Wirtschaft

Schon heute stauen sich die Flugzeuge am Münchner Airport. (Foto: Hennies/FMG)

05.01.2012

"Gute Luftverkehrsanbindung ist ein Standortvorteil"

Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, über die Vorteile der dritten Startbahn am Münchner Airport

Der Münchner Flughafen ist neben dem Frankfurter Airport Deutschlands zweites interkontinentales Luftverkehrsdrehkreuz. Um dem steigenden Passagieraufkommen gerecht zu werden, will die Betreibergesellschaft FMG eine dritte Startbahn bauen. Wir fragtenBertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., was er davon hält. BSZ: Braucht München wirklich eine dritte Start- und Landebahn?
Brossardt: Der Münchner Flughafen ist ein Erfolgsmodell. Seit seiner Eröffnung 1992 hat sich die Zahl der Passagiere auf rund 35 Millionen im Jahr 2010 fast verdreifacht und das Wachstum geht weiter. Verlässliche Prognosen sagen für das Jahr 2025 ein Passagieraufkommen von über 58 Millionen Fluggästen voraus das wäre ein Wachstum von über 60 Prozent im Vergleich zum Jahr 2010. Zu den Spitzenstunden übersteigt die Nachfrage schon heute die Kapazität der beiden Start- und Landebahnen, viele Anfragen von Fluggesellschaften müssen schon seit Jahren abgewiesen werden. Um die Mobilitätsbedürfnisse von morgen erfüllen zu können, führt an der dritten Startbahn kein Weg vorbei. BSZ: Welche wirtschaftliche Bedeutung hat der Flughafen München?
Brossardt: Der Flughafen München hat maßgeblich zur exzellenten Entwicklung Bayern in den letzten 20 Jahren beigetragen. Er ist ein wichtiger Grund, warum sich so viele in- und ausländische Firmen in den letzten Jahren gerade in Bayern angesiedelt haben.
Für die international ausgerichtete bayerische Wirtschaft spielt der Luftverkehr eine zentrale Rolle. In der bayerischen Industrie liegt die Exportquote bei 53 Prozent. Das heißt, mehr als jeder zweite Euro wird heute im Ausland verdient. Diese Erfolge im Ausland sind der Wachstumsmotor der bayerischen Wirtschaft. Ein leistungsfähiger Luftverkehrsknoten beflügelt den Export. Im letzten Jahr wurden 275.000 Tonnen Luftfracht am Flughafen München umgeschlagen, das sind 786 Tonnen pro Tag. Der Münchner Flughafen ist so die Drehscheibe für die weltweiten Geschäftsbeziehungen vieler bayerischer Unternehmen.
Darüber hinaus hat der Flughafen auch positive wirtschaftliche Effekte für die Stadt München und die gesamte Region. Seit seiner Eröffnung konnten am Flughafen München allein auf dem Airportgelände fast 20.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Heute arbeiten hier rund 30.000 Mitarbeiter in etwa 550 verschiedenen Firmen. Doch der Flughafen sorgt auch für Beschäftigung im Umland: Im Schnitt schafft jeder Arbeitsplatz am Airport weitere 1,6 Arbeitsplätze. Das für den Flughafen München prognostizierte Verkehrswachstum wird für etwa 8000 neue Arbeitsplätze sorgen, doch nur, wenn die dritte Startbahn gebaut wird.
Und natürlich profitiert Bayern auch als das wichtigste Tourismusziel Deutschlands in hohem Maße von einer guten Flughafen-Infrastruktur. BSZ: Die Gegner der Startbahn argumentieren, dass diese unnötig sei, weil die bisherigen Kapazitäten des Flughafens noch nicht ausgeschöpft sind. Können sie das nachvollziehen?
Brossardt: Ungenutzte Kapazitäten bedeuten nicht automatisch, dass ein Flughafen nicht ausgelastet ist. Denn freie Slots nützen wenig, wenn diese früh am morgen oder spät am Abend vorhanden sind und damit nicht in den relevanten Reisezeiten liegen. Das ist genau das Problem, vor dem der Flughafen München heute steht, denn alle Möglichkeiten der Optimierung sind ausgeschöpft. Airlines können ihr Streckennetz ab München nicht mehr nennenswert ausweiten und auch ein Engagement neuer Fluggesellschaften ist kaum möglich.
Andere Europäische Flughäfen wie Madrid oder Amsterdam haben heute schon ein ähnliches Verkehrsaufkommen, wie es für München im Jahr 2025 vorhergesagt wird. Dort werden diese Flugbewegungen mit vier oder sogar sechs Start- und Landebahnen bewältigt. In München werden wir das dank einer optimalen Planung mit drei Bahnen schaffen, mit den bestehenden Kapazitäten aber auf keinen Fall. BSZ: Was würde passieren, wenn die dritte Startbahn nicht gebaut wird?
Brossardt: Eine hervorragend ausgebaute Infrastruktur ist in unserer globalisierten Welt ein zentraler Standortvorteil. International agierende Unternehmen machen Entscheidungen über Ansiedlungen nicht zuletzt auch von einer guten Luftverkehrsverbindung abhängig. Damit das so bleibt, ist es dringend geboten, dass die Kapazitäten an die stark steigende Nachfrage angepasst werden. Sonst besteht die Gefahr, dass der Freistaat im globalen Wettbewerb der Regionen leichtfertig riesige Wachstums- und Wohlstandspotenziale verschenkt.
Zudem ist der Flughafen München als so genannter Hub-Flughafen ein zentrales Drehkreuz für den europäischen Luftverkehr. Diese Hub-Funktion ist der Garant für einen ökonomisch und ökologisch optimierten Flugbetrieb. Vor dem Hintergrund des Ausbaus des Flughafens Frankfurt und dem Neubau der Flughafens Berlin muss diese Hub-Funktion sichergestellt und ausgebaut werden, da ansonsten der Franz-Josef-Strauß-Flughafen einen wichtigen Wettbewerbsvorteil verlieren könnte.
(Interview: Ralph Schweinfurth)

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