Wirtschaft

Die aktuelle konjunkturelle Lage der bayerischen Metall- und Elektro- (M+E) Industrie ist gut. Im Bild ist der Fräskopf einer CNC zu sehen. (Foto: Bilderbox)

26.07.2016

Globale Krisen drücken die Stimmung

Das Umfrageergebnis zur konjunkturellen Lage der bayerischen M+E Industrie

Die Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro Industrie (M+E Industrie) bewerteten die Geschäftslage in der ersten Jahreshälfte 2016 insgesamt gut. Für das Inlandsgeschäft kamen 56,5 Prozent zu einem positiven Urteil, nur drei Prozent waren unzufrieden. Das Auslandsgeschäft wurde von ähnlich vielen Firmen positiv bewertet (57,7 Prozent), hier kommen allerdings nach den Worten von Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer vbm – Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Idustrie, mit 15,5 Prozent deutlich mehr zu einem negativen Urteil. Die Erwartungen für das zweite Halbjahr zeigen laut Brossardt, dass beim Inlandsmarkt leicht die Zuversicht überwiegt – der Saldo liegt bei +10,3 Prozent. Die Exporterwartungen liegen mit einem Saldo von -3,9 Punkten im negativen Bereich. Gut 16 Prozent der Firmen hoffen auf eine Verbesserung des Inlandsgeschäfts, sechs Prozent befürchten eine Verschlechterung. Der größte Teil der Unternehmen (77,8 Prozent) geht von einer gleichbleibenden Inlandsentwicklung aus, so der vbm-Hauptgeschäftsführer.    Beim Export rechnen knapp 22 Prozent der Firmen mit einer Eintrübung. Etwas weniger, nämlich 18 Prozent, sind optimistisch. Sechs von zehn Betrieben erwarten laut Brossardt keine Änderung der Lage. Der Blick auf die Branchen zeige, so Brossardt, die unverändert hohe Heterogenität: Fast durchgängig positiv falle das Urteil über die aktuelle Lage in der Automobil- und Zulieferindustrie aus. Große Zufriedenheit herrsche auch im IT-Sektor. Ein negativer Lagesaldo ergebe sich bei den Herstellern elektrischer Ausrüstungen. Die Ertragslage der Unternehmen ist gut, betonte Brossardt im Rahmen der Präsentation der vbm Konjunkturumfrage, Sommer 2016. Im Schnitt erwartet die Branche für das laufende Jahr eine durchschnittliche Nettoumsatzrendite von knapp vier Prozent. „Dahinter steht aber keine einheitliche Entwicklung.“ Zwar hoffe fast jedes zweite Unternehmen auf eine Umsatzrendite von vier Prozent und mehr, doch nach wie vor kämpfe ein gutes Fünftel mit einer unzureichenden Rendite: Neun Prozent müssen mit weniger als zwei Prozent Rendite auskommen, fünf Prozent kommen über eine schwarze Null nicht hinaus und sechs Prozent schreiben Verluste. Die inländischen Produktions- und Investitionspläne der bayerischen M+E Unternehmen sind laut Brossardt aufwärts gerichtet und fallen besser aus als bei der Dezember-Umfrage. Gut 31 Prozent der Firmen wollen ihre Produktion in der zweiten Jahreshälfte ausweiten, sieben Prozent müssen den Output drosseln. Eine Erhöhung der Investitionen plant ein gutes Fünftel der Unternehmen, weniger investieren wollen 2,6 Prozent. Bei den Investitionsarten habe sich keine wesentliche Änderung im Vergleich zu den vorangegangenen Umfragen ergeben: Mit 28 Prozent entfällt der größte Teil auf Ersatzbeschaffungen, Erweiterungsmaßnahmen machen knapp 20 Prozent aus, auf Innovationen entfallen 17 Prozent. Etwas erhöht habe sich der Anteil der Rationalisierungen, von 16,7 auf 18,7 Prozent.
Die auf das Inland bezogenen Produktions- und Investitionspläne nähern sich den Plänen an den Auslandsstandorten an. Diese sind weniger expansiv als bei der Dezember-Umfrage, allerdings ist die Dynamik jenseits der Grenzen immer noch höher als im Inland. Die Auslandsproduktion wollen 36 Prozent der Unternehmen ausweiten, nur ein Prozent will den Output zurückfahren. Ähnlich sieht es bei den Investitionen im Ausland aus. Diese wollen 35 Prozent der Firmen erhöhen, ein Prozent kürzt ihre Auslandsinvestitionen.     Die M+E Unternehmen wollen weiter Personal aufbauen: 44 Prozent der Betriebe wollen im Inland in den kommenden Monaten zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, acht Prozent befürchten, Stellen abbauen zu müssen. Der Beschäftigungszuwachs erstreckt sich nach Brossardts Worten auf alle Branchen der M+E Industrie in Bayern. Der stärkste Aufbau sei in der Automobil- und Zulieferindustrie zu erwarten. In der Elektronikindustrie sei der Saldo noch höher, „doch die Branche ist kleiner als der Automotive-Sektor“. Klar positiv seien die Beschäftigungspläne auch im IT-Sektor und im Sonstigen Fahrzeugbau. Nur leicht positiv sei der Saldo bei den Herstellern von Metallerzeugnissen.

Fachkräfteproblematik gewinnt wieder ein Thema

Auch an den Auslandsstandorten haben sich die Beschäftigungspläne erhöht und bleiben dynamischer als im Inland – der Saldo liegt bei + 59,2 Prozentpunkten –, so der vbm Hauptgeschäftsführer. Dahinter stehen 61 Prozent der Unternehmen, die Beschäftigung aufbauen wollen und nur zwei Prozent, die von einem Stellenabbau ausgehen.
Sowohl an den inländischen als auch an den ausländischen Standorten soll mehr als jede zweite geplante Stelle im Produktionsbereich entstehen. 12,5 Prozent der im Inland geplanten Stellen entfallen auf die Forschung und Entwicklung, weitere 5,6 Prozent auf die IT. „Darin spiegeln sich die Digitalisierungsstrategien der Unternehmen wider“, erklärt Brossardt. Die Fachkräfteproblematik gewinnt im Inland seinen Worten zufolge wieder an Bedeutung: 13,5 Prozent der M+E Unternehmen sehen ihre Produktion beziehungsweise Geschäftstätigkeit derzeit durch fehlende Arbeitskräfte erheblich beeinträchtigt, 47 Prozent spüren zumindest geringfügige Beeinträchtigungen. 39 Prozent der Firmen haben keine Beeinträchtigung durch Arbeitskräftemangel.
Der größte Teil der offenen Stellen entfällt nach wie vor auf Ingenieure. Jede zehnte Stelle sei aber bereits mit Informatikern beziehungsweise IT-Fachkräften zu besetzen. Vor drei Jahren lag der Anteil erst bei gut sechs Prozent. Im IT-Bereich bestehen laut Brossardt mittlerweile die größten Probleme bei der Stellenbesetzung, denn nur 8,3 Prozent der Stellen für Informatiker können problemlos besetzt werden. Bei 53 Prozent der entsprechenden Stellen gibt es Probleme bei der Besetzung, 39 Prozent können gar nicht besetzt werden. Nahezu identisch sei die Situation bei den IT-Facharbeitern. „Damit ist die Lage im IT-Bereich inzwischen deutlich angespannter als bei Ingenieuren. Diese Zahlen belegen, welch große Herausforderung die Digitalisierung für die Industrieunternehmen ist. Die technologische Herausforderung der Digitalisierung ist heute gleichzeitig eine Fachkräfteherausforderung.“
Für den Jahresdurchschnitt 2016 prognostiziert die M+E Branche ein Produktionswachstum von drei Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Wir erwarten zum Jahresende 830 000 Beschäftigte in der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie – so viel wie zuletzt vor 14 Jahren.“    Die aktuelle konjunkturelle Lage der bayerischen Metall- und Elektroindustrie ist, wie bereits erwähnt, gut. Die Unternehmen profitieren nach wie vor von den Sonderfaktoren niedrige Rohstoffpreise und niedriger Eurokurs. „Wie lange wir von diesen Sonderfaktoren profitieren, wissen wir nicht. Der Eurokurs wird wohl noch einige Zeit niedrig bleiben, die Rohstoffpreise – allen voran der Ölpreis – ziehen aber wieder an“, erklärte Brossardt. Beim Exportgeschäft herrschen nach den Worten des vbm Hauptgeschäftsführers große Skepsis und Unsicherheit. Das weltwirtschaftliche Umfeld sei weiterhin schwach und die Risikofaktoren hätten stark zugenommen. Unverändert belaste der anhaltende Streit der westlichen Welt mit Russland, der Bürgerkrieg in Syrien und der islamistische Terror die globale Wirtschaft. Nun kommen aktuell die Spannungen in der Türkei hinzu. „Die Türkei ist ein wichtiger Handelspartner für uns“, denn 2015 exportierte die bayerische M+E Industrie Waren im Wert von 2,4 Milliarden Euro in die Türkei, das waren 2,0 Prozent aller bayerischen M+E Exporte.     „Wir exportieren vor allem Kraftwagen und Kraftwagenteile sowie Maschinen in die Türkei. Damit ist die Türkei für uns ein ähnlich großer Exportmarkt wie Japan. In den letzten fünf Jahren stiegen die bayerischen M+E Exporte in die Türkei doppelt so schnell wie die M+E Exporte insgesamt“, sagte der vbm Hauptgeschäftsführer.
Darüber hinaus belaste der anstehende Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU die Unternehmensstimmung. „Der Brexit stellt ein Risiko für unsere Industrie dar. Derzeit kann niemand die konkreten langfristigen Folgen des Brexit abschätzen, denn es hängt ja ganz wesentlich davon ab, welchen Status UK künftig gegenüber der EU haben wird.“

Verhandlungen
transparent gestalten

Brossardt erwartet, dass die Wirtschaft in UK sich bereits in diesem und im kommenden Jahr abschwächen wird. Dies treffe auch die bayerische M+E Industrie, denn Großbritannien ist der drittgrößte Exportmarkt für die bayerische M+E Industrie. 9,8 Prozent der bayerischen M+E Ausfuhren wurden 2015 über den Ärmelkanal geliefert, das waren 12,1 Milliarden Euro.
Besonders groß ist die Bedeutung Großbritanniens für den Automotive-Bereich: 15,2 Prozent der Exporte gehen insgesamt ins Vereinigte Königreich, bei Pkws liegt der Anteil sogar bei 18,6 Prozent. Im Bereich Luftfahrzeugbau liegt der Exportanteil UKs bei 10,2 Prozent, bei Schienenfahrzeugen sind es 9,9 Prozent.     Wichtig ist für Brossardt und die Branche, dass möglichst schnell Klarheit darüber herrscht, wie es weitergeht. Wenn Verhandlungen aufgenommen werden, müssen diese transparent gestaltet werden und es muss frühzeitig aufgezeigt werden, mit welchem konkreten Ziel sie geführt werden, fordert der vbm Hauptgeschäftsführer. Aus Sicht der bayerischen M+E Industrie ist klar: Der Austausch von Waren und Dienstleistungen und der Kapitaltransfer mit Großbritannien dürfen nicht erschwert werden, es dürfen keine neuen Hürden aufgebaut werden. „Je enger die Beziehungen des Vereinigten Königreichs zur EU künftig sein werden, desto geringer fallen die negativen Folgen aus. Der künftige Status muss im Hinblick auf Rechte und Pflichten ausgewogen sein.“ Gleichzeitig müsse aber auch die EU aus dem Votum der britischen Bevölkerung ihre Lehren ziehen. Ein „Weiter so“ darf es laut Brossardt nicht geben. „Der Brexit muss der Anstoß zu grundlegenden Reformen der EU sein.“ (Friedrich H. Hettler) (Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbm - Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. (Foto: VBM)

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