Beim Jahrestreffen der VKU in Bamberg ging es um die Herausforderungen der Energiewende. Eine Frage stand im Mittelpunkt: Kommt man durch Kooperationen besser und schneller zu neuen Infrastrukturen und zur notwendigen Digitalisierung?
Dass man sich dabei mit Dienstleistern unterhielt, war die eine Seite. Beispielsweise waren Vertreter des Internetunternehmens Google oder des Computertechnikriesen Intel ins Bamberger E.T.A.-Hoffmann-Theater gekommen, um über Partnerschaftsmöglichkeiten zu sprechen. Die andere Gesprächsseite waren die Kooperationsmöglichkeiten der VKU-Mitglieder untereinander.
Denn hier seien noch nicht alle Register gezogen, stellte Katherina Reiche heraus, die Hauptgeschäftsführerin des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU), landläufig als Stadtwerke bekannt: „Die Verteilnetze sind das Herzstück der Energiewende.“ Bewusster zu machen, dass die großteils im Besitz von VKU-Mitgliedern sind, das hat sie sich selbst und ihrem Verband als große Aufgabe gestellt. Denn daraus könnte eine stärkere öffentliche Position des VKU entstehen: Zwar sei „das Vertrauen der Bürger in uns mit 75 Prozent sehr hoch“. Doch der Öffentlichkeit wären die Aufgaben der meist kommunalen Verteilnetzbetreiber (VNB) bisher kaum bewusst. Diese kümmern sich um die Stromnetze unterhalb der 380-Kilovolt-(kV-)Höchstspannungsebene, die weitaus überwiegende Zahl der Leitungen also.
Nur neue Trassen im Fokus
Stattdessen drehe sich die Diskussion beim Thema Stromnetze fast ausschließlich um neue Trassen für Hochspannungsgleichstromübertragungsleitungen (HGÜ). Dabei seien die vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) „von Einzelinteressen getrieben“, weil oft im Besitz privater Kapitalgesellschaften. Das „dezentrale Geschäft“ der VKU-Mitglieder sei dagegen mehr gemeinorientiert: Sie seien von den Kommunen bestimmt und dienten im Querverbund der Subventionierung anderer Dienstleistungen, sagte Reiche.
„Die Diskussion darüber, wie viele Übertragungsnetze brauchen wir, findet aber nicht statt“, unterstrich Josef Hasler, Vorstandschef des Energieunternehmens N-ERGIE AG aus Nürnberg und Vorsitzender der VKU-Landesgruppe Bayern (gerade erst im Amt bestätigt). Und Michael Fiedeldey, seit 1. Juli Geschäftsführer der gastgebenden Stadtwerke Bamberg, hob hervor: „Dezentrale, intelligente Netze sind zwar auch mit Kosten verbunden. Aber der Zugriff auf die kommunale Infrastruktur ist für unsere Zukunft wichtig.“ Eine Kampfansage beispielsweise an die Deutsche Telekom, die weiterhin versuche, die „letzte Meile“ bei Telefonanschlüssen für sich zu reklamieren.
Es gibt Alternativen zum Leitungsbau
Im Kampf gegen Zentralismus – ob bei Energie- oder Datennetzen – sind sich die VKU-Verantwortlichen sichtlich einig. Zumal sie dabei auf eine nagelneue Studie von Prognos und der Uni Erlangen zurückgreifen können, die ihre Position bestätigt. Darin steht: Es gibt Alternativen zum beschlossenen Stromleitungsausbau. Die würden zudem jährlich Milliarden Euro sparen.
Bekanntlich planen die vier ÜNB Tennet, 50Hertz, Amprion und TransnetBW viele tausend Kilometer neue Leitungen, ausgeführt als HGÜ, für die es kaum Erfahrung gibt. Die Politik hat beschlossen, damit vor allem Nord- und Ostdeutschlands überschüssigen Windstrom nach Bayern und Baden-Württemberg leiten, wo bis 2022 die letzten Atommeiler abgeschaltet werden. Doch frühestens 2025 werden die Leitungen fertig, geben selbst die ÜNB inzwischen zu.
Die HGÜs sollen unter die Erde: Das ist zwar vielfach teurer als überirdische Leitungen, verringert aber die Kritik gerade von selbsternannten „Landschaftsschützern“ an den sonst nötigen, hohen Leitungsmasten.
Zellulare Optimierung
Noch vor einem halben Jahr hieß es vom VKU: „Wir sehen den Netzausbau, auch überregional, nach wie vor als insgesamt günstigste Flexibilitätsoption.“ Doch nun hat eines der größten VKU-Mitglieder, die N-ERGIE AG Nürnberg, das renommierte Forschungsinstitut Prognos und mehrere Lehrstühle der Uni Erlangen gefragt: „Was würde passieren, wenn Erneuerbare Stromerzeugung nicht nur strikt im Norden, sondern auch im Süden gebaut würde?“ Darauf hat die Studie mit dem Titel Dezentralität und zellulare Optimierung – Auswirkungen auf den Netzausbaubedarf laut N-ERGIE-Vorstandschef Josef Hasler „bemerkenswerte Ergebnisse“ gebracht: „Bei ganzheitlicher Betrachtung von Erzeugung, Leitung und Vertrieb könnte man 1,7 Milliarden Euro jährlich sparen – und zusätzlich bis zur Hälfte des Netzausbaus.“ Mit immensen Preisvorteilen für alle Stromverbraucher, wie Hasler besonders herausstellt (
Staatszeitung berichtete).
Das Fazit von N-ERGIE und Studienmachern: „Nicht alle Probleme sollten durch Netzausbau gelöst werden.“ Die ÜNB-Konzerne dürften aber andere wirtschaftliche Interessen haben. Nun müsse man das möglichst schnell den politisch Entscheidenden nahebringen: Auch darin herrschte beim VKU Bayern Einigkeit.
(
Heinz Wraneschitz)
Link zur Studie:
www.n-ergie.de/static-resources/content/vp_sales/resources/doc/N-ERGIE_Studie_Zellulare_Optimierung_final.pdf
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