Wirtschaft

Sie waren sich einig über die internationale Bedeutung des Deutschen Museums in München (v.l.): Bundesforschungsministerin Annette Schavan, Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und der Generaldirektor des Deutschen Museums Wolfgang Heckl. (Foto: Schweinfurth)

08.10.2010

Junge Menschen für Technik begeistern

Finanzierung der Generalsanierung des Deutschen Museums ist gesichert

Fachkräftemangel bedroht die Wirtschaft hierzulande. Deshalb muss der Nachwuchs vor allem in den naturwissenschaftlich-technischen Bereichen gefördert werden. Hierzu leistet das Deutsche Museum in München, das täglich von Schulklassen überrannt wird, gute Arbeit. Doch das Museum muss dringend saniert werden. Das nötige Geld hierfür wird jetzt fließen.
Die Finanzierung der 400 Millionen Euro schweren Generalsanierung und Neustrukturierung des Museums rückt in greifbare Nähe. Bundesforschungsministerin Anette Schavan (CDU) machte für den Bund deutlich, dass dieser seiner Verantwortung nachkommen und 180 Millionen Euro bereitstellen werde. Genauso viel wird der Freistaat Bayern beisteuern. 40 Millionen Euro sind schon durch Sponsoring aus der Industrie zusammengekommen.
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Faszination Forschung“ lud die Bayerische Vertretung in Berlin zur Präsentation der „Zukunftsinitiative Deutsches Museum“ ein. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) machte deutlich, wie wichtig dieses Museum für ganz Deutschland ist, weil es Technik zum Anfassen bietet. Angesichts des drohenden Fachkräftemangels gerade in den naturwissenschaftlichen Bereichen sei das Museum ein besonderer Lernort, an dem vor allem junge Menschen die Faszination, die von Technik ausgeht, erleben können. Das vom bayerischen Technikpionier Oskar von Miller 1903 gegründete Museum sei ein Ort der Inspiration. „Innovation braucht Nachwuchs“, betonte Seehofer. Er machte unmissverständlich klar, dass nur Innovationsfreude Arbeitsplätze sichern kann: „Unser Land lebt von den Ideen unserer Menschen.“ Deshalb gebe es keine Alternative zur bayerischen High-Tech-Offensive und zum neuen FBI-Programm „Familie, Bildung, Innovation“. Das Deutsche Museum leiste einen wichtigen Beitrag dazu, dass junge Menschen ein naturwissenschaftliches Studium beginnen. Seehofer sieht bei der Finanzierung der Generalsanierung auch die Stadt München in der Pflicht, die nicht unerheblich vom Deutschen Museum profitiere.
Schavan bezeichnete das Deutsche Museum als „das naturwissenschaftlich-technische Gedächtnis unseres Landes“. Es diene vor allem der öffentlichen Kommunikation und stütze damit die Technikaffinität. Diese sei im immer noch technikfeindlich geprägten Deutschland besonders wichtig. „Deutschland muss attraktiver werden für Talente aus aller Welt. Und dafür brauchen wir das Deutsche Museum“, so Schavan. Sie stellte seitens des Bundes in Aussicht, dass im kommenden Jahr eine Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem Freistaat Bayern zustandekommen kann, die es dem Deutschen Museum ermöglichen wird, in einem Zeitraum von zehn Jahren die dringend notwendige Generalsanierung zu realisieren. Darüber hinaus betonte Schavan, wie wichtig es für junge Menschen sei, Technik erleben zu können: „Das Öffnen einer Motorhaube bietet heutzutage ja nichts mehr zum Selbermachen an.“


„Bei uns im Museum lernen junge Leute, einen Fahrradreifen zu flicken“


„Wie soll ein künftiger Ingenieur einen verbrauchsarmen Motor erfinden können, wenn er als Jugendlicher nicht einmal mehr sein Mofa frisieren konnte?“, fragt der Generaldirektor des Deutschen Museums, Wolfgang Heckl, und verdeutlicht Schavans Aussage. „Bei uns im Museum lernen junge Leute, einen Fahrradreifen zu flicken. Das können sie nicht mehr, weil sie mit dem Internet nur noch in einer zweidimensionalen Welt leben.“ Anhand von Zahlen erläutert der Generaldirektor, wie beliebt das Deutsche Museum ist. 1,4 Millionen Besucher pro Jahr und weit über 100 Millionen Besucher seit der Eröffnung 1903 beweisen laut Heckl die Attraktivität des Hauses. 40 Prozent der Besucher kämen aus dem Ausland, 30 Prozent aus Deutschland und 30 Prozent aus München. „Zwei Drittel der Besucher sind jünger als 40 Jahre und 40 Prozent der Besucher sind jünger als 20 Jahre“, so der Generaldirektor Heckl.
Mit einem Jahresetat von 35 Millionen Euro müssen rund 400 Mitarbeiter und 73 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche bewirtschaftet werden. Verglichen mit anderen bedeutenden Technikmuseen der Welt sei das Deutsche Museum Heckl zufolge „schon sehr schlank aufgestellt“. Die Cité des sciences in Paris habe 3800 Euro pro Quadratmeter. Das American Museum of Natural History in Chicago habe 3600 pro Quadratmeter und das Deutsche Museum nur 479 Euro pro Quadratmeter. Auch bei den Mitarbeitern schneide das Ausland besser ab. Während das Deutsche Museum rechnerisch nur 4,9 Mitarbeiter pro Quadratmeter habe, seien es in Paris 35. „Außerdem wird eine Eintrittskarte fürs Deutsche Museum mit 15,43 Euro staatlichen Mitteln bezuschusst. Der Vergleichswert für eine Eintrittskarte ins Münchner Stadtmuseum liegt bei 63 Euro“, erklärte der Generaldirektor.
In einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Veranstaltung in der Bayerischen Vertretung in Berlin betonte Heckl, wie wichtig sein Haus als unabhängiger Ort für kontroverse Diskussionen sei. Nur wenn man über Atompolitik oder Gentechnik vorbehaltlos debattieren kann, könne man Menschen auch von einer Sache überzeugen. Das sei zum Beispiel beim Bahnprojekt Stuttgart 21 schief gegangen. „Man wird nie alle überzeugen können. Aber man kann Mehrheiten bekommen, die in einem demokratischen Land dann für Entscheidungen sorgen“, so Heckl.
Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) hob in der Diskussion hervor, dass schon in der Vorschule die Technikbegeisterung geweckt werden müsse. Er appellierte an die Medien, die Wertschätzung für Technik und damit den Rohstoff Geist zu wecken. „Wissenschaft kommt in den Medien meist nur in Form von Staunen über die Medien vor und erfährt keine gesellschaftlich-politische Einbindung“, beklagt Heubisch.
Wie wichtig es für die Politik ist, Technikbegeisterung zu fördern, illustrierte Raimund Klinker, Vorstandschef der Münchner Knorr-Bremse AG und zugleich Mitglied des Gründerkreises „Zukunftsinitiative Deutsches Museum“: „Einen Ingenieurarbeitsplatz von Deutschland ins Ausland zu verlagern, kostet nur eine Standleitung. Einen Industriearbeitsplatz dorthin zu verlagern setzt hohe Vorinvestitionen voraus.“ Denn es fehlen in Deutschland in fünf Jahren nicht nur Spitzenkräfte in den technischen Berufen, sondern auch qualifizierte Facharbeiter, so Klinker.
Damit die Technikbegeisterung hierzulande wieder zunimmt, schlägt Heckl vor, Idole aus Wissenschaft und Technik hochzustilisieren. In der Unterhaltungsindustrie funktioniere das schließlich hervorragend und die jungen Menschen seien begeistert davon. (Ralph Schweinfurth)

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