Wirtschaft

21.04.2011

Großtechnische Strukturen passen nicht mehr

Energie und Energieunternehmen

Gerade im Frühjahr 2011 wird einem deutlich vor Augen geführt, dass nicht allein die Klimadiskussion den Übergang in eine nachhaltige Energiewirtschaft bedingt. Nachhaltig bedeutet, dass man nicht mehr Energie nutzen darf, als im gleichen Moment direkt oder indirekt von der Sonne bereitgestellt wird. Die Art der Nutzung der Sonnenenergie ist bekannt, im Moment werden eher Fragen wie Wirtschaftlichkeit und Störung des Ökosystems durch neue Technologien diskutiert.
Erneuerbare Energien sind größtenteils unstet in ihrer Energieanlieferung und fallen dezentral an. Diese simple Feststellung hat massive Auswirkungen zuerst auf die Technik und dann auf die Industriestruktur. Die Nutzung unserer fossilen Ressourcen hatte insbesondere den Vorteil, dass sie fast unendlich waren und somit einen kontinuierlichen Betrieb der technischen Großanlagen sicherstellen konnten. Rückblickend kann man formulieren, dass die Technik die fossilen Ressourcen energetisch optimal ausgenutzt hat. Unstete Energieanlieferung ist technisch nur auf zwei Wegen zu bewältigen:
1. Durch den unsteten Betrieb der Technik
Gerade Großanlagen sind beherrschbar, weil man einen sicheren und stabilen kontinuierlichen Betrieb berechnet und einstellt. Es ist schwer vorstellbar, dass eine Großraffinerie oder ein Chemiewerk oder eine Autoproduktion unstet betrieben wird. Allerdings hat niemand bisher solche Fragestellungen tiefgehend untersucht.
2. Durch Speicher
Speicher könnten den bekannten kontinuierlichen Betrieb sicherstellen. Dazu müssten sie in der Größenordnung angelegt werden wie heute die fossilen Reserven. Das ist schwer vorstellbar, insbesondere nicht als elektrochemische Speicher. Wenn überhaupt, dann müsste Energie in chemischen Stoffen gespeichert werden. Dies kann auch lokal geschehen, und das heute funktionierende Abholsystem für Milch von den Bauernhöfen würde auf die dezentrale Energiegewinnung übertragen.
Die Sonne trifft die Erde auf einem Breitengrad mehr oder weniger gleichmäßig. Es sind also große Flächen nötig, die die Energie einsammeln. Im Gegensatz zu den fossilen Ressourcen, die höchst ungleichmäßig über die Erde verteilt sind, ließe sich eine deutlich größere Verteilung der energieliefernden Regionen vorstellen. Die Energiegewinnung wird zunehmend dezentral.
Betrachtet man die heutige Unternehmensstruktur, dann sind die weltweit größten Unternehmen der Energiewirtschaft zuzuordnen. Das ist nicht verwunderlich: Die Erschließung eines Ölfeldes oder der Bau eines Großkraftwerkes bedarf einer Firma, die diese technisch hochkomplizierte Aufgabe durch eine weite interne Verzweigung der technischen Expertise abbilden kann und die solche Projekte wenigstens kurzfristig während der Bauzeit finanzieren kann.
Dagegen braucht die Energiewirtschaft basierend auf Erneuerbaren Energien keine großen Einzelinvestitionen sondern eine Vielzahl von kleineren Maßnahmen, die finanziell selbst durch lokale Banken oder Zusammenschlüsse von Stadtwerken abzubilden sind. Die Anlagen sind bei weitem nicht so komplex, dass es der breit verteilten Expertise innerhalb eines Unternehmens bedarf. Sie sind auch nicht so groß, dass eine besondere Erstellungslogistik notwendig ist.
Diese regional verteilt aufgebauten Anlagen brauchen zwar eine automatisierte Steuerung und Vernetzung aber keine Messwarten wie die heutigen Großanlagen.
Zusammenfassend stellt man fest, dass die heutige Unternehmensstruktur im Energiesektor nicht zu dem Konzept der Erneuerbaren Energien passt. Wahrscheinlich spüren das die Konzerne und versuchen, die ihnen bekannte Großanlagentechnik beizubehalten. Beispiele sind Windparks in der See oder das Konzept Desertec, wo Elektrizität aus Nordafrika angeliefert werden soll. Gerade Desertec zeigt, dass beispielsweise der Elektrizitätstransport nur durch die Expertise, Erfahrung und Finanzkraft von Großunternehmen erreicht werden kann.
Es ist nun interessant zu diskutieren, wie dieser Konflikt gelöst wird. Zum einen halten die meisten Großunternehmen an den auf fossilen Speichern und auf der Kerntechnik basierenden Technologien fest. Zum anderen versuchen sie, erneuerbaren Energien und ihre Expertise zu vereinen. Sollte da die Politik eingreifen oder überlässt man die Lösung dem Spiel der Kräfte? Man darf gespannt sein.5
(Wolfgang Arlt)
Der Autor ist Sprecher der wissenschaftlichen Leitung des Energie Campus Nürnberg.

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