Wirtschaft

Dank des Engagements der Kanzlei Noerr kann jedes Jahr ein Kindercamp für benachteiligte Kinder und Jugendliche stattfinden. (Foto: loh)

24.02.2017

Für 100 Euro Senioren eine Freude machen

Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen – Nur PR oder ein Schlüssel für nachhaltigen Erfolg?

„Unsere Mitarbeiter stehen finanziell auf der Sonnenseite des Lebens“, erzählt Tobias Bürgers von der Münchner Wirtschaftskanzlei Noerr. „Deswegen wurde es Zeit, der Gesellschaft etwas zurückzugeben“. Aus diesem Grund tauschten vor sechs Jahren 400 ins österreichische St. Wolfgang geladene Anwälte Luxushotel mit Pension, Anzug mit Blaumann und Füllhalter mit Kettensäge, um ein Kinderdorf zu bauen. Dadurch konnte sozial benachteiligen Kindern direkt im Anschluss der erste Urlaub ihres Lebens ermöglicht werden. Seitdem waren bereits mehr als 800 Jugendliche im Noerr Kindercamp zu Gast.

„Nachhaltiges Wirtschaften ist kein Trend, sondern das Zukunftsthema für Unternehmen schlechthin“, bestätigt Gerti Oswald von der IHK für München und Oberbayern bei ihrem Vortrag beim Wirtschaftsforum der Sozialdemokratie in München. Bei der Corporate Social Responsibility (CSR) gehe es nicht nur um die Frage, wie Gewinn verantwortungsbewusst investiert werde, sondern wie Gewinn nicht auf Kosten der Ökologie, Ökonomie und der Gesellschaft erwirtschaftet werde.

Der ehrbare Kaufmann ist noch zeitgemäß


Die gute Nachricht: Eine aktuelle IHK-Studie zeigt, dass das Leitbild des ehrbaren Kaufmanns auch bei über 90 Prozent der jüngeren Unternehmer noch zeitgemäß ist. 94 Prozent glauben, dass CSR die Kundenzufriedenheit verbessert, 81 Prozent, dass es das Unternehmensimage stärkt und 79 Prozent, dass es die Mitarbeiterzufriedenheit und Arbeitgeberattraktivität steigert. Der Erfolg von Nachhaltigkeit zeigt sich neben Bio- auch an Fairtrade-Produkten. Der Absatz in Deutschland ist seit 1993 von 29 Millionen Euro kontinuierlich auf zuletzt 978 Millionen gestiegen. „Verantwortung zu übernehmen lohnt sich“, ist Oswald daher überzeugt. Allerdings müssten sich auch die Verbraucher ihrer Verantwortung bewusst sein.

Die schlechte Nachricht: Gute Sozialprojekte brauchen eine gute Planung. „Vielen Unternehmen fällt aber meist erst kurz vor dem CSR-Bericht auf, dass sie noch keine soziale Aktion durchgeführt haben“, berichtet der Leiter der Stabsstelle für gesellschaftliches Engagement von Unternehmen bei der Stadt München, Bud A. Willim. Firmen müssten sich aber langfristig überlegen, was zu ihrem Profil passt, einen Ansprechpartner benennen und das Budget dafür freigegeben bekommen. „Erst dann können wir schauen, ob wir eine Zielgruppe oder ein Projekt für sie finden“, ergänzt er. Denn auch für Non-Profit-Organisationen müsse es sich lohnen, aus ihrem Tagesgeschäft herausgerissen zu werden.

Es braucht nicht viel Geld


„Unternehmen, die immer von Presse begleitet werden, sind uns die Ärgsten“, klagt Willim. Manche Firmen versuchten aus den Bedürftigen sogar „Testimonials“ zu machen. Werbegeschenke sind dabei nicht das Problem. „Aber wenn ein Schuhhersteller bei einem Ausflug in den Tierpark alle die gleichen Schuhe tragen lässt, schon.“ Dabei kann Hilfe ganz einfach sein. Denn es braucht nicht viel Geld, damit Aktionen gelingen. „Wer zum Beispiel Senioren in den Botanischen Garten einlädt, braucht 100 Euro, um zehn Senioren einen wunderbaren Tag zu verschaffen.“ Der Vorteil an einer Kooperation mit der Stadt München: Diese kann eine Unbedenklichkeitserklärung ausstellen, damit wirklich nur die richtigen Organisationen unterstützt werden. Dafür braucht es aber gute Partner.

Willim kooperiert daher mit der Freiwilligen-Agentur Tatendrang, die älteste Freiwilligenagentur Deutschlands. Sie arbeitet mit 430 Einrichtungen zusammen und führt jährlich 800 Beratungsgespräche mit Interessieren durch. „Wir haben einen guten Überblick, wo Hilfe gebraucht wird“, versichert die Leiterin Renate Volk. Und da Engagement glücklich mache, nutze das auch Unternehmen, um Motivation und Zufriedenheit zu steigern. Angeboten werden bei Tatendrang eintägige „Social Days“, Patenschaften und auch längerfristige Projekte. Außerdem können Firmen pro bono Hilfe anbieten, beispielsweise Einrichtungen helfen, ihr Fundraising zu professionalisieren.

Beratung vor Ort


Um Unternehmen die verschiedenen Möglichkeiten aufzuzeigen, berät das Team von Tatendrang auch vor Ort in den Büros. „Wichtig ist aber, dass die Mitarbeiter verstehen, warum sie sich engagieren“, erklärt Volk. Ebenso müssten die Führungskräfte als Vorbild aktiv mit eingebunden sein und die Fragen geklärt werden, ob die Zeit zur Arbeitszeit zählt und ein Versicherungsschutz besteht. Anschließend muss laut der Expertin das Engagement evaluiert und beispielsweise in der Mitarbeiterzeitung anerkannt werden.

Am Erfolg von ehrenamtlichem Engagement hat Volk keinen Zweifel. Zum einen sei es für Menschen, die hierarchisch ganz unten stehen, motivierend, wenn sie zum Beispiel handwerklich besser begabt sind als der Chef. „Zum anderen“, betont Volk, „fördert der Blick in die Not anderer Menschen die Wertschätzung für das eigene Leben und in die eigene Arbeit.“
(David Lohmann)

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