Wirtschaft

Der SchuldnerAtlas 2015 für München. (Grafik: micron & Boniversum)

02.12.2015

Immer mehr Verbraucher sind überschuldet

Creditreform legt den SchuldnerAtlas München 2015 vor

Mit dem „SchuldnerAtlas München 2015“ liefert Creditreform München eine ausführliche Analyse zur Überschuldung für die Landeshauptstadt mit neuen Erkenntnissen und Entwicklungen.
Der SchuldnerAtlas untersucht, wie sich die Überschuldung von Verbrauchern innerhalb Münchens verteilt und entwickelt. Er ist eine kleinräumige Untersuchung, quasi ein Fieberthermometer, so Philipp Ganzmüller, geschäftsführender Gesellschafter von Creditreform München, das zeigt, ob das Fieber, sprich die Überschuldung, steigt oder fällt.
Überschuldung liegt nach Ganzmüllers Worten dann vor, wenn der Schuldner die Summe seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen längeren Zeitraum nicht begleichen kann und ihm zur Deckung seines Lebensunterhalts weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Oder kurz gesagt: Die zu leistenden Gesamtausgaben sind höher als die Einnahmen. Mithilfe der Schuldnerquoten, das heißt dem Anteil der Personen mit Negativmerkmalen im Verhältnis zu allen Personen ab 18 Jahren, kann die Überschuldung in ihrer geographischen Verteilung bis hin auf die Ebene von Straßenabschnitten dargestellt werden.
Zum Stichtag 1. Oktober 2015 waren 100 054 Münchner als überschuldet anzusehen. Die Zahl der Betroffenen erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr (2014: 94 993 Personen) deutlich um 5,3 Prozent. Das ist der höchste Stand seit 2008 mit rund 102 000 überschuldeten Personen. Zwar gab es auch im Vorjahr einen Zuwachs an Überschuldungsfällen in der bayerischen Landeshauptstadt, allerdings fiel dieser mit 1,8 Prozent merklich geringer aus, erklärte Ganzmüller. Der aktuelle Anstieg der Zahl der überschuldeten Personen liegt aber deutlich über dem bundesweiten Trend (+ 0,7 Prozent).
Die Schuldnerquote Münchens erhöhte sich entsprechend von 8,01 auf 8,33 Prozent, das heißt, jeder zwölfte Münchner ist überschuldet. Bundesweit weist dagegen jeder zehnte Erwachsene Überschuldungsmerkmale auf.
Auf Ebene der Stadtteile verschärfte sich die private Überschuldung binnen eines Jahres besonders deutlich in Isarvorstadt (Schuldnerquote: + 0,98 Prozentpunkte), Thalkirchen (+ 0,97 Prozentpunkte) sowie in Am Hart (+ 0,93 Prozentpunkte), erklärte Ganzmüller. Lediglich in zwei Stadtteilen sei kein Anstieg der Schuldnerquote festzustellen gewesen (Altstadt und Bogenhausen). Insbesondere waren auch Stadtteile von einer Verschärfung betroffen, in denen die private Überschuldung – bislang jedenfalls – moderat war. Die Mehrzahl der Münchner Stadtteile weist in der langen Frist gegenüber 2008 eine Verbesserung der Überschuldungssituation auf.
München Hasenbergl weist immer noch eine sehr hohe Schuldnerquote auf und bleibt Negativspitzenreiter. dort sind 15,43 Prozent der Erwachsenen überschuldet. Die niedrigste Schuldnerquote innerhalb Münchens wurde in Obermenzing (4,74 Prozent) registriert. Die Spreizung der Schuldnerquoten habe sich jedoch tendenziell weiter verringert.

Männer häufiger überschuldet als Frauen


Auch in München verfestigt sich trotz einer stabilen Arbeitsmarktlage ein Kern sogenannter harter Überschuldungsfälle (kurz: Personen mit juristischen Sachverhalten). Die Zahl der Betroffenen erhöhte sich binnen eines Jahres um 7,3 Prozent auf 59 395. Der Anstieg fiel damit mehr als viermal so stark aus wie im bundesweiten Trend (+ 1,5 Prozent). Mittlerweile weisen 59,4 Prozent aller überschuldeten Personen in der bayerischen Landeshauptstadt eine bereits hohe Überschuldungsintensität auf, erklärte Ganzmüller. Das sind deutlich mehr als es noch 2007 waren (46,7 Prozent). Offensichtlich habe gerade diese vermeintliche Sicherheit der Arbeits- und Einkommenssituation viele Verbraucher zu einem kreditfinanzierten Konsum und damit zu zusätzlichen Belastungen, der auch durch das Zinstief begünstigt wurde, verleitet.
In den einzelnen Stadtteilen Münchens entwickelte sich die sogenannte harte Überschuldung unterschiedlich. Im Stadtteil Hasenbergl sind mittlerweile 69,0 Prozent der Überschuldeten von juristischen Sachverhalten wie beispielsweise einem Insolvenzantrag betroffen (+ 20,6 Prozentpunkte gegenüber 2007). Stadtgebiete, in denen harte Überschuldung vergleichsweise wenige Personen betrifft, sind München Altstadt (43,5 Prozent; + 0,8 Prozentpunkte gegenüber 2007) und Bogenhausen (47,9 Prozent; + 3,5 Prozentpunkte gegenüber 2007).
Die Zahl der Personen mit (noch) weichen Überschuldungsmerkmalen stieg in München gegenüber dem Vorjahr von 39 659 auf 40 659 Personen (+ 2,5 Prozent). Bundesweit war diese Zahl rückläufig.
Die Schuldnerquote der Münchner Männer hat sich in nahezu allen Stadtteilen (31 von 37) erhöht. Am stärksten ausgeprägt war diese Entwicklung in Thalkirchen (+ 1,31 Prozentpunkte auf 11,34 Prozent) und in der Isarvorstadt (+ 1,17 Prozentpunkte auf 16,25 Prozent). Die Überschuldung der Frauen war dagegen weniger stark angestiegen oder sogar rückläufig. Den deutlichsten Anstieg der Schuldnerquote für Frauen verzeichnet der Stadtteil Am Hart (+ 0,61 Prozentpunkte). 8,77 Prozent der weiblichen Einwohner ab 18 Jahre gelten dort mittlerweile als überschuldet.
Altersarmut wird auch in München zunehmend zum Thema, betonte Ganzmüller. Die Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen zeige bereits größtenteils sehr hohe Quoten (Negativspitzenreiter: Ludwigvorstadt mit 15,50 Prozent), die zudem über dem Durchschnitt in dem jeweiligen Stadtteil liegen. Da die Einkommenserwartungen mit zunehmendem Alter eher zurückgehen, werden die betroffenen Personen ihre Schulden im fortgeschrittenen Alter kaum mehr abbauen können und damit auf Grundsicherung im Alter angewiesen sein. In der Altersgruppe der 70-Jährigen und älteren Personen ist laut Ganzmüller die Schuldnerdichte jedoch noch vergleichsweise niedrig. (Friedrich H. Hettler)

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