereinfacht werden.

Kammerer kritisierte die arbeits- und steuerrechtlichen Pläne der Bundesregierung: „Das Recht auf befristete Teilzeit für alle Beschäftigten führt gesamtwirtschaftlich zu einer Reduzierung des angebotenen Arbeitsvolumens und ist damit in Zeiten des Fachkräftemangels das falsche Signal.“ Um Beschäftigten Anreize für mehr Arbeit zu geben, wäre es wesentlich sinnvoller, in Zeiten sprudelnder Steuerquellen die Einkommensteuer im unteren und mittleren Bereich (Mittelstandsbauch) zu senken und die kalte Progression zu reduzieren.

Einer staatlich verordneten Obergrenze bei der Flächenausweisung erteilte Kammerer eine klare Absage. denn diese konterkariere das Ziel einer effizienten Flächennutzung. Seiner Ansicht nach wäre „stattdessen ein strategisches, gemeindeübergreifendes und langfristiges Flächenmanagement sowie eine dichtere Bebauung der beste Weg.“
(Friedrich H. Hettler)

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